Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

dürfen. Er wird aber in Neu-Guinea schwerer 
dadurch zu ertragen, daß die Bevölkerung überhaupt 
so sehr gering ist und in dem von unserer Mission 
besetzten Gebiet nicht viel über 1000 Seelen be- 
tragen mag, wenn es so viele sind. Zudem scheint 
sie noch zurückzugehen. Ohne daß eine besondere 
Schuld vorliegt, scheint sie den Einflüssen der neuen 
Zeit nicht gewachsen zu sein. Die erwachsenen Ein- 
geborenen verharren nach wie vor in ihrem heid- 
nischen Wesen und Aberglauben. Die Papuas hier 
in ihrer Allgemeinheit sind zu eng mit dem alten 
Wesen verwachsen und die Lüge ist ihnen zu sehr 
zur zweiten Natur geworden. Gerade die Erstlinge 
haben es ja am schwersten, sich loszumachen und zum 
Durchbruch zu kommen. Dagegen wird die Schule 
sehr gut besucht. Wenn ein Kind einmal fehlen 
muß, so kommt es stets und bittet um Erlaubniß. 
Es ist eine Freude, zu beobachten, wie mit der Zeit 
auch das Verständniß für die biblische Geschichte bei 
den Kindern wächst. Und die Kinder erzählen das 
Gehörte zu Hause, und die Alten erzählen es in den 
umliegenden Dörfern. Auch der Gottesdienst wird. 
stark besucht.“ Ein zurückkehrender Missionar wurde 
von Alt und Jung mit freundlichen und fröhlichen 
Gesichtern am Strande begrüßt, und auch zur 
Arbeit zeigten sich die Leute willig. 
  
Ueber Land und Leute auf den deutschen Inseln 
der Südsee entnimmt die Zeitschrift „Kreuz und 
Schwert“ aus einem Vortrag des Herrn P. Bley 
Folgendes: 
Trotzdem schon eine lange Reihe von Jahren 
verflossen ist, seitdem Deutschland sich überseeische 
Kolonien erworben hat, fehlt es im weiten deutschen 
Vaterlande noch immer an dem Interesse, welches 
die Sache verdient; namentlich ist das der Fall den 
Kolonien in der Südsee gegenüber. Und doch sind 
die Südsee-Inseln so außerordentlich schön und inter- 
essant und haben eine Zukunft, wie vielleicht die an- 
deren Kolonien nicht. 
In der Südsee haben die Deutschen zuerst im 
Jahre 1885 dauernde Besitzungen erworben, und 
zwar den dritten Theil von Neu-Guinca, den 
Bismarck-Archipel, die Salomons-Inseln, Neupommern, 
die Admiralitäts-Inseln, Neuhannover und einige 
andere. Die Karolinen haben wir ja bekanntlich in 
letzter Zeit günstig von den Spaniern gekauft, ebenso 
wie einen Theil von Samoa, wofür wir leider einen 
herrlichen Theil der Salomons-Inseln verloren haben. 
Bereits vor Deutschland hatte unsere Kongrega- 
tion vom hl. Herzen dort festen Fuß gefaßt. Auf 
die Gebiete unserer Missionen möchte ich nun Ihr 
Augenmerk noch besonders richten, denn die habe ich 
ja durch eigene Anschauung in 12jähriger Thätigkeit 
kennen gelernt. Dort sehen wir herrliche Kokos- 
palmen, die jährlich gegen 200 Nüsse hervorbringen, 
und die verschiedensten Arten Palmen, den mächtigen 
Brot-Fruchtbaum, der zweimal im Jahre voll von 
Früchten hängt, Feigenbäume, Eukalyptusbäume, die 
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an Höhe mit unseren deutschen Kirchen wetteifern; 
sie erreichen eine Höhe bis 70 m. Dazwischen 
ranken malerisch Lianen, deren Wurzeln bis auf den 
Boden hängen. In den Bäumen treiben die bunten, 
zahlreichen Vögel ihr munteres Spiel, aber so bunt 
und farbenprächtig sie sind, so liederarm sind sie 
auch. So ist in der Natur Alles ausgeglichen. Vier- 
füßler sind nur spärlich auf den Inseln vertreten. 
Wildschweine, kleine Kängurus, halb so groß wie die 
afrikanischen, zwei Arten von Baumbären, Wander- 
ratten und eine große Anzahl von rattengroßen 
Mäusen, das ist ungefähr alles. Was das Klima 
anbetrifft, so herrscht dort vollständiges Tropenklima, 
28 bis 30° Celsius haben wir das ganze Jahr, 
und oft steigt die Temperatur zu enormer Höhe. 
Bei dieser Temperatur gedeiht die Natur herrlich, 
viele Fruchtbäume tragen zweimal, manche das ganze 
Jahr hindurch. Man lebt in einem wahren Para- 
diese, zumal gar keine wilden Thiere, keine giftigen 
Schlangen die Sicherheit des Lebens und Besitzes 
stören. 
Aber die Menschen entsprechen der Natur nicht. 
Die Bewohner stehen auf der niedrigsten Kulturstufe, 
sie sind Kannibalen, Menschenfresser. Gelehrte haben 
den Menschen im Urzustand für am besten erklärt. 
Wenn sie, wie wir, jene Männer im Urzustande 
sähen, wenn sie die niedrige sittliche Stufe kennen 
lernten, auf der solche Leute stehen, sie würden 
anders urtheilen. In schmutzigen, niedrigen Hütten, 
die kaum gegen Wind und Regen schützen, liegen die 
Eingeborenen — oft mehrere Familien durcheinander 
— des Nachts auf der bloßen Erde, zusammen mit 
Hunden und Schweinen. Blickt man am Tage 
hinein, so sieht man ein Paar traurige, vom Rauch 
getrübte Frauenaugen und schmutzige Greise und 
Kinder. Für einen Europäer ist das nicht auszu- 
halten, und er erträgt lieber Regen und Unwetter, 
als daß er in einer solchen Hütte Unterkommen 
sucht. Natürlich entstehen durch diesen Schmutz viele 
Krankheiten, besonders Hautkrankheiten, an denen der 
größte Theil der Bevölkerung leidet. Auch die rothe 
Ruhr tritt häufig auf, hervorgerufen durch die Nah- 
rungsweise. Viele Eingeborene essen mit Vorliebe 
Hunde= und Mäusefleisch, manche kauen lebendige 
Eidechsen. Würmer werden einen Augenblick an ein 
heißes Eisen gehalten und dann verzehrt. 
Aber so groß dies Elend der Wilden auch ist, 
noch größer ist das geistige. Es fehlt ihnen völlig 
die Kenntniß Gottes und göttlicher Dinge, sie sind 
abgestumpft gegen Alles, sogar gegen den Tod. 
Wohl haben sie die Idee von dem Vorhandensein 
eines Gottes, als eines Wesens, von dem nur alles 
Böse und Schlechte, Leiden und Qualen kommen, 
und gegen den schützen sie sich durch Zaubermittel. 
Die erste Folge dieser Unreligiösität ist eine ent- 
setzliche Grausamkeit, die sie bei Menschen und 
Thieren anwenden. Mit Vorliebe rupfen sie Hühner rc. 
bei lebendigem Leibe und braten die Thiere, solange 
sie noch leben, um sich an den Zuckungen der ge-
	        
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