der Ersüllung dieser ihrer Gemeindepflichten ent-
wickelten sich bei den Christen nämlich Fähigkeiten,
über die sie selber am meisten erfreut waren. Bei
den Bauarbeiten besonders wurde die Intelligenz
geweckt, Kraft, Muth und Geschmack am Schönen
wurden gleichmäßig gefördert.
Als im Jahre 1885 die drei ersten Christen
von Awudome-Tschito ihrem Lehrer ein Haus bauten,
da unterschied sich dieses von ihren eigenen Hütten
durch weiter nichts als durch seine Größe. Das
Haus hatte drei kleine, ungenügend erleuchtete Räume,
krumme Wände und ein unsolides Dach. Als sie
dann im Jahre 1891 eine kleine Kapelle bauten,
da zeigte es sich, daß sich inzwischen Augenmaß und
Geschmack sehr verbessert hatten. Die Wände standen
im Winlel und waren sauber verputzt. Das Dach
war fest, und in den Kapellenraum fiel durch fünf,
mit sauberen Läden versehenen Fensteröffnungen ge-
nügend Licht. Ja nicht nur das. Leute, die früher
nie Hobel und Säge in der Hand gehabt hatten,
fällten im Walde kleine Bäume, sägten sie zu
Brettern und fügten diese zu Bänken. Hierzu ge-
brauchten sie nur sehr geringe Werkzeuge, die sie
von einem schwarzen Tischler miethen mußten.
Sämmtliche Bänke in der kleinen Kapelle waren
von den Christen dort selbst gemacht worden. Kein
Wunder, wenn sie mit Freude und einem Gefühl
von Stolz auf das Werk ihrer Hände schauten.
Leider dauerte diese Freude nicht lange, denn am
15. Januar 1894 brannte die Kapelle mit Allem,
was darinnen war, nieder. Da stand die Gemeinde
trauernd vor den Trümmern ihres Fleißes und
hatte zum Schaden noch den Spott der Heiden
reichlich zu erfahren! Wieder mußten die Christen
die Frage eines Neubaues besprechen, und nach
ernsten Berathungen machten sie sich abermals ans
schwere Werk. Schon im Laufe des folgenden
Jahres konnte eine Kapelle eingeweiht werden, welche
die abgebrannte an Größe und Schönheit weit über-
traf. Die dicken geraden Mauern waren nicht mehr
aus einem mit Lehm beworfenen Holzgeflechte,
sondern ganz aus Lehm gemacht, und das darauf
ruhende hohe Dach war nicht mehr mit dem üblichen
Gras, sondern mit Schindeln bedeckt. Im Hinter-
grunde der Kirche standen jetzt Kanzel und Altar
schön aus Odumholz gezimmert, und bequeme Bänke,
mit Lehnen versehen, füllten den Raum. Die Bau-
erfahrungen vom Jahre 1891 trugen also für die
Aufgaben vom Jahre 1894 ihre reichen Zinsen.
Dieselben Erfahrungen machten wir auch an
anderen Orten, wie z. B. in Blengo, wo jetzt ein
schönes Pfarrhaus, eine geräumige Lehrerwohnung
und ein Schulhaus stehen, die ihren schwarzen Er-
bauern alle Ehre machen. Ebenso könnte noch auf
Waya, Wodze und andere Gemeinden verwiesen
werden, wo Häuser von ziemlich geringer Qualität
dem Besseren weichen mußten.
Ueberall zeigte es sich, daß die Erfahrungen
beim Bau der ersten Gemeindehäuser das Kapital
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waren, das man später umsetzte, um Neues und
Schöneres damit zu gewinnen. Dieses Kapital be-
stand einmal in der Ueberzeugung, daß die bis-
herigen, nach Väter Weise erbauten Häuser völlig
ungenügend seien, sodann aber in dem Glauben an
die eigene Kraft. Es ist bei einer Gemeinde im
Evhelande sehr viel gewonnen, wenn sie das Ver-
trauen zu sich selber bekommen hat: „Wir können
etwas leisten!“ Denn „vereinte Kraft macht stark“.
Sobald sich diese Ueberzeugung in einer Gemeinde
Bahn gebrochen hat und mehr oder weniger stark
die einzelnen Glieder beherrscht, ist es nicht mehr
schwer, sie zur Aneignung technischer Fertigkeiten zu
bewegen, durch deren Ausübung sie den nächsten
Zweck erreichen.
Ein Blick auf Einzelheiten der dortigen Bau-
geschäfte wird das eben Gesagte bestätigen. Der
Bau einer Mauer z. B. vollzog sich in früheren
Jahren außerordentlich einfach. Stangen von etwa
2 m Höhe wurden in kleinen Abständen von ein-
ander in den Boden eingetrieben und so ein kleines
Fleckchen Land, in der Form des gedachten Hauses.
ganz eingezäunt. Quer an diese Stangen wurden
dann in ganz niederen Abständen Palmrippen fest-
gebunden. Das Ganze sah dann einem rohen Ge-
flechte nicht unähnlich. Bewarf man dann dieses
Geflecht von innen und außen mit gestampftem Lehm,
so war der Rohbau von Mauer und Haus zugleich
fertig. Die Stangen gaben dem Hause Halt und
Festigkeit; wurden diese aber allmählich ein Fraß
der Termiten, dann konnte es Regen und Sturm
keinen Widerstand mehr leisten. Es war deswegen
ein großer Fortschritt, als man darauf kam, für den
Bau der Mauern nur noch Lehm zu verwenden.
Jetzt war es die sorgfältig verarbeitete Masse und
die Art und Weise ihrer Aufeinandersetzung, was
der Mauer ihre Festigkeit gab. Das mußte aber
erst erlernt werden. In Peli lebten einige Christen,
die diese Kunst beim Bau unserer Missionshäuser
erlernt hatten. Sie wurden dann wieder bei der
Herstellung der dortigen Gemeindehäuser die Lehrer
der Ihrigen. Die Christen in Tschito lernten diese
Maurerarbeit von ihrem Lehrer Tenkorang. Andere
Gemeinden, wie z. B. Abutia-Kloe, riesen irgend
einen mit dieser Arbeit vertrauten Mann gegen Be-
zahlung und gingen bei ihm in die Lehre.
Weit größere Mühe machte die Beschaffung des
Bauholzes. Man wollte jetzt nicht mehr die ge-
spaltenen Balken von der Fächerpalme, sondern
wollte gesägte Balken und Bretter von dem termiten-
festen Odumbaum haben. Im Innern des Enphe-
landes aber lann man sich nicht an irgend eine
Holzhandlung wenden und seinen Bedarf kaufen.
Deswegen mußten auch unsere Christen mit Axt
und Säge in den Wald gehen, sich die Bäume
fällen und sie dann von Hand zu Ballken und
Brettern sägen. Da war ein dicker Baumstamm
über ein 1½ m tiefes Loch gelegt. Zwei Männer,
deren einer oben auf dem Stamme und der andere