deten sie bereits ihr nichtssagendes Karibu, d. h. wir
hatten die Hälfte des Weges annähernd zurückgelegt,
und um ½29 Uhr waren wir jenseits des in jetziger
Jahreszeit trockenen Wadi, wo wir unter dem ge-
wohnten Baobab unser Lager aufschlugen.
Ich wollte unbedingt den so mühsam erreichten
Wasserplatz kennen lernen und folgte den Negern,
die das Wasser holten. Eine gute Viertelstunde
weit schleppte ich mein müdes Gebein durch den
fußtiefen Sand des ausgetrockneten Flußbettes, bis
ich endlich die stark gebrauchten Wasserlöcher traf.
Im Flußbette, recht sorgsam gegraben, sind diese
Löcher 2½ m tief, bei einem Durchmesser von 1⅛
bis 2 m. Der Rand ist mit Dörnern umgeben,
die in dem ausgeworfenen Sande festsitzen. Nur
ein Zugang ist gelassen, durch den man sich dem
Loche nähern kann und mit einem abgeschnittenen,
ausgehöhlten Kürbis das Wasser schöpft, das sich
unten in geringer Menge vorfindet, häufig auf stark
versumpftem Grunde. An diesem Orte war wenigstens
ein Dutzend solcher Löcher gegraben, und die Wagogo
kommen von weit her, um hier ihre zahllosen Heerden
zu tränken. Sie schöpfen das Wasser in lleine Holz-
tröge und haben jedenfalls eine langwierige Arbeit,
da das liebe Vieh wenig Sinn zu haben scheint für
die Arbeit der Herren. Wenn dann noch eine Ka-
rawane dazwischen kommt, wird es recht unerquick-
lich. Die früher so gefürchteten Wagogo, die uns
seit dreiundzwanzig Jahren mehr Hongo abgeholt,
als sie uns je in Geschenken erstatten können, sind
unter der Zuchtrute der Wadaitschi fast zu zahm
geworden. Unsere Träger entrissen ihnen die Schöpf-
eimer, und sie wagten im besten Falle den bösen
Wandernegern nutzlos nachzulaufen. Ich trat etwas
aufgebracht für die gute Ordnung ein, und nun
mußten sich unsere Leute bequemen, in die Wasser-
löcher hinabzuklettern und unten zu schöpfen. Sie
zeigten sich dafür äußerst zähe, und ich weiß wirklich
nicht, wie sie sich wieder herausarbeiteten. Die
Neger sind wie die anderen Leute. Wenn sie einen
in der Klemme sehen, können sie stundenlang lachen,
ehe sie an Hülfe denken. Das Wasser, das wir auf
diese Weise bekommen, ist nach Aussage der Neger
gut; aber hier muß man wohl einen Unterschied
zwischen schön und gut gelten lassen. Selbst der
abgehärtetste Reisende fände es nichts weniger als
schön, trotzdem es recht trinkbar ist. Man wirft
etwas Alaun hinein, um es zu klären, und darf es
dann, ohne Anstand zu nehmen, genießen. Leider
konstipirt es, dank der „aufklärenden“ Zuthat, und
dazu soll Alaun die Zähne ausfallen machen. Wenn
es sich also um andere als um künstliche handelt,
ist man in Gefahr, sich ausschließlich mit Mutma
(Sterzeln) nähren zu müssen. Allzu naheliegend
wird sie freilich nicht sein, und ich hoffe, wenigstens
einige Predigerzähne mit ins Grab zu nehmen.
Lihumwa, 7. Oktober: Wir mochten heute
Morgen noch ein klein wenig die Tirikesa verspüren.
Wir waren mit einer programmwidrigen Verspätung
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abgezogen, und die Träger bemerkten, daß sie heute
zum erstenmal hätten ausschlasen können, daß ihnen
die Augen dick geworden. Sie sind aber nichts
weniger als übermäßige Schläfer. Am Abend kriechen
sie nie vor 10 bis 11 Uhr ins Bett, und morgens
um 4 Uhr sind sie gewöhnlich auf den Beinen.
Manche schlafen nachts überhaupt nicht und vergüten
sich dann durch etwas verlängerte Siesta. Bei ihrer
nicht eben leichten Tagesarbeit zeichnen sie sich
allenfalls vor gleichgestellten Wazungu recht vor-
theilhaft aus. — Wir haben auf der Barabara
den Vortheil, unseren ganzen Tagemarsch vor uns
zu sehen. Leider verschwinden in diesem Gesammt-
überblick die halsbrecherischen Terrainschwierigkeiten
für den Blick und damit glaubt man die guten
Wanderer befriedigt.
Wir mußten z. B. über ein Flußbett setzen, das
3 m tief und 5m breit, zu beiden Seiten jähe
Felswände bot. Eine Brücke aus Eichenholz hätte
fast keine Mühe gemacht, und bei der Tiefe des
Bettes würde nie der angeschwollene Bach die Brücke
mit fortgenommen haben.
Wir lagern heute etwas näher beim Wasser,
das weniger Mühe kostet und dazu noch dos Wild
anzieht. Auch haben wir für den Abend fünf Perl-
hühner und Dutzende von Turteltauben, die eine
immerhin angenehme Abwechselung ins Ordinäre
bringen. Für morgen und übermorgen verheißen
wir uns übrigens noch etwas Besseres.
Dodoma, 8. bis 10. Oktober. Unser heutiges
Lager ist wirklich mustergültig. Wir erreichten nach
nicht allzu starkem Marsch Dodoma, das ein wirk-
liches Negerparadies ist und sich dazu ziemlich weit
ausdehnt, so daß es unerschöpflich war. Als Lager-
platz haben wir einen weiten, etwas unebenen Platz
an einem nicht gänzlich ausgetrochieten Fluß, den
zwei mächtige wilde Feigenbäume beschatten. Für
unsere Träger giebt es in der großen, gut bebauten
Ebene Nahrung in Hülle und Fülle zu lächerlich
billigen Preisen. Für uns unerschöpfliche Jagd-
gründe und ein wohlverdienter Ruhetag.
Seit vier Wochen geht es voran, und nur unserer
bis dato unverwüstlichen Gesundheit ist es zu
danken, daß wir nicht früher dazu genöthigt wurden.
Dank einer klugen Mäßigung in der Bemessung
unserer Etappen und treuer Hochschätzung der bis-
herigen Erfahrungen und insbesondere der Rath-
schläge unseres hochw. Generaloberen, dürfen wir
uns rühmen, eine der seltenen, vielleicht die einzige
Karawane zu sein, die Kilimatinde erreichen wird,
ohne daß ein einziger in der Hängematte hätte ge-
tragen werden müssen; drei äußerst leichte Fieber-
anfälle ausgenommen, hat es überhaupt keine Un-
päßlichkeit gegeben. Ruhe nach Extraanstrengung
mußte fast selbstverständlich in den Fahrplan hinein,
und eine bessere Gelegenheit wie in Dodoma konnte
es nicht geben. Die Wasserlöcher gruben wir selbst
und viele Mühe kostete es nicht. Das Wasser kommt
fast bis zur Oberfläche; die guten Wagogo sehen