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Vachrichten aus den deutschen Schukgebieten.
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.)
Deutsch · Pstafrika.
Das Rameel als Cransportmittel in Deutsch-Ostafrika.
Von Thierarzt Schmidt.
VI.
Der Marsch am 15. September brachte mir wenig
Anstrengungen. Es fanden sich nur zwei schlechte
Stellen, und zwar in der Nähe des Dorfes Kesse
qua Kibwendera. Immer sind es die Bäche mit
ihren tiefen Einschnitten, und es kann nicht genug
betont werden, daß auf deren Wegsamkeit besondere
Acht gegeben werden muß. Handelt es sich doch
gerade hier immer nur um geringfügige Arbeit. In
Kesse qua Kibwendera fanden die Kameele eine rauh-
stachelige, zu den Boragineen gehörige Pflanze vor,
an der sie sich gütlich thaten. Das Flußbett des
Ngerengere bot ihnen eine günstige Gelegenheit, ein
Bad zu nehmen, und wenn man noch von einer
Wasserscheu der Kameele hätte sprechen wollen, hier
konnte man es sehen, wie wenig solche Behaup-
tungen zu Recht bestehen. Der 16. September
brachte Mühe und Arbeit, der Weg war nicht
überall tadellos. In Matuli qua Sabiro traf ich
mit Leutnant Styx, dem Stationschef von Kisakki,
zusammen, der sich auf einer Inspektionsreise befand
und zu dessen Bezirk dieser Theil der Karawanen-
straße gehörte. Sehr vertrauenerweckend schilderte
er mir nicht den vor uns liegenden Weg, der über
den gebirgigsten Theil meiner Reise führen sollte.
Für den folgenden Tag sollte der Stationschef aber
noch nicht Recht behalten. Die Fahrt vom Matuli
bis zu Ulingwabrunnen war immerhin noch erträglich.
Der Weg führt über bergiges Hügelland fast aus-
schließlich durch schönen Urwald. Der Vorsicht halber
hatte ich 25 Mann von Matuli mitgenommen, welche
hier eventuell behülflich sein sollten. Mit der Grenze
des Kilossabezirks fingen nun die Schwierigkeiten an.
Nicht als ob der Weg nicht in Stand gehalten wäre,
nein, für seine Wegsamkeit ist Alles gethan, aber es
bleiben eben hohe Berge, die zu überwinden sind.
Links vom Wege erhebt sich der gewaltige Kungwe-
berg mit 1770 m, der Tschamahokwe und der Lu-
hokwiberg, rechts vom Wege die Ngongholoberge. Steil
fallen die Berge zu beiden Seiten ab, und dabei
liegt der Weg oftmals etwas schräge, so daß die
Hinterräder stets dem Abgrunde zurutschen. Wenn
es mit dem schweren Wagen bergab geht, dann heißt
es zwei Räder bremsen und hinten 25 Mann an
dem Wagen mit Stricken rückwärts ziehen lassen,
damit er nicht dem Abgrund zurollt. Obwohl nur
sechs Marschstunden von Ulingwa bis Kikundi ge-
rechnet werden, hatte ich mir doch zwei Tage für
diese Fahrt vorgesehen, und so machte ich ungesähr
1¾ Stunden von Kikundi entfernt Halt, spannte aus
und ging nur mit meinen Kameelen nach Kikundi
qua Ssadi, um den Wagen am nächsten Tag einzu-
holen. Hier auf dieser Strecke wäre wirksam das
Prinzip des Vorspanns zur Geltung gekommen. Im
Triumphgeheul der Neger wurde nun der Wagen
am nächsten Tage eingeholt, und als wir dem Dorfe
nahe kamen, führten die Weiber einen Tanz vor mir
auf. Es war, als gelte es ein Freudenfest zu feiern,
und noch nie bin ich in so feierlichem Aufzuge ein-
geholt worden. Das Thal, das sich zwischen diesen
Bergen einsenkt, ist sehr fruchtbar und reich bevölkert,
während vor mir sich das gewaltige Ulugurugebirge
aufthürmte.
Es galt für den folgenden Tag nun noch eine
schwierige Stelle zu passiren, nämlich die Paßhöhe
zwischen dem Ulugurugebirge einerseits und den
Bondwabergen andererseits. In einem lieblichen
Thale zieht sich der Weg von Kikundi bis Kiroka
hin. Hinter dem Dorfe Kiroka schließt plötzlich ein
600 m hoher Bergzug das Thal ab, über den
hinweg em Weg in Windungen führt. Ueber den
Nhandalla= und Ngololobach hinweg machten wir
diesmal im Dorfe Kingolwira Rast, woselbst wir
uns von den Anstrengungen der letzten Tage erholen
konnten. Waren doch jetzt alle Schwierigkeiten ge-
hoben, und konnten wir hoffen, Kilossa zu erreichen.
Der am folgenden Morgen angetretene Weg nach
Morogoro gestaltete sich gut. Am Tongmibache sieht
man die Missionsstation Morogoro sich als Wahr-
zeichen christlicher Missionsthätigkeit dem Tongeniberg=
stocke anlehnen. Sie macht von Weitem einen sehr
freundlichen Eindruck, liegt aber etwa eine Viertel-
stunde von der Karawanenstraße entfernt. Eine
Stunde später gelangt man nach Morogoro, dem
Hauptsitze des Kingo mdogo. Formvollendet wie ein
Fürst erscheint er in großer Begleitung bei dem
Europäer und läßt Milch, Bananen und Eier über-
bringen, um sodann auch den Besuch des Europäers
würdig in seinem Hause zu empfangen.
Der nächste Tag führte durch lichten Steppen-
wald zum Ngerengerebach, über den eine schöne, feste
Brücke führt. Leider entbehrt sie aber des Geländers.
Weiter steigt der Weg ein wenig an bis zu 500 m
zwischen dem Lugallaberge links und dem Nguru hya
Ndege und dem Bumhuberge, worauf diesmal bei
dem Orte Vilansi Rast gemacht wurde. Am 23. Sep-
tember hieß es die Mkattasteppe kreuzen. Man er-
blickt von da schon die Usagaraberge, an deren Ein-
gang die Station Kilossa liegt. Eine weite Grasebene
umfängt uns und wechselt mit lichtem Steppenwald
ab. Der Boden ist zum großen Theil schwarz, rissig
und durchlässig. Für die Brücke vom Kitenangebach
gilt das vom Mgerengere Gesagte. Sie ist fest und
schön und entbehrt nur eines festen Geländers, um
vollkommen zu sein. Ein wenig später gelangt man
zum Mkattaflusse, über den eine vorzügliche Brücke
führt. Ueberhaupt stellen die Brücken im Kilossa-
bezirk die besten dar, die ich angetroffen habe. Für
den nächsten Tag stand eine lange Fahrt bevor, aber