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Dankbarkeit von Dikoa über Freilegung des Kara-
wanenweges war außerordentlich. Veranlaßt durch
Gerüchte, daß in Mora, der Hauptstadt von Man-
darra, die Absicht bestände, meiner Expedition
Schwierigkeiten zu bereiten, marschirte ich nun in
südöstlicher Richtung nach Mora ab, den nächsten
Weg nach Dikoa aufgebend. Am 18. April in
Mora ankommend, fand ich die freundlichste Auf-
nahme durch die Bevölkerung. Der Sultan von
Mora, dem das ganze Mandarraland untersteht,
war zwar selbst geflohen, erschien aber nach einigen
Stunden, nachdem er meine friedliche Absicht be-
griffen hatte. Bei meiner zweitägigen Anwesenheit
daselbst überboten sich die Leute an Liebenswürdigkeit.
Der Sultan erkannte die deutsche Regierung ohne
Weiteres an und versprach, den Handel seines reichen
Landes nach Garua zu lenken.
Als ich am 14. April meinen Marsch über
Doloo auf Dikoa wieder antrat, fand ich in Doloo
die ersten Spuren der ungeheuren Verwüstungen,
die Rabbeh und sein Sohn Fad el Allah in Deutsch-
Bornu angerichtet hatten Doloo selbst ist vor
einigen Jahreu eine blühende Stadt von 25 000 bis
30 000 Einwohnern mit großartigen Gebäuden ge-
wesen. Jetzt ist sie total vernichtet, kein Stein mehr
auf dem anderen, bewohnt von 30 zu Mora ge-
hörenden Negern, so daß ein Unterkommen meiner
Expedition daselbst unmöglich war und ich meinen
Marsch nach Grea fortsetzte. Seit einigen Tagen
hatte bereits die enorme Hitze begonnen, die Tempe-
ratur stieg bis zu 42° C am Toage, fiel bei Nacht
nur auf 36°, und da auch auf dem geraden Wege
Doloo—Dikoa durch Rabbeh Alles verwüstet war,
mußte ich meine Marschrichtung auf die alte Rohlsssche
Route verlegen und nach Bama an der Westgrenze
abmarschiren. Der Mangel an Wasser machte sich
täglich immer mehr sühlbar, so daß ich, um die
Anstrengung zu erleichtern, die nächste Zeit bei
Nacht marschirte und am Tage ruhte. In dieser
Gegend habe ich an zwei verschiedenen Tagen gar
kein Wasser gefunden, an zwei Tagen stand mir
nur eine Cisterne zur Verfügung. In dieser un-
gemein schwierigen Zeit bewährten sich die deutsche
Disziplin, das Pflichtgefühl meiner zugetheilten
Offiziere und Unteroffiziere, die moralische Ueber-
legenheit des Weißen über den Schwarzen in
glänzender Weise. Am 18. April langte ich in
Bama an und hielt dort, um die Kräfte meiner
Expedition aufzufrischen, nach freundlichem Empfange
und reichlicher Lieferung von Lebensmitteln einen
Ruhetag ab. Am 21. April erreichte ich Dikoa.
Schon in Bama, von wo aus ich dem Sultan
von Dikoa meine demnächstige Ankunft anzeigte,
erfuhr ich durch den dortigen Häuptling, daß Dikoa-
durch französische Truppen besetzt sei. In Gaua,
dem letzten Quartier vor Dikoa, wurde ich denn
auch nicht nur vom Sultan von Diloa, sondern
auch von dem Rittmeister Dangeville vom Regiment
der Spahis du Tsad, dem Kommandanten der
französischen Truppen in Dikoa, empfangen. Nach
ungemein liebenswürdiger Begrüßung bat mich Ritt-
meister Dangeville um eine Unterredung, behufs
Rechtfertigung der Anwesenheit seiner Truppe in
Deutsch-Dikoa. Auch der Sultan von Dikoa, Sanda,
sprach mir in einer Unterredung seine Dankbarkeit
für das Erscheinen der deutschen Truppen in seinem
Lande aus, da dadurch die Verhältnisse geregelt
würden und er nicht mehr von englischer und
französischer Seite bedrängt werden könnte. Nach-
dem der Sultan und Rittmeister Dangeville einige
Erfrischungen bei mir eingenommen hatten, kehrten
sie mit ihrem Gefolge nach Dikoa zurück, um, wie
sie sagten, meinen Emzug in Dikoa für den nächsten
Tag vorzubereiten. Am nächsten Tage, dem 21. April,
gegen 9 Uhr vormittags, traf ich vor Dikoa ein,
dortselbst von dem Rittmeister Dangeoille und seiner
Truppe (50 Mann Spahis unter einem weißen
Wachtmeister) und dem Heere des Sultans in Stärke
von etwa 1000 Reitern und 5000 Mann Fußvolk,
sämmtlich mit den wunderbarsten Gewehren be-
waffnet, empfangen. Nachdem ich meine Kompagnie
vor der Front des Sultanheeres aufgestellt hatte
und gegenseitige Ehrenbezeugungen ausgetauscht:
waren, die bei dem Heere des Sultans aus
ohrenbetäubendem Geschrei, in die Luft Werfen
und wieder Auffangen der Gewehre bestanden,
ritt ich die Front der Truppen ab, hierbeie
auch wieder von jeder einzelnen Abtheilung mit
großem Geschrei, Waffenschütteln 2c. begrüßt. Nach
einem Vorbeimarsch sämmtlicher Truppen fand
der offizielle Einmarsch in Dikoa statt. Tausende
und Abertausende von Einwohnern auf den
Straßen und auf den flachen Dächern der im
arabischen Stil gebauten Häuser, auf meinen
Weg Blätter streuend, rechts und links von mir
Hunderte von Weibern, die mit Straußenwedeln mir
frische Luft zusächelten. — so zog ich an dem
Sultanspalast vorbei in den alten Palast des Rabbeh
ein, der jetzt von den französischen Truppen verlassen
war. Der Freundlichkeit des Rittmeisters Dange-
ville hatte ich zu danken, daß für den ersten
Tag dort für meine Expedition Verpflegung
niedergelegt worden war. Am Nachmittage des 21.
hielt ich noch mit dem Sultan und seinen Großen
Konserenzen ab, um für den nächsten Tag die
offizielle Besitzergreisung von Deutsch-Bornu zu
proklamiren und den Sultan Sanda öffentlich als
deutschen Sultan einzusetzen. Schon am Nachmittage
wurden auf dem Hauptplatz von Dikoa, einem Platz
in quadratischer Form mit 600 m Seitenlänge,
Reiterfestspiele mir zu Ehren abgehalten. Die dabei
entwickelte Pracht in den Anzügen, Ausrüstungen der
Pferde, das vorzügliche Material der letzteren, die
Gewandtheit und Geschicklichkeit der Reiter, das
Alles machte einen überwältigenden Eindruck.