11. November d. Is. in Berlin abgehaltenen Sitzung
des Haupworstandes und der Abtheilungsvorstände
gesetzt hat. In dieser Sitzung haben in Gegenwart
von Regierungsvertretern über diese Angelegenheit
interessante Verhandlungen stattgefunden, deren pral-
tisches Ergebniß in der Feststellung des zunächst ein-
zuschlagenden Weges bestand.
Cin Bur über die Einwandevung in Deutsch-
Südwestafrika.
Die in Kapstadt erscheinende holländische Zeitung
„Ons Land“ veröffentlicht in ihrer Nummer vom
30. Oktober d. Is. einen Brief des Freistaat-Buren
Thomas Gabriel de Wet, der mit zweien seiner
Söhne und mehreren anderen Buren nach Deutsch-
Südwestafrika gereist ist, um das Land in Augen-
schein zu nehmen und sich eventuell dort anzusiedeln.
Da die nüchternen, sachlichen Ausführungen de Wets
für Auswanderer nach Deutsch-Südwestafrika manchen
nützlichen Wink enthalten, so geben wir den Brief im
Nachstehenden wieder:
Karibib, Damaraland, 25. September 1902.
An den Redakteur.
Geehrter Herr!
Da viele Freunde und afrikanische Landsleute
auf eine Mittheilung über meine Erfahrungen in
diesem Lande warten, und ich diese Euch auch ver-
sprochen habe, nehme ich mir die Freiheit, Ihnen
einen kurzen Bericht über unsere bisherigen Er-
fahrungen zuzusenden. Vor einigen Tagen sind wir
— eine Gesellschaft von acht Afrikanern — von
Swakopmund per Eisenbahn hier angekommen und
hoffen, so Gott will, morgen von hier nach dem
Norden weiter zu reisen. Unser Ziel ist Groot-
fontein, ungefähr 12 Tage Fahrt mit dem Ochsen-
wagen.
Mehr wie einer wird gern wissen wollen, wie
man hier Wagen und Ochsen bekommen kann, und
was die Reise und Frachtunkosten mit dem Schiff
sind. Ich will Ihnen gern diese Auskunft in allen
Einzelheiten geben. Wagen werden hier gemacht
aus Holz, das aus Knysna eingeführt wird, und
kosten 107,10 8 pro Stück ohne Segeldach und un-
gefähr 20 L mehr mit Segeldach. Zugochsen kann
man hier auch leicht für 8 bis 10 2 pro Stück
kaufen. Meinen Wagen übrigens kaufte ich in der
Paarl und ließ ihn ungefähr drei Tage vor meiner
Abreise aus Kapstadt durch Vermittelung der Herren
Tunnell, Duncan & Co., Schiffsagenten, an die
Docks senden, um nach Swakopmund verschifft zu
werden. Der Wagen wurde stückweise an Bord ge-
bracht und das Segeldach mit Gestell auf Deck ge-
stellt, während die Räder und anderen Theile, mit
dem, was für die Landreise nöthig ist, unten im
Schiff untergebracht wurden.
609 —
Die Seereise war nicht angenehm, doch kamen
wir am 14. Tage nach unserer Abreise von Kapstadt
wohlbehalten in Swakopmund an. Dies ist der
große Landungsplatz für Deutsch-Südwestafrika. Ein
Hafen ist dort noch nicht, doch ist man dabei, eine
Mole zu errichten gegen die hier gewöhnlich starke
Seebrandung. Menschen und Güter werden mittelst
Ruderbooten vom Schiff an das Land gebracht.
Alles wird hier einer strengen Untersuchung
unterworfen. Zoll wird erhoben auf getrocknete
Früchte, Tabak, Schnaps, Kaffee, Zucker, Reis, Salz.
Mehl und andere Eßwaaren sowie Güter, die von
Eisen, Holz, Glas, Blech, Papier, Kupfer, Zinn ge-
macht sind, find zollfrei. Auf Güter aus Deutschland
wird ohne Unterschied derselbe Zoll erhoben wie auf
solche aus anderen Ländern.
Von Wichtigkeit ist es zu wissen, daß ein Aus-
fuhrzoll von 1 2 auf eine Kuh und 2 Schilling auf
ein Schaf erhoben wird. Ochsen und Hammel sind
zollfrei; auf meinen Wagen brauchte ich keinen Zoll
zu bezahlen, nur mußte ich, so wie viele andere
Menschen hier im Lande, an Stelle von Wegabgaben
eine Wagensteuer von 2 & per Jahr auf meinen
Wagen bezahlen. Die Regierung legt hier bisher
noch keine anderen Steuern auf, noch nicht einmal
auf Grundbesitz, aber verlangt, daß der Händler
eine Licenz bezahle, und daß man unverzüglich jede
ansteckende Krankheit, die unter dem Vieh aus-
brechen sollte, zur Anzeige bringt; versäumt man
dies, so verfällt man in eine Buße bis zu 250 K.
Auf die Jagd sind auch Beschränkungen gelegt, um
das Ausrotten des Wildes zu verhindern. Der
Reisende kann mindestens 100 Patronen im Monat
bekommen, um längs des Weges auf Wild zu
schießen — das Gesetz über die Jagd bezieht sich nur
auf Großwild. An Frachtkosten für den Wagen von
Kapstadt nach Swakopmund, die Kosten für die
Agenten eingeschlossen, bezahlte ich ungefähr 18 K.
Auf letzterem Platze übernahm es ein Agent, für
8 & meinen Wagen mit ungefähr 1400 Pfund
trockenen Früchten und anderen Gütern zur Eisen-
bahn abzusenden, während die Eisenbahnkosten bis
nach Karibib die Summe von 6,10 2 betrugen.
Eine Fahrkarte zweiter Klasse kostet 12 Schilling,
während zweiter Klasse-Passage mit dem Schiff von
Kapstadt nach Swakopmund sich auf 7,5 8 und
10,10 S. erster Klasse stellt.
Swakopmund ist nun sechs Jahre alt und
hat Walfischbay bereits lange in Schatten ge-
stellt. Das Dorf besteht aus ungefähr 200 Ge-
bäuden und zählt so etwas wie 500 Einwohner.
Wenn man die kurze Zeit seines Bestehens berück-
sichtigt, macht dieser Platz einen besonders günstigen
Emdruck mit Bezug auf den binnenländischen
Handel. Die Gebäude sind im Allgemeinen fesft und
gut, meist alle aus Holz und galvanisirtem Eisen
aufgebaut und brauchen im Aussehen, Sauberkeit
und Zweckmäßigkeit den allgemeinen Wohnungen in
der Kolonie nicht nachzustehen. Dasselbe muß in