Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

— 611 — 
ab. Die Aktionäre dürften nicht vergessen, daß 
Shares einer Explorationsgesellschaft immer speku- 
lativer Natur seien. Der Bericht der Direktoren 
nebst Bilanz-, Gewinn= und Verlustkonto wurde ein- 
stimmig angenommen, und nachdem die statutengemäß 
ausscheidenden Direktoren, Kapitän James Inman 
und Dr. E. Westphal sowie der Bücherrevisor wieder- 
gewählt waren, kamen die Verhandlungen zum Abschluß. 
Deutsch-Beu-Guinra. 
Erdbeben auf Ponape und den Marianen. 
Am 22. September d. Is., demselben Tage, an 
welchem auf den Marianen= Inseln ein Erdbeben 
stattfand (vergleiche die vorige Nummer des Kolonial= 
blattes), ist ein solches, und zwar seit Menschen- 
gedenken zum ersten Male, auch auf Ponape beob- 
achtet worden. Die Erschütterung, die nur leichter 
Natur war, wurde namentlich an der Südküste der 
Insel wahrgenommen. 
Ueber das Erdbeben auf den Marianen ist in- 
zwischen ein Bericht des Bezirksamtmanns Fritz aus 
Saipan eingelaufen, wonach dasselbe um 11 Uhr 
29 Min. am Vormittage des 22. September statt- 
fand. Die wellenförmige Erschütterung erfolgte in 
der Richtung Ost— West und endete mit einem inten- 
siven Stoße von unten; ihre Dauer wird auf 45 
bis 90 Sekunden geschätzt, sie war begleitet von 
unterirdischem Rollen. Im Laufe des 22. September 
und der nächsten Tage wiederholten sich die Stöße 
mit größerer oder geringerer Gewalt, doch erreichte 
keiner die Intensität und Dauer der ersten Er- 
schütterung. Der letzte Stoß erfolgte am Abend des 
10. Oktober. Tödtungen oder Verletzungen von 
Menschen haben, soweit bekannt, nicht stattgesunden, 
auch der Materialschaden ist unbedeutend, insbesondere 
haben die neu errichteten Dienstgebäude in Saipan 
und Rota keinerlei Schaden erlitten. Von den nörd- 
lichen Vulkaninseln lagen zur Zeit des Abganges des 
Berichtes noch keine Nachrichten vor; möglicherweise 
haben dort in Verbindung mit dem Erdbeben vulka- 
nische Ausbrüche stattgefunden. 
Aus dem Bereiche der Missionen und 
der Kntisklaverei-Bewegung. 
Im „Evangelisch= Lutherischen Missionsblatt“ 
schildert Missionar Müller in Madschame eine Reise 
nach dem Merun (Deutsch-Ostaf#ika). Anfang und 
Schluß des Berichtes lauten: 
Als die seligen Brüder Segebrock und Ovir ihre 
erste und einzige Reise nach dem Meru machten, 
hatten sie es nicht so bequem wie wir: damals war 
der Weg dahin ein Fußpfad, der sich nach Neger- 
weise ost scheinbar und manchmal auch wirtlich 
zwecklos endlos hinschlängelte. Br. Faßmann und 
  
ich, denen der Auftrag geworden war, den Mern 
und unsere neue Station zu besuchen, waren dankbar, 
daß wir auf ganz gerader, unter europäischer Auf- 
sicht angelegter Straße wandeln konnten Bei 
der Annäherung an die Merustation wendet sich der 
Weg nach Nordwest. Die Wasserläufe mehren sich, 
der Wald wird üppiger, das Gras dicker, und langsam 
geht der Steppenpflanzenwuchs in den auch am Kili- 
mandscharo der Kulturzone vorgelagerten über. Die 
scharsen Augen unserer Begleiter haben schon längst 
unsere Missionsstation Nkoaranga aus dem Grün der 
Landschaft herausgefunden. In den ersten Bananen= 
pflanzungen wird gerastet. Freundlich weisen uns 
Meruleute den Weiterweg. Endlich konnten wir den 
Begrüßungsschuß anbringen, der auf afrikanische 
Stationen wirkt wie der Stock des Spaziergängers 
auf den Ameisenzug. Mit großer Freude begrüßten 
wir die Brüder Krause und Fickert, die in dem 
kleinen Anwesen hausen. Drei nette Häuschen, wovon 
das mittlere, ein Lehmhaus, zur Zeit als Wohnhaus 
dient, stehen auf dem Platze. Die Brüder konnten 
uns auch mit berechtigtem Stolze bereits die ersten 
selbstgebauten Kartoffeln vorsetzen. Es war eine 
schöne Woche, die wir in der Gemeinschaft der 
Brüder verleben dursten. Zunächst suchten wir bald 
von diesem, bald von jenem Hügel aus einen Einblick 
in die Landschaft zu gewinnen. Erdboden, Steine 
und Pflanzenwuchs sind zum Verwechseln ähnlich wie 
in Madschame. Nur noch fruchtbarer ist es hier. 
Wo nicht geackert wurde, da war über mannshohes 
Unkraut aufgeschossen, während auf frischen Feldern, 
wo geschäftig die Weiber, die einzigen Arbeiter des 
Landes, im Schweiße ihres Angesichts hackten und 
säten, eine wundervolle Krume, beinahe wie Garten- 
erde, von der Hand rieselte. Dazu die Fülle der 
Bananenhaine in den Thalmulden, an den unteren 
Abhängen und auf den Kuppen der Hügel! Der 
Mern rechtfertigt völlig seinen Ruf der Fruchtbarkeit, 
den er hier im Munde der Schwarzen hat. 
In einem im „Afrika-Boten“ veröffentlichten 
Bericht über eine Reise quer durch Kabende 
(Deutsch-Ostafrika) schreibt P. Avon: 
Seit längerer Zeit hatte ich die Absicht, einen 
Ausflug quer durch Kabende zu machen, allein ich 
wagte es bis jetzt nicht, mich in dieses Räuberland 
zu begeben. In Zukunft braucht man keine Angst 
mehr zu haben, denn die deutschen Offiziere haben 
mit ihren Soldaten das Land durchzogen, was den 
Leuten eine heilsame Furcht eingeflößt hat.. Seit- 
dem wir den Lujonesi überschritten, sind wir im 
eigentlichen Kabendegebiet, in der Provinz Usoga, 
was so viel heißt als Paradies. Und mit Recht 
führt die Gegend diesen Namen, denn wie das 
Paradies ist sie von vier wasserreichen Flüßchen be- 
wässert und weist eine ansßerordentliche Fruchtbarkeit 
auf. Schade, daß das Land so wenig bevölkert ist! 
Immer war es nicht so; vor mehreren Jahrhunderten, 
als man dem Lande den Namen gab, war es recht 
3
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.