Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Unmittelbar hinter dem Dorfe bogen wir von 
dem Wege, der nach Komaka-Ebolova führt, nördlich 
ab, überschritten auf einem Baumstamme den Fluß 
Bingeli, der in den Biwume fließt, durchquerten auf 
schlechtem Pfade ehemalige Pflanzungen, und dann 
nahm uns pfadloser Urwald auf. Dem rasch vor- 
anschreitenden Bulihäuptlinge folgend, gelangten wir 
bald zu dem in starken Fällen über die Felsen 
stürzenden Bekak, einem Nebenflusse des Bingeli, 
überschritten denselben und marschierten dann in 
nordwestlicher Richtung über einen breitgewölbten 
niederen Bergrücken. Allenthalben waren die frischen, 
zum Teil ganz riesigen Spuren von Elefanten zu 
sehen. Eine, die mir ganz besonders auffiel, maß 
ich, sie hatte 54 cmm im Durchmesser. , 
Nach ungefähr einer Stunde stiegen wir wieder 
abwärts zum Bekak und folgten diesem bald auf 
dem rechten, bald auf dem linken Ufer und zuletzt 
in ihm watend. An die Stelle des Waldes trat 
ein morastiges Gelände, bewachsen mit Rohr, Ge- 
büsch, riesigen Blattpflanzen und einer Art Mangrove. 
Fürchterlich haben hier die Elefanten gehaust. Die 
aus der Erde gerissenen Bäume lagen wirr über- 
einander, durch das Röhricht waren breite Pfade 
getreten, die im Bogen führend den reinsten Irr- 
garten bildeten, der Boden war durch die Tritte in 
einen breiigen Sumpf verwandelt. Und dazu un- 
aufhörlich niederströmender Regen. Lange Zeit 
wateten wir hier im Sumpfe und überkletterten die 
übereinanderliegenden Baumstämme, die einen natür- 
lichen Verhau bildeten. Die Dunkelheit brach an, 
aber noch hatten wir keinen Ausweg aus dieser 
Wildnis gefunden. Da erklärte der Häuptling, er 
finde sich nicht mehr zurecht, er wolle einige seiner 
jungen Leute holen, die den Weg besser kennen 
würden. Ich schlug daher das Lager auf und sandte 
nach dem Dorfe zurück, um Führer zu requirieren. 
Erst am anderen Tage nachmittags 4 Uhr erschienen 
diese, und nun verlegte ich das Lager eine Stunde 
weiter oberhalb an den Bergabhang. Von hier aus 
konnte ich sehen, daß wir uns am Südwestabhange 
des das Tal des Bekak nördlich abschließenden Ge- 
birgszuges befanden. Jenseits des Tales erhoben 
sich massige Berge von mindesiens 1200 m Höhe. 
Noch vor Tagesanbruch brachen wir am anderen 
Morgen auf, stiegen den Abhang in nordwestlicher 
Richtung empor an Baumfarngruppen vorbei, über 
steile Gräben und zuletzt unter einer mächtigen 
Felswand hin zu einer breiten Einsattelung des 
Gebirgszuges. Vor uns im Norden erblickten wir 
eine endlose Reihe hoher, massig gebauter Berge. 
Etwas unterhalb der Einsattelung trafen wir auf 
die Reste eines Lagers, von dem aus die Leute aus 
Ntola und Bienemayong Kautschuk zu sammeln 
pflegen. Kautschuklianen trafen wir hier und später 
noch in großer Menge an. Allmählich (NW) ab- 
wärtsschreitend, kamen wir zu einem kleinen Bache, 
der bereits zu dem Flußgebiet des Lobe gehört. In 
ihm watend gelangten wir nach einer guten Stunde 
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zu einem sumpfigen, mit Röhricht und Gestrüpp be- 
wachsenen Gelände, das wir durchquerten. Ein 
niedriger Bergzug wird überschritten, da kreuzt ein 
llarer Gebirgsbach unseren Weg, Falube nannten 
ihn die Führer. Etwa eine Stunde weiter unter- 
halb vereinigt er sich mit einem ebenso großen Bache 
gleichen Namens und heißt dann Lobe. 
Die Führer erklärten hier, daß sie noch niemals 
weiter in dieser Gegend vorgedrungen seien und nicht 
mehr Bescheid wüßten. So übernahm ich daher von 
jetzt ab die Führung selbst. Mit dem Haumesser in der 
rechten und dem Kompaß in der linken Hand schritt 
ich der Karawane voraus, meist dem Lobe folgend, 
der von allen Seiten Zuflüsse empfängt und sich 
rasch vergrößert. Anfänglich ging es ohne erhebliche 
Schwierigkeiten vorwärts. Bald aber traten die 
Berge hart an das Ufer heran, und das Flußbett 
ward zur tiefen, engen Schlucht. Wildromantische 
Szenerien entwickelten sich vor unseren Augen. Riesige 
Felsblöcke liegen im Flußbett, an den Ufern oder 
bilden übereinanderliegend Grotten, durch welche der 
Fluß schäumend sich hindurchzwängt. Wasserfälle 
und Stromschnellen wechseln in bunter Reihenfolge. 
Mächtige entwurzelte Baumstämme, auf denen Farn- 
kräuter, Blattpflanzen und Schlinggewächse üppig 
wuchern, versperren, eingeklemmt zwischen den Felsen, 
dem Wasser den Weg und bilden so kleine Stauseen. 
Durch das Blätterdach des Waldes erblickt man hier 
und da ein kleines Stückchen blauen Himmels oder 
von der Sonne golden beschienene Berggipfel, wäh- 
rend hier unten düsteres Dämmerlicht herrscht. Das 
Rauschen, Tosen und Zischen der stürzenden Wasser 
verschlingt die menschliche Stimme, ist betäubend und 
auf die Dauer fast unerträglich. 
Mühsam und nur sehr langsam dringen wir 
vorwärts. Bald springen wir von Stein zu Stein, 
bald überklettern wir Felsen oder wir steigen einem 
Abbruche, einer Felswand ausweichend in den steilen 
Berghang und folgen diesem in oft gefährlicher 
Kletterei. Durch die einbrechende Dunkelheit genötigt, 
schlagen wir endlich Lager auf einem schmalen Streifen 
ebenen Landes zwischen Fluß und Bergwand auf. 
Vergeblich versuchen wir, Feuer zu machen; denn das 
Holz ist hier wie ein nasser Schwamm vollgesogen 
von Wasser. Am anderen Morgen steigen wir in 
der gleichen Weise talab. Endlich nach mehreren 
Stunden treten die Berge zurück, ein weites Tal 
öffnet sich vor uns und ruhig fließt der klare Fluß 
über hellen Sand. Wir waten nun im Flusse, bis 
die zunehmende Tiefe uns zum Betreten des Ufers 
zwingt. Das Haumesser bahnt uns jetzt wieder den 
Weg oder wir folgen den Pfaden der Elefanten und 
Büffel. An einem seichten Bache nicht weit vom 
Lobe übernachten wir heute. Der mitgenommene 
Proviant ist mittlerweile aufgezehrt. Die Wey- 
jungen verzehren mit großem Appetit eine 1 m 60 cm 
lange und 35 chm im Umfang messende Hornviper 
mitsamt dem Kopfe. Ob sie vorher die Giftzähne 
  
entfernt hatten, weiß ich nicht. Andere taten sich
	        
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