Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Ich habe jeder Schwester ihre Beschäftigung an— 
gewiesen. Schw. Johanna hat die Aussicht über die 
Wäscherei. Waschen braucht sie nicht; sie hat nur 
dafür Sorge zu tragen, daß die einheimischen Wäsche- 
rinnen etwas nach unserer Manier vorgehen und 
nicht alles nach ihrem Kopfe machen. Was das 
Stillschweigen anbelangt, so sind wir davon von 
morgens 8 Uhr ab dispensiert, weil man fortwährend 
gezwungen ist, mit den Arbeiterinnen und den Kindern 
zu sprechen, oft zu lachen und zu scherzen. Die 
guten Leute freuen sich ungemein, wenn man ge- 
meinschaftlich mit ihnen eine Kokosnuß austrinkt, 
oder eine Banäne, eine Brotfrucht oder Taros ver- 
zehrt. Schw. Aloysia hat für die Kapelle Sorge 
zu tragen. Schw. Hubertina hat die Küche über- 
nommen. Die Schwestern haben eine ganz euro- 
päische Kost; dann und wann kommen auch Kokos- 
nüsse, Bananen und Brotfrüchte auf den Tisch. Die 
Veranda dient als Refektorium. Für die Kinder 
kocht Schw. Hubertina einen Tag Fleisch mit Reis, 
den andern Tag Reis mit Fleisch. Den Reis essen 
sie am liebsten in Wasser gekocht, ohne Fett und 
ohne Salz. Die Fische essen sie immer roh. Abends 
nehmen sie Brot und trinken Tee dazu. Schw. 
Hubertina hat außerdem die Sorge für die Kranken. 
Schw. Magdalena und ich teilen uns die Arbeit bei 
den Mädchen. Wir bewohnen mit den Kindern zwei 
kleinere Häuser. Das eine ist unser „HKloster“, das 
andere die Schule. Der Unterricht beginnt morgens 
um 8 Uhr und dauert, wie in Europa, mit Unter- 
brechung einer halben Stunde bis Mittag. Nach- 
mittags ist Handarbeitsunterricht und Gesangstunde 
bis 4 Uhr. Den Religionsunterricht erteilen die 
Patres. Alles andere haben wir zu besorgen. Die 
Kinder sind durchweg gut talentiert, lernen sehr gut 
und haben das größte Zutrauen zu uns. 
machte uns ihr lebhaftes Temperament wohl einige 
Sorgen; jetzt haben wir schon große Freude an 
ihnen. Unsere Schule umfaßt 4 Abteilungen. Schw. 
Magdalena hat den 1. und 2. Jahrgang und ich 
habe den 3. und 4. übernommen. Wenn ein deutscher 
Dampfer vor Anker liegt, werden unsere Kinder ge- 
wöhnlich von dem Schiffskapitän eingeladen. Dann 
singen sie ihre schönsten deutschen Lieder und ver- 
dienen sich Kuchen und Limonade. So hat uns 
noch vor kurzem Kapitän Janke von der „Oceana“ 
nachmittags zum Kaffee gebeten und wußte sich sehr 
gut mit den Kindern zu unterhalten. Wir wollen 
uns mit Gottes Beistand und Hilfe bemühen, die 
uns anvertrauten Kinder zu guten Christinnen und 
tüchtigen Hausfrauen heranzubilden. 
Die Wesleyanische Missionsgesellschaft, welche in 
Samoa tätig ist (val. Kolonialblatt 1901, Beilage 
zu Nr. 23 vom 1. Dezember 1901, S. 8), hat die 
Entsendung des Predigers Beutemüller in Ludwigs- 
burg (Württemberg), Predigers der bischöflichen 
Methodistenkirche in Süddeutschland, beschlossen. 
Anfangs 
212 
  
Beutemüller hat im Januar d. Is. von Genua aus 
die Reise nach seinem neuen Arbeitsfelde angetreten. 
Aus fremden RKolonien und 
Produhktionsgebieten. 
Ein neues Berufungsgericht für Britiich-Ost. und 
Sentralafrika. 
Einer Londoner Zeitungsmeldung zufolge ist für 
Uganda, Britisch-Ostafrika und Britisch-Zentralafrika 
ein neues Berufungsgericht eingerichtet worden. 
Weitere Berufung von diesem Gericht, welches in 
Sansibar seinen Sitz hat, ist nur an den Privy 
Councile statthaft. 
Schmalspurbahn in der Rapkolonie. 
Die einzige bisher in der Kapkolonie existierende 
2 Fuß = 60 Centimeter-Eisenbahn, die von Kapstadt 
in nördlicher Richtung nach Kalabaß-Kraal führt, ist 
kürzlich um weitere 47 ½ englische Meilen verlängert 
worden. Bei der Eröffnungsfeier wurde vom Minister 
  
und vom Präsidenten des Harbour Boards der 
Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Linie nur eine 
Vorläuferin für viele weitere Schmalspurbahnen in 
den ländlichen Distrikten sein möchte. Die Kosten 
der Strecke einschließlich 17 000 8E für Wagenpark 
und Maschinen haben 104 282 K, also etwa 2200 L 
für die englische Meile und 30 000 4 weniger, als 
im Voranschlag vorgesehen gewesen war, betragen. 
Der Eisenbahnminister bemerkte mit Bezug auf das 
rollende Material, daß es fast genau ein Drittel von 
dem kostete, was solches für die 3° 6“ = 1,06 m 
Spurweite gekostet haben würde, wobei man aller- 
dings nicht vergessen dürfe, daß ersteres eine weit 
geringere Tragfähigkeit habe und daß die Zugkraft 
der Lokomotive nur fast ½8 von dem der 1,06 Bahn- 
lokomotive betrage. Ferner sei zu bemerken, daß 
die Brücken der neu eröffneten Strecke zum Teil von 
Holz wären und hölzerne Fundierungen, daher nur 
eine begrenzte Lebensdauer hätten. Als einen Nach- 
teil der Schmalspurbahn bezeichnete der Minister es, 
daß in der Erntezeit die Frachten so bedeutend sein 
würden, daß dieselben mit dem gewöhnlichen Wagen- 
park nicht würden bewältigt werden können, und 
daher entweder eine Verzögerung im Transport der 
Landwirtschaftsprodukte stattfinden würde oder das 
rollende Material so vermehrt werden müsse, daß 
ein Teil desselben während eines großen Teils des 
Jahres unbenutzt bleiben würde. 
(Nach einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in 
Kapstadt.) 
˙aturalisation im Transvaal. 
Ein Gesetz, betreffend die Naturalisation im 
Transvaal, ist im Dezember v. Is. veröffentlicht
	        
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