Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

man daher eine angemessene Rückzahlung des An- 
lagekapitals erreicht haben. 
Es wird dann die Frage aufgeworfen, ob unter 
Beibehalt der gegenwärtigen Frachtsätze die Kolonie 
und hiermit die Steuerzahler den Verlust tragen 
solle, oder ob es nicht zweckdienlicher ist, wenn die 
Beträge für die Beförderung erhöht und so von den 
Benutzern der Bahn getragen werden. Die Meinung 
scheint dahin zu gehen, daß die Frachtsätze soweit 
erhöht werden müssen, als der Handelsartikel maximal 
zu tragen im stande ist, vorausgesetzt, daß dieser 
Betrag nicht die Förderung durch Menschenhand 
überschreitet. 
Die für das Gouvernement ausgeführten Leistungen 
der Bahn repräsentieren einen Betrag von 35,960 Mk. 
Mit dem Gouvernement wurde eine Vereinbarung 
dahin getroffen, daß die Verfrachtung der Gouver- 
nementsgüter zu einem um 25 % niedrigeren Satze 
als dem für das große Publikum geltenden erfolgensollte. 
Dahingegen mußte sich das Gouvernement verpflichten, 
bei eintretenden Fehlbeträgen den Frachtsatz bis 
zur vollem Höhe des allgemein geltenden Tarifs zu 
erhöhen, um die Betriebskosten zu decken. So 
wurde in dem in Rede stehenden Halbjahre seitens 
des Gouvernements eine Zuzahlung von 7100 Mk. 
erforderlich. 
Im Berichtshalbjahr machte man die größten 
Anstrengungen, um den Verkehr von Abeokuta nach 
Iddo, welcher bislang beinah ganz vom Fluß be- 
wältigt wurde, heranzuziehen. Zunächst war auch 
ein Fortschritt hierin zu erkennen, als aber die 
Regenzeit einsetzte, fiel der ganze bisher gewonnene 
Verkehr wieder dem Flusse zu. Man schreibt dies 
der Ungeschicklichkeit der Regierung zu, welche den 
Kaufleuten die unentgeltliche Abtretung von Land 
zur Errichtung von Lagerhäusern verweigerte. Es 
wird als Tatsache angenommen, daß der Abeokuta- 
verkehr nicht früher gewonnen werden kann, bevor 
sich nicht europäische Firmen in jener Stadt eta- 
bliert haben. Der gegenwärtig amtierende Gouver= 
neur hat sich aber selbst besonders für die Angelegen- 
heit interessiert, die Landabtretung ist bewilligt 
worden, und es steht zu erwarten, daß die so lange 
hingezogene Sache nunmehr in Fluß gebracht wird. 
In Ibadau haben sich alle namhaften europäi- 
schen Kaufleute innerhalb der Stadtumwährung — 
ungefähr 500 m vom Bahnhof entfernt — nieder- 
gelassen und verlangen nun, daß ein Zweiggleis 
nach einem ihren Warenhäusern näher gelegenen 
Punkte verlegt wird. Man ist jedoch der Ansicht, 
daß wegen der starken Steigungsverhältnisse dem 
Bedürfnis besser durch ein mit Hand oder Pferden 
zu betreibendes Decauville= oder Monraisgleis ent- 
sprochen wird. 
Die Reineinnahmen der Bahn belaufen sich, wie 
bereits erwähnt, auf 40 980 Mk. Dieser Betrag ist 
nur ein Bruchteil der Zinslast von dem geliehenen 
Kapital. Der Berichterstatter bemerkt hierzu, daß 
dies nicht die einzige der Kolonie für ihre Ausge- 
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staltung von den Finanzbehörden gemachte Zuwendung 
ist, daß diese indirekte Begünstigung sich erst im 
Lauf der Zeit geltend machen kann und zweifellos 
anderswo angemessen vermerkt werden wird. 
Die Fortsetzung der Bahn hält man zur Errei- 
chung des größtmöglichen kommerziellen Erfolges 
für unbedingt erforderlich, und es wird als sicher 
hingestellt, daß die Kolonie gesetzten Falls allein im 
stande sein wird, hinreichende Zinsgarantie zu 
leisten, wenn Nord-Nigeria hierzu nicht im stande 
sein sollte. 
Der Verfasser des Berichtes bemerkt noch, daß, 
da das Geschäft der Bahnverwaltung in der Kolo- 
nie etwas Neues gewesen sei, anfangs einige kleine 
Ubergriffe und Irrtümer bei den betreffenden Dienst- 
zweigen unvermeidlich gewesen wären. Man habe ver- 
sucht, das gewöhnliche Verwaltungsverfahren, welches 
zur Kontrolle bei den verschiedenen Departements, in 
welche die Regierung eingeteilt ist, gehandhabt wird, 
anfangs auch bei der Eisenbahn unterschiedlos aus- 
zuüben, habe sich aber bald von der unpassenden 
Anwendung auf ein so wichtiges kaufmännisches 
Unternehmen, wie die Eisenbahn sei, überzeugt und 
allgemein dagegen Verwahrung eingelegt; in dem 
Citoerlaß des Staatssekretärs Nr. 116 vom 18. April 
1902 betreffend „Verfahren bei Verwaltung west- 
afrikanischer Eisenbahnen“ sei diesem Gesichtspunkte 
Rechnung getragen worden. 
Beamtenpersonal. 
Während des halben Jahres waren 71 Euro-= 
päer in Stellung. Die größere Zahl derselben war 
für die Vollendung der Bahn und der Brücken oder 
anderen Bauwerke engaglert, und ihre Gehälter 
fielen daher dem Anlagekapital zur Last. Im Hin- 
blick auf die kombinierte Beaufsichtigung der betrie- 
benen Linien und der noch auszuführenden Arbeiten 
war eine endgültige Trennung für Bau= und Be- 
trieb, wie sie in den Anschlägen für das nächste 
Jahr erhofft wird, nicht möglich. 
Von den eingeborenen Arbeitern erwartet man, 
daß ein guter Prozentsatz bei weiterer Ausbildung 
brauchbare Unterbeamte für den Betrieb der Bahn 
abgeben wird. 
Die Entwickelung des Rakaobaues in der 
Goldküstenkolonie. 
Die „West African Mail“ bringt in Nr. 8 vom 
22. Mai 1903, S. 210 f., einen Aufsatz über den 
Kakaobau in der Goldküstenkolonie, der insofern von 
besonderem Interesse ist, als er ein Bild von der 
bedeutenden Entwickelung dieser Kultur als Einge- 
borenenkultur in der Kolonie gibt. 
Die ersten Kakaopflanzen brachte im Jahre 1879 
ein Eingeborener von Accra aus Fernando Po nach 
der Goldküste. Er legte eine kleine Pflanzung an 
und verteilte nach der ersten Ernte Samen an Ein- 
geborene.
	        
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