Jeden Morgen 7 Uhr geht der Katechist in die
Schule; eine Trompete ruft die Schüler herbei. Die
ersten Stunden sind den Leseübungen gewidmet, dann
prägt der Lehrer den Schülern Wort für Wort ein
Stück aus dem Katechismus ein und gibt die not-
wendigen Erläuterungen dazu. Es ist eine Freude,
wie die Kinder ihren Katechismus lernen. Fragen
Sie eine beliebige Seite, sie werden aus dem Kopfe
antworten. Und ihre Antworten sind nicht mechanisch,
nur dem Wortlaute nach, nein, man hört sofort, daß
sie verstehen, was sie sagen. Unsere Kinder haben
im allgemeinen einen lebhaften Geist, eine scharfe
Auffassungsgabe; wir haben hier viele darunter, die
mit jedem europäischen Schüler den Wettbewerb auf-
nehmen können.
Augenblicklich müssen wir uns leider noch auf
den einfachsten Unterricht im Lesen beschränken, denn
es fehlt uns an Lesebüchern. Zum Unterrichte im
Schreiben konnten wir noch nicht übergehen, denn
für so viele Kinder würden wir viele Schiefertafeln
gebrauchen, deren Anschaffungs= und Transportkosten
unsere Kasse nicht tragen kann. Da mir speziell die
Sorge für die Schulen obliegt, so wende ich mich
an Sie und Ihre Leser zu Gunsten meiner vielen
Schüler, die jeden Tag betteln: „Pater, wann fangen
wir an zu schreiben? Wir wollen schreiben lernen,
Pater!"“ Fast alle Kinder unserer Außenschulen,
etwa 1500, können schon ziemlich lesen, und ich
wünschte sehr, mit dem Schreibunterricht beginnen
zu können. Aber, wie gesagt, mein Wunsch schafft
noch nicht das nötige Material an Tafeln und
Griffeln. Unser ganzes Schulmaterial ist hier in
Kilema in Gebrauch; hier kommen die Kinder, ab-
gesehen vom Katechismusunterricht in den Morgen-
stunden, jeden Nachmittag 1 1/2 Stunden, um sich im
Lesen, Schreiben und Rechnen zu üben. Eine große
Anzahl unserer Schüler schreibt schon recht genau an
der großen schwarzen Tafel, und wenn ich so die
Runde mache, um zu korrigieren, so finde ich, daß
mancher seinen Namen recht deutlich auf dem Holz
der Schiefertafel eingraviert hat.
Seit einiger Zeit haben wir auch begonnen,
35 Erwachsenen, darunter dem gegenwärtigen Häupt-
ling von Kilema, die ersten Anfangsgründe der
deutschen Sprache beizubringen. Sie haben jeden
Morgen 1½ Stunde. Es ist das eine schwere
Arbeit, die viel Geduld erfordert, aber für die Zu-
kunft großen Nutzen bringen wird. Mehrere der
Schüler machen bereits gute Fortschritte, sprechen die
deutschen Worte leidlich gut aus und behalten sie im
Gedächtnis, so schwer auch der Anfang ist. Sie sind
übrigens sehr lernbegierig, und das verspricht gute
Erfolge.
Von Herzen gern widmet der Missionär seine
Zeit, seine Mühe und Sorge den Schulen, beruht
doch auf diesen die Zukunft. Aus den Schulen
melden sich jedes Jahr so 70 bis 80 Zöglinge zur
hl. Taufe. Aber diese Schulen fordern auch erheb-
liche Ausgaben, muß doch der Pater Obere unserer
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Station jeden Monat schon 10 bis 12 Katechisten
löhnen. Und da kommt es leicht vor, daß die Kasse
leer ist und die Zahlung verschoben werden muß.
Eigentlich müßten wir noch 5 oder 6 Katechisten
mehr anstellen, denn einzelne derselben haben bis zu
200 Schüler zu unterrichten; aber wir haben schon
Mühe, die bisherige Zahl zu unterhalten.
Neben dem Deutschen, dem Lesen, Schreiben und
Rechnen üben wir in den Schulen besonders das
Kisuaheli. Es ist erstaunlich, wie leicht die Kinder sich
daran gewöhnen, wie rasch sie alle Regeln des Kisuaheli
erfassen. Und das ist um so auffallender, weil das
hier gesprochene Kidschaga vom Kisuaheli ganz und
gar verschieden ist. Den Missionaren, die vor
12 Jahren nach Kilema kamen, ist es zu danken,
daß heute das Kisuaheli von der Küste auch hier im
Gebirge verstanden wird. Die sonntägliche Predigt
wird stets in Kisuaheli gehalten, und man kann sicher
sein, daß die große Mehrzahl sie versteht. Freilich,
will der Missionar mit den älteren Generationen
reden, so kann er das nicht, ohne zuvor selbst das
Kidschaga, die alte Landessprache, geübt zu haben.
Nur so kann er mit den älteren Leuten verkehren,
ihnen religiösen Zuspruch erteilen und besonders sie
in Todesgefahr für die heilige Taufe vorbereiten.
Wie ich schon erwähnt, haben wir hier jährlich
70 bis 80 Taufen. Darunter sind aber auffallend
wenig Mädchen. Das erklärt sich aber daraus, daß
wir Ordenspriester unseren Verkehr mit dem weib-
lichen Geschlechte auf das allernotwendigste beschränken
müssen, daher auch bei demselben weniger Zutrauen
finden. Unser Bischof Msgr. Allgeyer hat deshalb
beschlossen, Missionsschwestern nach Kilema zu schicken,
die sich der Erziehung der Mädchen widmen sollen.
Augenblicklich sind wir eifrig daran, für die zu er-
wartenden Schwestern ein Unterkommen zu errichten,
das einigermaßen gegen Sturm und Regen schützt.
Gelegentlich des letzten Besuches hier hat der Bischof
feierlich den Grundstein dazu gelegt.
Ein erhebendes Schauspiel bietet uns jeden
Sonn= und Feiertag die großartige Teilnahme der
Bevölkerung an der heiligen Messe und der Predigt.
Das Kirchlein ist wirklich zu klein, um alle die
Menschen zu fassen. Die Schulkinder singen alle
gebräuchlichen Kirchenlieder und verleihen dadurch
dem Gottesdienste ein feierliches Gepräge. Leider
leistet unser altersschwaches Harmonium wenig mehr;
es hat seit Gründung der Station Dienste getan,
müßte aber außer Tätigkeit gesetzt werden. Aber
woher Ersatz nehmen?
—
RKus fremden HKolonien und
Produktionsgebieten.
Uganda-Telegrapy.
Nach Londoner Muteilungen ist die Uganda-
Telegraphenlinie jetzt bis Butibia am Albert-Nyanza