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mich auch diesem vorstellen. Inzwischen begann die
regelmäßige Arbeit. Die Frühstunden von 6 bis 9
wurden zu Gängen durch den Garten und zur Be-
schaffung von Untersuchungsmaterial benutzt. Dann
folgte Laboratoriumsarbeit bis 1 Uhr. Der Nach-
mittag wurde ebenfalls zur Laboratoriumsarbeit oder
zum Literaturstudium verwandt. Unterbrechungen
des regelmäßigen Tageslaufs verursachten Exkursionen
in die Umgebungen Buitenzorgs und zwei größere
Reisen, die ich im Interesse des mir empfohlenen
Studiums der niederländisch-indischen Forstwirtschaft
unternahm.
Nachdem ich mich brieflich an den Chef des nie-
derländisch--indischen Forstwesens, Herrn Hauptinspek-
teur Bruinsma, gewandt hatte, erschien am 15. Oktober
der Oberförster J. P. Ham in Buitenzorg und lud
mich ein, ihn auf einer Dienstreise in die Wälder
der Preanger Regentschaften zu begleiten. Die Reise
hatte den Zweck, die Unterlagen für ein Gutachten
über die Anträge verschiedener Pflanzer auf die Ge-
währung gewisser Urwaldparzellen in Erbpacht zu
liefern. Ich hatte dabei Gelegenheit, noch kaum von
Europäern betretene Urwälder zu sehen und die
Gesichtspunkte kennen zu lernen, nach welchen die
Regierung solche Wälder entweder reserviert oder
den Pflanzern zur Rodung und zur Anlage von
Plantagen übergibt, nachdem sie durch eine eigen-
tümliche Art der Taxierung einen Preis dafür fest-
gestellt hat. Ferner gewann ich einige Einsicht in
den Betrieb der China-, Tee= und Kaffeepflanzungen.
Am 28. Oktober kam ich nach Buitenzorg zurück.
Eine zweite Reise hatte den Zweck, mich mit den
Teakwäldern und ihrer Bewirtschaftung bekannt zu
machen. Herr Bruinsma hatte mich den beiden
Forstinspektoren Kollewijn und Seubert empfohlen.
Außerdem hatte ich eine persönliche Empfehlung an
Herrn Seubert, der Deutscher ist, aus der Heimat.
Ich reiste am 10. Dezember von Buitenzorg ab und
traf am 12. Dezember mit Herrn Seubert in Sama-
rang zusammen, um ihn dann auf einer Dienstreise
in die großen Teakwälder der Provinz Rembang zu
begleiten. Herr Seubert, als der eine der beiden
für ganz Java angestellten Forstinspektoren, hatte die
Aufgabe, die Tätigkeit der Forstverwalter zu kon-
trollieren. Ich lernte in seiner Begleitung einerseits
die Bewirtschaftung vorhandener mehr oder weniger
devastierter Teakurwälder, anderseits die Neuanlage
von Teakpflanzungen auf kahlgeschlagenen Flächen
und deren Entwicklung kennen. Auch orientierte ich
mich über das Eingreifen privater Unternehmer beil
der Ausbeutung der Teakwälder, worin mir Be-
sprechungen mit dem Direktor einer der wichtigsten
Unternehmergesellschaften von Nutzen waren. Am
26. Dezember trennte ich mich von Herrn Senbert,
um in Salatiga den zweiten Forstinspekteur, Herrn
Collewijn, aufzusuchen. Er ist Chef der „Forstein-
richtungsbrigade“ und als solcher mit der Leitung
der Forsteinrichtungsarbeiten beauftragt. Er erläuterte
mir während der folgenden Tage auf seinem Bureau
die vorläufigen und definitiven Betriebspläne und
die höchst interessanten Zuwachsuntersuchungen, die
unter Herrn Bruinsmas Leitung seit einigen Jahren
im Gange sind.
Den Jahreswechsel brachte ich in Solo zu, wo
es mir durch eine persönliche Beziehung vergönnt
war, den originellen Festlichkeiten, die sich bei dieser
Gelegenheit abspielen, am Hofe des einheimischen
Fürsten und im Hause des holländischen Residenten,
Herrn de Vogel, beizuwohnen.
Am 3. Januar reiste ich mit einer Empfehlung
des Herrn Seubert nach Magelang, um durch den
dortigen Oberförster, Herrn van Schranendijk, Ein-
sicht in die zur Wiederbewaldung entwaldeter Berge
gemachten Versuche zu gewinnen. Auch hier konnte
ich an einer Dienstreise teilnehmen, die mich auf die
Berge Andong, Telemopo und Merbabu führte und
mir einen guten Einblick in die betreffenden Kulturen
verschaffte.
Am 11. Januar kehrte ich nach Buitenzorg zurück,
nachdem ich unterwegs noch Tjilatjap und die Insel
Nusa Kembangan besucht hatte, um den Urwald des
Tieflandes kennen zu lernen.
Die mir nun noch verbleibenden sechs Wochen
verwandte ich auf die Ergänzung meiner Reiseeindrücke
durch Studium der niederländisch-indischen forstlichen
Literatur und auf die Erweiterung meiner gleich nach
der Ankunft in Buitenzorg begonnenen Wurzelstudien.
Dem mir bei Erteilung des Stipendiums ausge-
sprochenen Wunsche gemäß, das Verhalten der
Wurzelsysteme tropischer Kulturpflanzen auf verschie-
denen Bodenarten kennen zu lernen, hatte ich schon
im Oktober in dem mit dem Buitenzorger Garten
verbundenen Kulturgarten in Tjikenment bei Buiten-
zorg Beete herrichten lassen, von denen eines den
natürlichen Boden behielt, die beiden anderen ver-
schieden starke Zusätze von Kalk bekamen. In diese
Beete pflanzte ich Coffea liberica. Theobroma Cacao,
Thea assamica, Caryophyllus aromaticus, Cola
acuminata, Cinnamomum zeylanicum, Castilloa
elastica, Albizzia moluccana, Pithecolobium
saman, Caesalpinia corraria und dasyrachis,
Erisdendron anfractuassum und Swietenia maha-
gonyEnde Februar wurde das Aussehen der
Pflanzen notiert und eine Anzahl von Exemplaren
jeder Art zur genaueren Untersuchung der Wurzel-
systeme herausgenommen und konserviert. Zum Teil
dieselben Pflanzen kultivierte ich in Schrägkästen zur
direkten Beobachtung der Wurzelsysteme. Ferner
untersuchte ich eine große Anzahl von Wurzeln sehr
verschiedener Holzpflanzen aus dem Buitenzorger
Garten, aus Tjikenment und von der zum Garten
gehörigen Urwaldstation Tjibodas, die ich zur Ma-
terialgewinnung zweimal besuchte. Das Resultat der
Wurzeluntersuchungen gedenke ich seiner Zeit in einer
besonderen Publikation niederzulegen.
Kurz vor meiner Abreise nach Europa ermöglichte
mir Herr van Romburgh noch eine Exkursion nach
der Regierungs = Guttaperchaplantage Tjipetir. Ich