Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

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Nachrichten aus den deulschen Schuhgebieten. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder teilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
  
Deufsch-Pltafrika. 
Farbige DBandwerker in den Kolonien, insbesondere in 
Deutsch- Ostafrita. 
Wir haben bereits früher (vgl. u. a. Kol. Bl. 
1899 S. 207 f.) auf die große Bedeutung der 
Heranziehung und Ausbildung farbiger Handwerker 
für die Schutzgebiete hingewiesen. Inzwischen sind 
in die Etats für Ostafrika, Kamerun und Togo für 
die Heranbildung farbiger Handwerker namhafte 
Beträge eingestellt worden. Wie notwendig und 
zweckmäßig derartige Aufwendungen sind, zeigen die 
nachstehenden Mitteilungen, welche wir einem Bericht 
des Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika entnehmen: 
Der Ersatz der weißen Handwerker durch Farbige 
ist schon seit Jahren gewünscht, aber infolge vieler 
nur schwer zu überwindender Schwierigkeiten erst 
in den letzten drei Jahren der Verwirklichung 
erfolgreich nahe gebracht worden. (Vgl. auch die 
Denkschrift über die Entwicklung der Schutzgebiete, 
Beilage zum Kol. Bl. 1903, S. 59.) 
Die Erwägungen, welche zu diesem Bestreben 
dringend mahnten, sind so mannigfacher Art und 
so oft nach allen Richtungen hin Gegenstand ein- 
gehender Erörterungen gewesen, daß sie nur kurz 
gestreift zu werden brauchen. 
Der weiße Handwerker verliert ohne Ausnahme 
unter dem Einfluß der Tropen, dem er sich nicht 
entziehen kann, an Arbeitsfähigkeit, Ausdauer und 
Zähigkeit. Er leistet nicht annähernd das, was er 
im gemäßigten Klima leistet. Zur Arbeit unter 
allen Bedingungen wie in Europa, z. B. im Freien 
ohne vor den Sonnenstrahlen schützendes Dach, ist 
er nicht verwendbar. Dazu kommt sehr bald eine 
Unlust zur körperlichen Arbeit, weil er mit dem 
farbigen Handwerker oder wie ein farbiger Hand- 
werker, selbst wenn dieser ihm an Geschicklichkeit 
und Tüchtigkeit in dem erlernten Handwerk — und 
es gibt solche Farbige — überlegen ist, oder vor 
den Augen von Farbigen und Eingeborenen nicht 
arbeiten will. Er wird den farbigen Handwerker 
nie anerkennen, nie mit ihm zusammen arbeiten 
wollen, was aber bei Werftbetrieben gar nicht zu 
umgehen ist. Der weiße Handwerker wird immer 
nach einer Aufsichtsstellung ausschauen, und eine 
Werft mit lauter weißen Handwerkern ist daher in 
hiesigen Verhältnissen eine Unmöglichkeit. Sie wird 
sehr viel Geld an Arbeitslöhnen verschlingen und 
minimale Einnahmen haben. 
Die weißen Handwerker sind fast ohne Ausnahme, 
wenn sie sich nicht in Aufssichtsstellungen befinden, 
unzufrieden. Reparaturen, bei denen längere Zeit 
Tag und Nacht gearbeitet werden muß und auf die 
jede ausländische Werft genau so wie die heimischen 
eingehen und vorbereitet sein muß, kann man in den 
  
Tropen mit weißen Handwerkern gar nicht oder nur 
ausnahmsweise und für ganz kurze Zeit leisten. 
Daher sucht im Auslande jeder gewerbliche Be- 
trieb, jede industrielle wie landwirtschaftliche Unter- 
nehmung die Arbeit möglichst mit farbigem Personal 
zu leisten. So ist auch die Ugandabahn in Britisch- 
Ostafrika gebaut worden und so wird sie heute 
betrieben. 
Die gewünschte Umwandlung in der Flottille 
wurde vor drei Jahren begonnen. Zunächst bot der 
Bau der Ugandabahn durch die dort zu Tausenden 
beschäftigten indischen Handwerker Gelegenheit, all- 
mählich das Kontingent brauchbarer farbiger Hand- 
werker im Flotillenbetriebe zu vergrößern. Dann 
trat ein Stillstand ein, als die Ugandabahn fertig 
war und der Zuzug arbeitsuchender indischer Hand- 
werker aufhörte. Neuerdings ist es indes möglich 
gewesen, wieder eine Anzahl — 14 — besserer 
indischer Handwerker zu erhalten, und seit Mitte 
dieses Jahres gibt es in der Flottille tatsächlich 
nur noch weißes Aufsichts= und farbiges Handwerker- 
personal. 
Die neuen indischen Handwerker sind durchweg 
ältere Leute, die zum größeren Teil auf eine acht- 
bis achtzehnjährige erfolgreiche Ausübung ihres 
erlernten Handwerks zurückblicken können, besitzen 
erstklassige Zeugnisse und mehrere hatten Vorarbeiter- 
bezw. Werkführerstellungen, der eine hat das dritte, 
ein anderer das vierte Maschinistenexamen für die 
Fahrt in den territorialen Gewässern der indischen 
Kolonien. Die Leute leisten durchweg gutes, bis 
auf zwei oder drei, deren Leistungen als mäßig be- 
zeichnet werden müssen, einige leisten vorzügliches, 
und diese nehmen es jederzeit mit guten weißen 
Handwerkern auf. Früher haben die Flottillen- 
werkstätten vergebens versucht, tüchtige weiße Hand- 
werker im Kupferschmiedehandwerk in der Gießerei 
und Tonnerei und Kesselbau zu erholten. Jeltzt ist 
diese Kalamität behoben. Die Werkstätten verfügen 
heute über sieben farbige Kesselschmiede, von denen 
fünf als tüchtig sich erweisen, zwei gute Kupfer- 
schmiede, zwei gewandte Former, drei sehr gute 
Eisen- und Metalldreher und mehrere zuverlässige 
und erfahrene Schlosser, Maschinenbauer und Mon- 
teure sowie vorzügliche Grobschmiede, die z. B. in der 
Hantierung des Dampfhammers durchaus bewandert 
sind. Es herrscht unter den Leuten und in den 
Werkstätten Ruhe und ein gutes Einvernehmen. 
Allerdings erhalten die neu engagierten indischen 
Handwerker höhere Löhne, als bisher Farbigen be- 
willigt worden. Die Leute erhalten monatliche 
Löhne zwischen 120 bis 150 Rup., zwei sogar 
160 Rup. Trotzdem sind fie erheblich billiger als 
os Handwerker, wie nachstehende Aufstellung 
eweift:
	        
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