Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

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in der Stellung der Frau ist zwischen Nord und 
Süd ein großer Unterschied. Während die Frau im 
Norden nicht mehr darstellt als das Lasttier des 
Mannes, so emanzipiert sich die Süd-Neu-Mecklen- 
burgerin wenigstens insoweit von der Bedrückung 
durch den Ehegatten, als sie nicht die ganze Haus- 
und Feldarbeit besorgt, sondern von dem Manne mit 
Erfolg verlangt, daß er sich wenigstens den Feld- 
arbeiten unterzieht. 
Die Neigung der Männer geht dahin, sich ledig- 
lich mit Jagd und Fischfang zu beschäftigen und die 
noch reichlich verbleibende Zeit mit Vorbereitungen 
zu den zahlreichen Tanzfesten auszufüllen, die in dem 
Leben der Eingeborenen eine außerordentliche Rolle 
spielen. Tanzfeste, im Pigeon-Englisch Sing-Sing 
genannt, in der Neu-Mecklenburg-Sprache Malma- 
loang, sind der Schrecken eines jeden europälschen 
Arbeitgebers, gleichviel, ob derselbe Pflanzer, Arbeiter- 
anwerber oder Händler ist. Eine eigentliche Tanz- 
saison gibt es nicht. Es wird aber jede Gelegenheit, 
die eventuell Anlaß dazu geben könnte, mit Freuden 
ergriffen. Kein Todesfall, keine Heirat oder Geburt 
ohne Tanzfest und großes Essen. Abgesehen von 
diesen Ueineren Festen, feiert jeder Stamm alljährlich 
zwel große Feste, zu denen die Vorbereitungen drei 
bis vier Monate vorher getroffen werden. Zunchst 
wird ein großes, vorn offenes Haus gebaut, welches 
zur Aufnahme und Schaustellung der zahlreichen 
Schnitzereien (Malagen) dient, die zum Andenken an 
Verstorbene, bemerkenswerte Taten usw. gearbeitet 
werden. Die Bildnisse großer Häuptlinge werden 
in Kopf= oder Brustformat an den großen Schnitze- 
reien angebracht, und sobald eins dieser Bilder ge- 
schnitzt ist, wird ein kleines Fest gefelert, so daß schon 
biese Vorbereitungen eine ununterbrochene Reihe von 
feierlichen Veranstaltungen bedeuten. Die Weiber 
schleppen in der Zwischenzeit Taros, Nams und 
Feuerholz heran. 
Sind alle Vorbereitungen getroffen, so ergehen 
die Einladungen an befreundete Stämme, und ein 
bis zwei Tage vor der Feier werden die Schweine 
gefangen, geschlachtet und in Bananenblätter gewickelt, 
zwischen heißen Steinen geröstet. Wie gewöhrlich, 
sind auch bei diesen Veranstaltungen die Vorberei- 
tungen das Reizvollste. Die eigentliche Feier nimmt 
einen ziemlich schnellen und geschäftsmäßigen Verlauf. 
Die erschienenen befreundeten Stämme führen in 
rascher Reihenfolge ihre Tänze aus, unter denen 
Speer= und Vogeltänze eine große Rolle elnnehmen, 
erhalten ihren Anteil an dem Essen und begeben sich 
gewöhnlich direkt nach Beendigung der Feier nach 
ihren Dörfern zurück. In den meisten Fällen haben 
die Leute weite, oft tagelange Reisen auszuführen, 
um diesen Feiern beizuwohnen, und wenn man be- 
denkt, daß dies noch vor vier Jahren mit Gefahr 
für Leib und Leben geschah, so wird man sich sagen, 
daß nach unseren Begriffen das Gebotene in keinem 
Verhältnis zu dem Einsatz steht; man wird aber 
auch einen Schluß auf die Leldenschaftlichkeit, mit 
  
der die Eingeborenen sich diesen Festen hingeben, 
ziehen können. Welchen nachteiligen Einfluß die so 
andauernd betriebenen, anstrengenden Vergnügungen 
auf die Arbeitsfreudigkeit und somit notwendigerweise 
auch auf die kolonisatorische Arbeit haben müssen, 
wird auch dem Fernstehenden einleuchten. 
Unser Südseebesitz ist nicht so überreich an vor- 
handenen natürlichen Erzeugnissen, daß die Ent- 
wicklung der Kolonie lediglich durch den Handel 
zu erwarten ist. Die Zukunft Neu-Guineas und 
des Bismarck-Archipels liegt vielmehr in dem 
rationellen Pflanzungsbetriebe, mit dessen Vorwärts- 
gehen auch der Handel zu weiterer Eatwicklung 
kommen wird. Durch die Anlage von Pflanzungen 
wird das Land in weit höherem Maße kultiviert, 
ein solider und nachhaltiger Wohlstand geschaffen. 
Pflanzungen wurden bei Ubernahme des Bezirks 
nur von der Neu-Guinea-Kompagnie und einem 
kleineren Privatpflanzer betrieben. Der Handel Neu- 
Mecklenburgs lag und liegt vorläufig bei drei Firmen, 
die sich eine gewaltige Konkurrenz machen. Besonders 
eine Art von Geschäft ist durchaus geeignet, die 
Ausdehnung des Handels zu verhindern, die Prospe- 
rität desselben zu verringern und die Eingeborenen 
dem Müßiggang zuzuführen. Es ist dies die von 
einem australischen Händler eingeführte Gepflogenheit 
des Kreditgebens an Eingeborene. Die gewöhnliche 
Art, wie dies Geschäft gemacht wird, ist folgende: 
Der Eingeborene erhält eine Kiste mit Waren in 
ungefährem Betrage von 40 bis 150 Mk. und soll 
nun für diesen Betrag Produkte liefern. Obgleich 
nach melnen Erfahrungen sich eine Vorausbezahlung 
an Eingeborene selten bewährt, so ließe sich schließlich 
gegen dies Geschäft nichts einwenden, wenn es sich 
in bescheidenen Grenzen halten würde. Das Land 
ist aber mit diesen Kisten überschwemmt. Die Ein- 
geborenen, mit Waren auf lange Zeit versehen, wer- 
den lässig und jeder Tätigkeit abgeneigt. Gern 
würden die Firmen, die durch ihre Händler in dieses 
Geschäft hineingedrängt sind, einen Riegel vorschieben. 
Keiner wagt aber anzufangen. Eine hohe Besteuerung 
jeder Kiste würde voraussichtlich zum Ziele führen. 
Als ich mit meiner Frau, einigen Dienern und 
acht Soldaten, mehr waren wegen der vorauszu- 
sehenden Unbequemlichkeiten und Gefahren vor der Hand 
nicht zu haben, in Käwieng, dem nachherigen Re- 
gierungssitze, landete, fanden wir mit Ausnahme eines 
kleinen, aus Blättern gebauten Hauses für die Sol- 
daten, noch ein ebenfalls aus Blättern und Rohr 
gebautes, kleines Häuschen vor, welches ein mir von 
früher her bekannter Eingeborener für uns errichtet 
atte. Leider waren wir aber nicht in der Lage, 
dieses Palais völlig für uns in Anspruch nehmen zu 
können, sondern mußten die Hälfte davon an unsere 
Hühner und Enten abgeben, die dazu berufen waren, 
die Stammütter und -väter ihrer Art für Neu- 
Mecklenburg zu werden. Einige gleichfalls mitge- 
brachte Zucht= und Gebrauchspferde fanden eine 
ähnliche Unterkunft wie wir.
	        
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