— Vermeidung von Differenzen infolge der Um-
rechnung — erreicht werden sollte, mußte die Kurs-
berechnung eine sehr genaue sein; der Kurs der
Rupie in Reichsmark wurde deshalb bis auf die
fünfte Dezimalstelle berechnet. Die Verrechnung der
gleichwohl verbleibenden Kursgewinne oder · verluste
erfolgte beim Reservefonds.
An sich schon bedeutete die Umrechnung eines
großen Teils der Einnahmen und Ausgaben des
Schutzgebieis zu einem bis auf fünf Dezimalstellen
berechneten Kurse eine erhebliche Arbeitsbelastung
für die Finanzverwaltung des Schutzgebiets. Dazu
kam, daß die Verhältnisse des Schutzgebiets sehr
komplizierte Vorschriften über die Umrechnung not-
wendig machten. Mit dem allgemeinen Grundsatze,
daß die Umrechnung der Einnahmen und Ausgaben
aus der einen in die andere Währung zu dem
Gouvernementskurse desjenigen Monats, in welchem
ie fällig waren, erfolgen sollten, konnte man nicht
auskommen. Es wurden vielmehr genaue Bestim-
mungen über die Fälligkeitstermine der einzelnen
Kategorien von Zahlungen erforderlich.
Es leuchtet ohne weiteres ein, daß die Beseiti-
gung dieser erheblichen Arbeitsbelastung nur möglich
war auf Grund einer Umgestaltung der Münz-
verhältnisse des Schutzgebiets. Dadurch erfuhr das
Gewicht der wirtschaftlichen und finanzpolitischen
Gründe, die eine Neuordnung des ostafrikanischen
Münzwesens als dringend notwendig erscheinen
ließen, noch eine beträchtliche Verstärkung.
Mit der Anerkennung der Notwendigkeit einer
Resorm des ostafrikanischen Münzwesens sah sich die
Kolonialverwaltung vor die Frage gestellt, wie weit
das der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft im Ver-
trage vom 20. November 1890 belassene Münzrecht
em Reiche die notwendigen Vorkehrungen unmöglich
machte; mit andern Worten, ob und wie weit die
Befugnis der Gesellschaft, Silber= und Kupfermünzen
für Deutsch-Ostafrika zu prägen, der Regelung durch
ie gesetzgebende Gewalt des Reichs in den Schutz-
gebieten unterworfen war. -
In dieser schwierigen Rechtsfrage haben die be-
teiligten Ressorts der Reichsregierung den Stand-
bunkt eingenommen, daß zwar der Gesellschaft nicht
die in der Schutzgewalt des Reichs enthaltene Münz-
oheit zustehe, sondern nur eine der Kontrolle und
eglementierung durch das Reich unterworfene
Prägebeiugnis ; daß aber anderseits der Gesellschaft
lese Prägebefugnis im Wege eines doppelseitigen
und entgeltlichen Vertrags zugestanden sei und daß
mithin dieselbe nicht einseitig durch die Reichsregierung
ohne Entschädigung aufgehoben werden könne.
sa Wenn somit die Reichsregierung nach ihrer Auf-
sassung auch auf dem Boden des bestehenden Ver-
ragszustandes nicht einer jeden Möglichkeit beraubt
dert. wenigsteus auf eine vernünftige Beschränkung
#er Rupienprägungen hinzuwirken, so war doch diese
auffassung von der Begrenztheit des Münzrechts der
auelsshast nicht unbestritten; serner hätte das Reich
diesem Boden bestenfalls nur eine Einschränkung
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der geschilderten wirtschaftlichen und finanziellen Ge-
fahren, nicht aber deren völlige Beseitigung erreichen
können. Infolgedessen erschien die Rückerwerbung
des Münzrechts der Gesellschaft für das Reich als
eine zwingende Notwendigkeit und als die erste
Voraussetzung für eine Neuordnung des deutsch-
ostafrikanischen Geldwesens auf einer gesicherten
Grundlage.
Nachdem die Gesellschaft alsbald nach dem Be-
ginne der indischen Währungsreform beruhigende
Zusicherungen über die künftige Handhabung ihres
Prägerechts gegeben hatte, trat die Kolonial=
verwaltung im Jahre 1896 mit der Gesellschaft in
Verhandlungen ein behufs Rückerwerbung des Präge-
rechts. Die Gesellschaft sollte für den Verzicht auf
ihr Münzrecht dadurch entschädigt werden, daß ihr
seitens der Reichsregierung die Konvertlerung ihrer
auf Grund des Vertrags vom 20. November auf-
genommenen, vom Reiche aus den Zollerträgnissen
des ostafrlkanischen Schutzgebiets zu verzinsenden und
zu tilgenden Anleihe gestattet wurde, und zwar unter
Aufrechterhaltung der im Vertrage vom 20. November
1890 festgesetzten jährlichen Zahlungen des Reichs
im Betrage von 600 000 Mk. Die Verhandlungen,
die sich länger als ein Jahr hinzogen, zerschlugen sich
infolge der Veränderung der Lage des Geldmarkts.
Im Jahre 1901 wurden die Verhandlungen
wieder aufgenommen. Inzwischen hatte Indien seine
Währungsreform durch das Gesetz vom 15. September
1899, das dem Sotvereign gesetzliche Zahlungskraft
zum Kurse von 15 Rupien verlieh, zu einem vor-
läufsigen Abschlusse gebracht. Das anfänglich viel
bezweifelte Gelingen des indischen Währungs-
experiments kam darin zum Ausdrucke, daß seit
dem Jahre 1898 der Rupienkurs in London sich
innerhalb der minimalen, durch die Versendungs-
kosten von Bargeld bedingten Schwankungsgrenzen
auf der erstrebten Parität von 16 d hielt, während
der Silberpreis zeitweise so tief stand, daß der
Silbergehalt der Rupie kaum 8/ d wert war. Es
zeigte sich mithin, daß man mit der durch die
indischen Maßnahmen geschaffenen Differenz zwischen
Kurswert und Metallwert der Rupie als mit einer
dauernden Erschelnung zu rechnen hatte.
Dazu kam, daß die Ausmünzungen der Deutsch-
Ostafrikanischen Gesellschaft seit dem Jahre 1897
sich dauernd auf einer für die Verhältnisse des ost-
frikanischen Schutzgebiets beträchtlichen Höhe hielten.
us diesen Gründen glaubte die Kolonial=
verwaltung die Verantworkung für die Fortdauer des
unhaltbar gewordenen Zustandes des ostafrikanischen
Münzwesens nicht länger übernehmen zu können.
Die neu eingeleiteten Verhandlungen führten
schließlich zu dem Vertrage zwischen dem Reichs-
kanzler und der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft
vom 15. November 1902. In diesem Vertrage hat
die Gesellschaft nicht nur auf ihr Prägerecht ver-
zichtet, sondern auch — abgesehen von gewissen un-
bedeutenden Vorbehalten — auf die sämtlichen ihr
im Vertrage vom 20. November 1890 zugestandenen