Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

28 Inseln, von denen bewohnt sind Raur, Paliän, 
Oleai, Märiom, Tagänlap, Sêliap, Olemari (Ot 
thogon) und Falälls. 
Die Kulturen sind dieselben wie auf Lamutrik, 
teilweise üppiger, aber auch hier fehlen Jams und 
Bambus. Hühner, Schweine und Fische sind zahl- 
reich. Die Inseln sind bis an die Grenze der Be- 
stockungsfähigkeit bepflanzt mit Kokospalmen, die alle 
in saftigem Grün prangen. Die Schildlauskrankheit 
bemerkte ich nur an je einer jungen Palme auf 
den Infeln Mariom und Tagaulap, wohl aber tun 
auch hier die Ratten den Palmen großen Schaden. 
Eine Volkszählung ergab für die einzelnen Inseln 
des Atolls folgendes Resultat. 
Insel Männer Frauen Kinder Summe 
Olemari. 41 40 50 131 
Raur 12 10 7 29 
Palian 15 20 13 48 
Oleai 45 88 50 183 
Mariom 5 15 12 82 
Taganlap 17 21 14 52 
Seliap 26 88 46 110 
Falabis 25 40 11 76 
zusammen 186 272 208 661 
Die Bewohner sind friedfertig, stehen aber an 
Intelligenz, Fleiß und Charakter hinter denen von 
Jap weit zurück, sie sind nur tüchtig als Kanu- 
bauer, Seefahrer und Fischer. Leider haben, wie 
an Ort und Stelle ermittelt werden konnte, in der 
letzten Zeit Krankheiten unter ihnen stark aufgeräumt. 
Nach Aussage der Häuptlinge ist in wenigen Jahren 
ein Drittel der Bewohner gestorben. In erster 
Linte wird die große Sterblichkeit auf Dysenterie 
zurückgeführt, die allem Anschein nach durch den 
übermäßigen Genuß von Sauertoddy (dem in Gä- 
rung übergegangenen Saft aus dem Blütenstand der 
Kokospalme) hervorgerufen wird, dem die Insulaner 
leldenschaftlich fröhnen und, um ihn möglichst scharf 
zu machen, mit Salzwasser gemischt in der heißen 
Sonne am Meeresstrand kochen lassen. Dann sind 
plötzliche Todesfälle nicht selten; der Sterbende soll 
fühlen, wie ein brennender Schmerz, von den Füßen 
ausgehend, sich über den ganzen Körper erstreckt, bis 
er das Herz erreicht. Ein anderes Ubel, das gleich- 
falls den Tod zur Folge haben soll, äußert sich in 
Geschwülsten an Hals und Brust. Augenübel, Ele- 
#antiasis kommen ebenfalls vor, und auch einen Fall 
chwerer Paralyse sah ich bei einem Mann. So 
chrecklich der Anblick war, unter einem harmlosen, 
frohlaunigen Völkchen, umgeben von Gräbern, eine 
Pandorabüchse von Gebrechen ausgestreut zu sehen, 
noch schrecklicher berührte mich der Umstand, daß 
der Tod ganz seinen Stachel verloren zu haben 
schlen. Unter Lachen wurde von den vielen Todes- 
fällen gesprochen, unter Lachen mir die Todes- 
kandidaten gewiesen und mit Lachen die An- 
strengungen des Paralytikers begleitet, der sich mit 
Hilfe von zwei Stöcken mühsam aufrichtete, um das 
  
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heftige Zittern seines kräftigen Körpers zu zeigen. 
Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieses Abgestumpft- 
sein gegen das Unglück auf dessen Häufung zurück- 
zuführen ist. Notwendiger als alles andere ist für 
die Insel ärztliche Hilfe, und ich werde deshalb als- 
ald das Weitere veranlassen. 
Bei Betrachtung der Bevölkerungsziffer fällt das 
unverhältnismäßige Uberwiegen des weiblichen Ele- 
ments auf, dagegen ist das numerische Verhältnis 
zwischen Erwachsenen und Kindern nicht ungünstig, 
wenn man berücksichtigt, daß zu den letzteren nur 
solche im Alter bis zu etwa acht Jahren gerechnet 
werden. Wohl aber war ein Mangel an blühenden 
jungen Mädchen bemerkbar; Mädchen, die ihrem 
Körper und Gesichtsausdruck nach kaum 16 Jahre 
sein konnten, zeigten schon Spuren des Welkens. 
Zunächst habe ich zwei tüchtige Polizeisoldaten 
stationlert, die drei dort wohnende frühere Soldaten 
zu ihrem Beistand heranziehen können, mit dem Auf- 
trag, vor allem das Trinken von Sauertoddy zu 
verhindern, und ihnen zu diesem Zwecke bestimmte 
Strafgewalt eingeräumt, denn auf die Häuptlinge 
ist kein Verlaß. Ihre durch viele Rücksichten ein- 
geschränkte Macht ist nicht größer als die unserer 
Dorfschulzen. Ein Oberhaupt über die ganze Gruppe 
gibt es dort nicht, der schon früher genannte Follebu 
in Jap ist auch Herrscher über Olecai. 
Wirtschoftlich bearbeitet wird die Insel durch 
die Firmen D. D. O'Keefe und S. Murayama in 
okohama, die je eine Handelsfaktorei unterhalten. 
Die jährliche Kopraproduktion Oleais zusammen mit 
der der benachbarten Insel Ifaluk beträgt etwa 
90 bis 100 Tonnen. Zur Verhinderung ungesunden 
Wettbewerbs haben beide Händler auf meine An- 
regung für die gangbarsten Tauschartikel — Tabak 
und Kattun — die glelchen Preise zunächst auf die 
Dauer von drei Jahren vereinbart. * 
Am 29. September verließ ich Oleai. Die ur- 
sprünglich gefaßte Absicht, die Inseln Fais und 
Ugoi zu besuchen, gab ich der vielen Windstillen 
wegen auf. Es wurde deshalb Kurs auf Jap gesetzt, 
wo ich gestern wieder eintraf. 
Samva. 
Exploston des Motorschoners „Neto“. 
Der im Kolonialblatt Nr. 7 vom Jahre 1902 
näher beschriebene Motorschoner „Aeto“ des Kaiser- 
lichen Gouvernements von Samoa ist einer tele- 
graphischen Meldung zufolge explodlert und gänzlich 
verbrannt. Menschenleben waren nicht zu beklagen, 
auch soll die Schuld niemand treffen. ber die 
Ursache der Explosion ist zur Zeit noch nichts be- 
kannt. Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt.
	        
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