Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Männer, darunter auch der Stammeshäuptling 
To Kulau, fast alle mit Speeren bewaffnet, aus 
dem Busch geschlichen. Wie ich jetzt erfuhr, hatten 
ihnen die Lamasso-Leute eingeflüstert, daß in Bälde 
eln großes Schiff mit Soldaten aus Herbertshöhe 
ommen wülrde, um sie wegen ihres Streites mit 
ihnen zu bestrafen. Aus Furcht hierüber sind sie 
alle aus Labum weggeflüchtet. Durch einiges Zu- 
reden beruhigte ich sie und bewog sie auch, mir nach 
ihrem Dorse auf ihrer Insel zu folgen. Nach langem 
Hin= und Herreden der beiden Häuptlinge To Puang 
und To Kulau gelang es mir, den Streit zwischen 
belden Stämmen wieder zu schlichten. 
Auch Häuptling To Kulau und seine Leute be- 
richteten mir, daß sie schwer von To Kabar heim- 
gesucht worden wären; so hätten vor nicht langer 
Zeit die Leute To Kabars vier auf dem Festlande 
in einem Tarofelde arbeitende Frauen, darunter 
seine eigene Tochter, getötet und mit sich wegge- 
schleppt. Da mir die Klagen der Lamassa-Einge- 
borenen über das Treiben des To Kabar und seiner 
Sippe nunmehr bestätigt schienen, beschloß ich jetzt, 
mit bewaffneter Macht strafend gegen ihn einzu- 
schreiten. Als Führer nahm ich auch hier den 
Häuptling und einen ortskundigen Eingeborenen an 
Bord des Schiffes. Da nach Angabe der Einge- 
geborenen bei einem Vorrücken von hier aus über 
die Berge wir den stets auf der Streife befind- 
lichen Leuten des To Kabar zu frühe zu Gesicht 
kümen und dadurch ein Entweichen derselben 
ermöglicht würde, beschloß ich, von der Ostseite 
her vorzugehen. Wir fuhren deshalb um das 
ap St. Georg, Südspitze von Neu-Mecklenburg, 
und gingen in der Liklliki-Bucht vor Anker. Bei 
unserer Ankunft dort neigte sich die Sonne schon 
sehr dem Untergange zu. Ein Vorrücken an diesem 
age, zumal auch nach Aussage unserer Führer der 
latz des To Kabar weit im Innern gelegen war, 
schien nicht mehr ratsam. Am nächsten Morgen ließ 
ich mich vor Tagesgrauen durch die Boote des 
„Seestern“ mit meinen Polizeijungen an Land setzen, 
alsdann wurde unter meiner Führung der Vor- 
marsch ins Innere angetreten. Kapitän Möller 
vom „Seestern“, der sich mir angeschlossen hatte, 
übernahm die Führung der Nachhut. Wir zogen 
zuerst in nördlicher Richtung über eine breite Fluß- 
arre dem Strande des Meeres entlang, sodann 
über Tarosümpse durch etwa einstündigen Busch, bis 
wir an ein ungefähr 1200 m breites, meistenteils 
mit Kieselsteinen übersätes Flußbett kamen. Dieses 
nahmen wir jetzt zum Wege. Nach vierstündigen 
austrengendem Marsche, wobei wir das in unendlich 
* Biegungen durch das Tal sich windende Fluß- 
* unter fortwährendem Regen teils watend, teils 
gtwimmend unzählige Male überschreiten mußten, 
Fehen wir auf einer durch Ülberflutungen des 
d usses gebildeten Kieselbank auf einige Kanaken, 
er sobald sie unserer ansichtig wurden, die Flucht 
Hrrifen. Dieselben hatten sich, wie aus den in 
ngst und Eile zurückgelassenen Gegenständen zu 
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schließen war, zum Fischen oder Krebsen von ihren 
Bergen an den Fluß begeben. Von hier aus 
marschierten wir noch eine Stunde immer durch 
das Flußbett weiter, bis das Tal durch einen hohen 
Bergesrücken sich teilte. Der Fluß verlor sich nach 
der linken, westlichen Seite, während wir rechts in 
östlicher Richtung marschierten. Große Taro- 
pflanzungen auf noch fernen Bergesrücken zeigten 
uns an, daß wir bald in der Nähe von Einge- 
borenenniederlassungen uns befinden mußten. Nach 
kaum ½ Stunde Marsch bezeichneten uns auch 
unsere Führer eine unweit gelegene Anhöhe, aus 
der Rauch emporstieg, als den Platz des To Kabar. 
Als wir kaum auf halber Höhe angelangt waren, 
wobei ich den linken, Kapitän Möller den rechten 
Flügel führte, wurden wir mit einem Hagel von 
Steinen und Speerwürfen begrüßt, ohne daß jedoch 
jemand verwundet worden ist. Die vorher flüchtig 
gegangenen Kanaken hatten offenbar unser Anrücken 
gemeldet. Wir gingen nun im Sturme gegen das 
Dorf vor. Im Kampfe fielen sechs Eingeborene. 
Unserseits wurde niemand verletzt. Das Dorf 
selbst war bei unserer Ankunft geräumt. Bei der 
Verfolgung der Elngeborenen durch die Polizei- 
truppe wurden noch zwei weitere Kanaken getötet. 
Da inzwischen der Abend hereinbrach, eine 
weitere Verfolgung in die steilen Schluchten des 
südlichen Roffelgebirges voraussichtlich ohne Erfolg 
geblieben wäre, die ertellte Strase mir auch als 
ausreichende Sühne erschien, bezogen wir am Plotze 
To Kabars das Lager. Am nächsten Morgen 
traten wir, nachdem wir vorher noch, um eine Rück- 
kehr der Kanaken nach diesem Platze unmöglich zu 
machen, die vorhandenen Hütten niedergebrannt 
hatten, den Rückmarsch nach dem „Seestern“ an, 
um noch am gleichen Tage nach Labum und Lamassa 
zu gelangen, woselbst wir unsere Führer wieder ab- 
setzten. Da mich vor meiner Abfahrt die beiden 
Stammeshäuptlinge darum angingen, ihnen ebenso 
wie den mit ihnen im Verkehr stehenden Häupt- 
lingen in Birara Mütze und Stab, die Abzeichen 
der vom Gouvernement bestellten Häuptlinge, zu 
verleihen, entsprach ich gerne im Interesse der Aus- 
gestaltung der angebahnten Organisation ihrem 
Antrage. 
Anderen Tages erreichte der „Seestern“ über 
Mioko wieder Herbertshöhe. 
Bel elner zweiten vor einigen Tagen abermals 
nach Süd-Neu-Mecklenburg unternommenen Fahrt 
wurde mir von den Häuptlingen To Puang und 
To Kulau berichtet, daß To Kabar sich mit seinen 
Leuten in der Richtung nach Wuliama in die Berge 
zurückgezogen habe und ihnen von dort aus Freund- 
schaft angeboten habe. To Kulau habe sich dann 
auch, mit den ihm kürzlich verliehenen Häuptlings- 
abzeichen bekleidet, zu ihm begeben und habe mit 
ihm Frieden geschlossen. Sicher ein Zelchen, daß 
die dem To Kabar erteilte Lektion ihre beabsichtigte 
Wirkung nicht verfehlt hat. 
 
	        
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