umd nicht wüßte, was das plötzlich alles zu bedeuten
hätte. Beim Missionar zurückgeblieben waren nur
der bei der Mission als Schulmeister tätige älteste
Sohn des Kapitäns Witboi, Klein Hendrik, und
einige Männer. "
Aus allem hatte ich nunmehr aber die Uber-
zeugung gewonnen, daß irgend etwas Ernstes im
Gange set und ich berechtigt wäre, den zweiten Befehl
des Herrn v. Burgsdorff auszuführen und vorläufig
die nötigsten Maßnahmen zu treffen. Ich ließ darauf-
hin die Ansiedler, welche sich am Platze befanden,
zur Station bitten, teilte ihnen den wahren Sach-
verhalt mit, richtete in Verbindung mit den weißen
Männern des Plahzes Wachen und ständige Patrouillen
ein und sundte sofort Freiwillige nach verschiedenen
Richtungen des Bezirks, um die Farmer zu warnen
und ließ sie auf bestimmte Plätze bis auf welteres
zusammenziehen. Die vom Platz etwas entsernt
wohnende Frau v. Burgsdorff sowie den Lehrer Just
mit seinen Schulkindern ließ ich zum Ubernachten
zur Station kommen, während die anderen Bewohner
des Platzes in ihren Häusern verblieben. Ungefähr
um 11 Uhr nachts lam der Missionar Spellmeyer zur
Station und erbat für sich und seinen Schulmeister
Pferde, um den Eingeborenen nachzureiten und die-
selben zurückzuholen; ich stellte ihm die Pferde, und
er ritt sofort ab.
Als ich um 12 Uhr nachts die Wachen rebidierte,
hörte ich auf dem Wege von Rietmond her einen
Wagen kommen und ging demselben entgegen; es
war Herr Brandt aus Marienthal mit seiner Familie
und zwel Söhne des Ansiedlers Hußfeld; auf meine
Frage, was es auf Marienthal und Umgegend neues
gäbe, sagte mir Brandt, es wäre dort alles in
Ordnung. Nachdem ich ihm die ernste Lage mit-
geleilt hatte, sagte er mir, daß dies unmöglich wäre,
da er erst am vorigen Abend von selnem Haufe
fortgefahren sei und dort ouch nicht die leisesten
Anzeichen von etwas Derartigem vorgelegen hätten,
sein Schwager Oskar Mähler habe ihm kurz vor
der Abfahrt von der Station aus noch seine Post
gesandt und ihm geschrieben, daß es in Rietmond
nichts Neues gäbe, auch daß der Unteroffizier Held
am anderen Tage nach Rietmond reite, um den aus
dem Damaraland desertierten Witbols die Gewehre
abzunehmen; dem Herrn v. Burgsdorff, welchen er
auf dem Wege getroffen, hätte er auf seine Frage,
was es Neues gäbe, dosselbe geantwortet. Auf meine
Aufforderung hin, bei der Station auszuspannen, da
die Schulkinder alle in der Station wären — Brandt
wollte seine Kinder in die Schule bringen — ant-
wortete er mir, das täte er nicht, denn das, was
ich ihm soeben gesogt hätte, wären doch nur leere
Gerüchte und er zöge vor, unten am Platze aus-
zuspannen; was er auch tat.
Gegen Morgen des 4. Oktobers war der Mis-
sionar Spellmeyer mit einem großen Teil von ein-
geborenen Frauen und Kindern zurückgekehrt, und
trafen am Vormittag noch wieder welche ein, so daß
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es beinahe den Anschein hatte, als wäre das Volk
nur aus einer unbekannten Furcht geflohen. Am
Vommittag hellographierten verschledene Farmer von
Hanaus aus, daß sie dort versammelt wären und
was nun des weiteren zu geschehen hätte, worauf
ich die Antwort herausgab: „Frauen und Kinder
nach Gibeon hereinkommen, Männer bis auf welteres
La bei der Station blelben, bis ich Verstärkung
ende.“
Am Nachmittag spät traf der Farmer A. de Wet
mit seinen Frauen von Sechskamelbaum aus auf
Gibeon ein und sagte mir, daß er die Lage draußen
nicht mehr für sicher hielte und deshalb seine Familie
in Sicherheit brächte. Gleichzeitig teilte er mir mit,
daß er auf dem Wege nach Gibeon einen Trupp
Pferde gesehen, welche in der Richtung Fischrivier
aufwärts nach Swartdorn getrieben seien und jeden-
falls vom Truppenposten Hatsium stammten. Eine
sofort nach Swartdorn entsandte Patrouille kehrte
unverrichteter Sache zurück.
Als ich nach Dunkelwerden in meiner Wohnung
mit Abendessen beschäftigt war, wurde ich heraus-
gerufen und traf dort den Missionar Spellmeyer,
welcher mir Meldung brachte, daß die Witbois im
Aufstande und die Absicht hätten, am nächsten Morgen
den Platz anzugreifen; erfahren hätte er es von dem
ältesten Sohne des Kapitäns, welchen Gewissensbisse
zu diesem Verrate getrieben hätien. Nachdem ich
mit dem Missionar noch verschiedenes besprochen,
ließ ich sämtliche weiße Männer, Frauen und Kinder
zur Station kommen und darin unterbringen. Dann
tellte ich meine Besatzung, welche nunmehr aus zwei
Unteroffizieren, zwei Mann und 27 Zivilisten be-
stand, ein und ließ die Station mittels Proviant-
säcken, Wellblech und Balken in Verteldigungszustand
setzen. Von den Gefangenen wurden alle verfügbaren
Gefäße in die Station geschafft und mit Wasser ge-
füllt sowie Brennholz besorgt. Gegen Morgen des
5. Oktober waren die notwendigsten Arbelten beendigt
und erwarteten wir den Angriff. Kurz vor Sonnen-
aufgang ließen sich einige feindliche Patrouillen sehen,
ein Angriff erfolgte jedoch nicht. Nach Tagwerden
sandte ich stärkere Freiwilligenpatrouillen nach allen
Richtungen aus, um die außerhalb befindlichen An-
siedler zu verstärken und nach Gibeon zu bringen.
Mit den zurückbleibenden Mannschaften wurde an
den Befestigungen weiter gearbeitet und alle nötigen
Bestände aus den Kaulgeschäften in die Station
geschafft. Am Mittag kehrte eine Patrouille von
Hatsium zurück und brachte die Meldung, daß der dort
statlonierte Reiter Gröber ermordet aufgefunden sei.
Am 4. abends hatte ich den Ansiedler Technau mit
einer Meldung über das Geschehene bereits mit der Bitle
um Verstärkung nach Keetmanshoop abgesandt. Am
Morgen des 5. Oktober sandte ich heliogrophische Mel-
dungen an das Gouvernement und nach Keetmanshoop.
Am Nachmittag trafen die ersten geretteten Ansiedler
mit ihren Frauen und Kindern auf Gibeon ein, die
meisten davon hatten nur mit Unterstützung der aus-