Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

160 engl. Meilen, von selner Mündung in den 
Benus an gerechnet, im September und Oktober 
schiffbar ist, was für den Verkehr der Stationen in 
Bauschi und Bornu von großer Bedeutung ist. 
Bel Lokodja und Zungeru, der neuen Haupt- 
stadt in der Nähe des Kaduna-Flusses, sind neue 
Wege angelegt, die Bahn von Baro am Niger über 
Bida nach Zungeru bis Kano ist fertig vermessen, 
die Uberbrückung des Bako-Flusses scheint das ein- 
zige größere Hindernis zu sein. Zur Förderung 
des Verkehrs nummt die Regierung auf dem Niger, 
in dem bei Lokodja zur Sicherung der Fahrt mehrere 
Felsen weggesprengt worden sind, in ihren Dampfern 
nunmehr auch Privatpersonen und Frachten mit. 
Die Sätze für Fahrten zwischen Burutu und 
Lokodja sind: 
a) für Personen (stromauf) nach Klassen 8 4, 2, 1. 
b) für Frachten je nach dem Wasserstand strom- 
auf — nicht mehr als 20 Tonnen — 30 shb. bis 
4.2, stromab 15 sh. bis 8 1 für 1 Tonne. Die 
Zahl der Schiffe ist im Berichtsjahr vergrößert, ins- 
besondere ist eln Doppelschraubendampfer für den 
Oberkommissar angeschafft. 
Unter den Hauptstationen findet, und zwar auf 
einer Strecke, die in 1500 engl. Meilen Land= und 
1000 Meilen Wasserweg besteht, vierzehntägiger 
regelmäßiger Postverkehr statt, dessen Umfang sich, 
soweit der Privatverkehr in Betracht kommt, im 
Berichtsjohr auf Beförderung von 54 000 Briefen, 
7000 Depeschen und 4500 Paketen belaufen hat. 
Das Telegraphennetz ist um 218 engl. Meilen auf 
875 Meilen erweitert. 
In Lokodja und Zungeru sind eine Anzahl öffent- 
licher Gebäude, Milltärbaracken, die Statlonsmesse, 
ein Hosoital gebaut oder vollendet. Die Wertt- 
und Brückenbauten in Lokodja und Burutu sind 
zum Tell fertig gestellt. 
Im Bericht wird — allerdings ohne jede Zahlen- 
angabe — die Zunahme des Handels hervorgehoben. 
Der Flecken Jega (bei Gando) entwickelt sich durch 
den Karawanenverkehr von Lagos aus zu einem 
Handelsplatz wie Kano. Dabel hat die Um- 
wandlung der bisher in den einzelnen Städien er- 
hobenen Maute in einen allgemeinen staatlichen Zoll 
dem Handel um so weniger Abbruch getan, als die 
mit Durchführung der britischen Verwaltung erlangte 
Sicherheit der Karawanenstraßen des Protektorates 
selbst bis Tripolis gerühmt wird. Die Araber 
werden für Kano als Handelsleute der staatlichen 
Förderung empfohlen, well sie eine gewisse dem 
Charakter der eingeborenen Stämme angepaßte 
Zivilisation mit ins Land bringen. 
Man verspricht sich für die Zukunft viel von der 
Elnfuhr von Nachahmungen einheimischer Bekleidungs- 
gegenstände. Gestiegen ist die Einfuhr von eng- 
lischem Salz, Kleldungsstücken, dann auch von Zünd- 
hölzern, Perlen, gefärbten Garnen. Die Bassa- 
  
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Leute schmuggeln viel Wachholderbranntwein. Als 
Ausfuhrartikel sollen Vleh, Pferde, Kolanuß in Jega, 
Gummi in Bassa und Nassarawa, Baumwolle — 
insbesondere auch wegen der guten Wasserwege — 
in Nupe, Holz, Shlbutter (Pflanzenwachs), Palmöl, 
Kola= und Erdnuß, Tabak und Baumwolle im Osten 
des Protektorats eine Zukunft haben. Der Bericht 
bedauert, daß die auch mit dem Einfuhrverbot von 
Maria-Theresia-Taler von der Regierung ange- 
strebte Hebung des Umlaufs von britischem Silber- 
geld durch den grundsätzlich nur als Tauschverkehr 
betrtebenen Handel der verbreitetsten europäischen 
Firma erschwert wird. Auch sonst wird über Rück- 
stand der europälschen Handelsleute geklagt, insbe- 
sondere daß sie den mit Erkennung der Schiffbarkeit 
des Gongola-Flusses gewonnenen Vorteil der Aus- 
beutung jener gummi= und kautschukreichen Gegenden 
nicht wahrnehmen. 
Der Sklavenhandel in Sokoto und Kano ist mit 
dauerndem Erfolg unterdrückt, der größte Sklaven- 
markt des Protektorates in Jege ausgehoben. Die 
Gerichte haben etwa 800 Negern die Freiheit ge- 
geben. Der Bestand des in Zungeru nunmehr 
fertiggestellten Heims für freigelassene Farbige hat 
ch am 31. Dezember 1908 auf 184 Köpfe be- 
laufen. Die Leute werden in der Wäscherei, mit 
Garten= und Hausarbeit beschäftigt, es gibt Näh- 
und sonstige Unterrichtsstunden. Die Sterblichkeit 
ist ziemlich hoch, Kinder sollen tunlichst anderweit 
untergebracht werden. 
17 Arzte sind in Nord-Nigerla tätig. In den 
Regierungskrankenanstalten usw. sind 1903 etwa 
4000 farbige Kranke behandelt, davon allein über 
700 wegen Geschlechtskrankheiten. Einer Pocken- 
epidemie in Lokodja (77 Kranke) erlagen acht Personen. 
Die auch für die Sicherheit der Weißen anzustrebende 
Förderung der Impfung bei den Negern wird durch 
den Umfang des Protektorates sowie dadurch, daß 
die Lymphe nur wenige Wochen brauchbar ist, sehr 
erschwert. 
Den Schwarzen in den Niger-Tälern soll übrigens 
eine Milchkur die — tatsächlich vorhandene — 
Immunität gegen die den Weißen so gefährlichen 
Moskitos geben. 
Das Klima ist auch sonst, insbesondere in der 
Regenzelt, September bis Dezember, für Europäer 
schlecht zu ertragen. Es wird zwar durch Drainage, 
durch Beförderung der Erlangung guten Trink-= 
wassers und gute Wohnungen viel getan, gleichwohl 
treten Malaria und Ruhr durchweg häufig auf, im 
Berichtsjahr sind sechs Sterbefälle an Schwarzwasser- 
sieber bei 16 Kranken zu vermerken. Die Sterblich- 
keit unter den nichtbeamteten Weißen (etwa 30 Per- 
sonen) ist von 4⅜ä v. H. (1902) auf 17 v. H. (1908) 
gestiegen, im ganzen sind von allen Weißen (809 Per- 
sonen) 1909 18 gegen 9 von 290 im Jahre 1902 
gestorben, d. i. 5 v. H. (1908) gegen 3 v. H. 
1902. In Zungeru beträgt der Prozentsatz 10 v. H.
	        
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