Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

andern sind Eigentum von Sultanen, Arabern oder 
Indern. Eine nennenswerte Bedeutung haben diese 
Dhaufahrzeuge für den Seeverkehr kaum noch, seit 
die von Mombassa aus gebaute Uganda-Eisenbahn in 
Kisumu oder richtiger bezeichnet in Port Florence 
den Viktoria-Njansa erreicht hat, und ihre Wichtig- 
keit und ihr Wert sinken von Tag zu Tag mehr, seit 
von der Verwaltung der Uganda-Eisenbahn die 
beiden Dampfer „Winifred“ und „Sybil“ auf den 
See gebracht wurden, die seit nunmehr einem Jahre 
regelmäßige Rundfahrten ausführen und alle Handels- 
plätze in dreiwöchentlichen Intervallen mit Port 
Florence und unter sich verbinden. Die Bahn- 
verwaltung trägt sich bereits mit der Absicht, den 
Verkehr der Dampfer zu einem 14 tägigen zu ge- 
stalten und einen dritten Dampfer, größer als die 
beiden andern, zu bauen und sofort in den Dienst 
einzustellen. Mit diesem Zeitpunkt wird der 
Dhauverkehr noch viel unbedeutender werden und 
sich, wie er es schon jetzt ist, immer mehr auf die 
Kisumu zunächst gelegenen Orte am See be- 
schränken. Der Dhauverkehr wäre ohnehin bei den 
sehr unregelmäßig wehenden Winden, die durchweg 
nur lokalen Charakter haben, nie ein ernstlich zu 
erwägender Faktor gewesen, um für den sich sehr rege 
entwickelnden Handel der Territorien am See ein 
hinreichendes und genügend zuverlässiges Mittel 
darzustellen und dem sich immer mehr hebenden 
Import schwerer Maschinen für Bewirtschaftung des 
Bodens, Ausbeute der Goldfelder in Jkoma usw. 
zu genügen. 
b) Englischerseits: 
Die Verkehrseinrichtungen der Engländer auf 
dem Viktoria-See beschränkten sich bis noch vor 
zwel Jahren im wesentlichen auf den gleichen Um- 
fang wie die vorgenannten deutschen Einrichtungen. 
Wohl verfügte das Uganda-Protektorat schon länger 
über einige kleine Dampffahrzeuge und Segler; 
aber sie leisteten und leisten noch heute, wie der 
Bootspark der deutschen Stationen, nur lokale 
Dienste und kommen daher für den Handel und 
Verkehr nicht zur Geltung. So besitzt das Uganda- 
Protektorat einen etwa 90 Tonnen großen Dampfer 
„Mac-Kennon“, und eine Dampfpinasse „Biktoria“, die 
beide in Entebbe stationiert sind und nur für 
Dienstfahrten der Beamten und Offiziere dienen. 
Es sind ferner ein kleines Dampfboot „Ruwensort“ 
und ein Segelkutter in Kisumu vorhanden, die hin 
und wieder zu Postzwecken Verwendung finden, und 
der kleine, der Bahnverwaltung gehörende Dampfer 
„Percie Anderson“ und ein gleich großer Dampfer 
„Kampala“, neuerdings in „Irene“ umgetauft, der 
sich in Privatbesitz befindet und zum Verkaufe aus- 
geboten wird. Die Dhauschiffahrt der Engländer 
auf dem See ist etwa doppelt so groß als die 
unserseits geführte. 
Einrichtung der Dampfschiffahrt dasselbe Schicksal 
wie die deutsche Dhauschiffahrt. ; 
Die Sachlage änderte sich mit einem Male, als 
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Sie erleidet natürlich selt der- 
  
die Uganda-Eisenbahn den Hafenplatz Kisumu und 
damit den See erreichte. Es ist staunenswert, wie 
dieses Verkehrsmittel, auf welches von fast allen 
Selten hinsichtlich des pekuniären Erfolges und einer 
in absehbarer Zeit sich ergebenden Rentabilität mit 
wenig günstigen Blicken geschaut wurde, und dessen 
Unternehmen wohl den meisten nur als wichtiges 
strategisches Bauwerk der Engländer verständlich 
erschien, in der kurzen Zeit seines nunmehr 3⅛/= 
jährigen Bestehens elnen so ungeheuren Einfluß nicht 
nur auf die am See gelegenen Gebiete hat ge- 
winnen können, sondern seinen Einfluß auf weiter 
entfernt liegende Gebiete auch unserer Kolonie in 
einer Weise ausübt, daß sich die Physiognomie 
Inner-Ostafrikas mit seinen bis dahin fast sta- 
gnierenden Handels= und Verkehrsverhältnissen nicht 
unwesentlich verändert hat und täglich weiter 
verändert. 
Heute zeigen sich in den Ländern am Viktoria-See 
und den daran angrenzenden Bezirken Perspektiven, 
an die noch vor zwei Jahren nur wenige geglaubt 
hoben. Heute find die Aussichten, diese Territorien 
zu Quellen eines üppigen Handels und Verkehrs zu 
erschließen, kein leerer Wahn mehr, und das Zauber- 
mittel, welches die bislang schlummernden Kräfte zu in- 
tensiver Entfaltung sich plötzlich regen hieß, war die 
Ugandabahn. 
Kaum hatten die Engländer mit ihrer 
Bahn den See erreicht, als sie auch schon er- 
kannten, daß die Beherrschung des Verkehrs 
auf dem See, ein sehr wichtiger Faktor in 
der Entwicklung der Seegebiete und der Nachbar- 
territorlen und eine nicht zu unterschätzende Ein- 
nahmequelle für dle neue mit so erheblichen Geld- 
opfern gebaute Eisenbahn zu werden verspräche. 
Die Verwaltung der Uganda-Eisenbahn setzte daher 
mit großer Schnelligkeit im Laufe von nicht ganz 
zwei Jahren 2 größere Dampfer „Winifred“ und 
„Sybil“ auf den See (jeder Dampfer hat ein 
Fassungsvermögen von 687 Tonnen), und indem sie 
die Durchfrachtung der mit der Uganda-Eisenbahn 
zur Verladung gelangenden Güter und die Beförderung 
der Passagiere über den See selbst übernahm, sicherte 
sie sich sofort die Herrschaft auf dem See hin- 
sichtlich des Verkehrs. 
Die beiden Doppelschraubendampfer „Winifred“ 
und „Sybil“ sind Schwesterschiffe. Sie sind 
175 Fuß zwischen den Perpendikeln und 196 Fuß 
„über alles“ lang und 34 Fuß breit, bei einem 
Tiesgang von 6 Fuß leer und 8 Fuß mit voller 
Ladung. Ihre flache Bauart ohne Kiel wurde 
bedingt durch die wenig günstigen Tiefenverhältnisse 
des Viktoria-Rjansa, die sich besonders in der Bucht 
von Kisumu unliebsam bemerkbar machen. Die 
Kisumu-Bucht weist zum Leidwesen der Engländer 
nur eine durchschnittliche Tiefe von 9 Fuß auf. 
Man wird es daher erklärlich finden, daß die Eng- 
länder, da fle heute aus dem Gang, den die 
Entwicklung ihres Dampferverkehrs genommen hat,
	        
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