Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

120 Herero im Gefecht gefallen, 572 gefangen ge- 
nommen, 60 Gewehre und einiges Vieh erbeutet 
worden. Das Kaoko-Feld hatte Hauptmann 
v. Oertzen bereits im Mat vom Feinde frei gefunden. 
Im Nama-Land griff Hauptmann v. Erckert den 
6. Juni am Gamtop-Revier (80 km östlich der 
Großen Karas-Berge) eine Werft von Hottentotten 
der Bande Morengas an. Der Feind ließ vier Tote 
und vier Verwundete liegen, diesseits keine Verluste. 
Die Nachricht, daß Hendrik Witboi auf englischem 
Gebiet bei Lehutitu sitze, wird erneut bestätigt. 
222. 
Den 27. Juni. 
Die Kompagnie des Hauptmanns v. Erckert, die 
schon am 6. Juni ein erfolgreiches Gefecht am 
Karib= (Gamtoap) Rivier hatte, überraschte am 
14. Juni erneut eine feindliche Werst an diesem 
Rivier. Der Feind verlor 25 bis 30 Tocte, 
250 Stück Großvieh, 40 Pferde und Esel. Dies- 
seits wurde 1 Mann verwundet. 
Major v. Kamptz mit der Abtellung Siebert 
marschierte, von der Ostgrenze kommend, ebenfalls 
längs des Karlb= (Gamtoap) Riviers und stleß am 
17. Jumi auf die gesamte Bande Morengas, die in 
dem außerordentlich schwierigen Gelände verzweifelten 
Widerstand leistete. Die Abteilung Erckert eilte auf 
den Kanonendonner herbel, und nach 14stündigem, 
schwerem Kampfe gelang es, die seindliche Stellung 
zu nehmen. 
Die deutschen Truppen verloren 15 Tote, 
8 Vermißte und 25 Verwundete, unter diesen 
Major v. Kamptz. Hauptmann Siebert übernahm 
das Kommando. Die Höhe der feindlichen Verluste 
ist noch unbekannt. 
Am 198. Juni verfolgte die Abteilung und ver- 
eitelte dadurch die Versuche der Hottentotten, ihr 
zahlreiches versprengtes Vieh wieder zusammenzu- 
treiben. Der Gegner flüchtete nach Narus, der 
wichtigsten Zufluchtsstätte der Bande Morengas, 
das in beherrschender, wasserreicher Stellung am 
Karib-(Gamtoap) Rivier gelegen ist. Am 19. Juni 
nahm Hauptmann Siebert Narußs. Die Hottentotten 
flüchteten in südlicher Richtung, die Verfolgung wird, 
teilweise durch frische Truppen, fortgesetzt. 
Der Bethanierkapitän Cornelius, den Hauptmann 
v. Koppy am 27. Mai bei Geious schlug, hat sich 
in der Gegend von Kochas am Fischfluß wieder 
festgesetzt. Er soll sich dort mit Morris vereinigt 
haben, der zeitweise in der Gegend südlich von 
a#rmbad auf englisches Geblet geflüchtet war. 
Major Graeser mit 3 Kompagnien, 4 Geschützen 
und 2 Maschinengewehren ist im Vormarsch zum 
Angriff gegen Cornelius. 
Die Kapstädter Presse hat mehrfach falsche 
Nachrichten gebracht, unter anderem behauptet, 
Warmbad sel von den Aufständischen genommen 
worden. Diese Meldungen entbehren jeder tat- 
sächlichen Grundlage. 
  
407 — 
Deutsch-Meu-Guinea. 
Bericht des geschäftsführenden Lizegonverneurs in 
Ponape über den Orkan vom 20. April 1905.5) 
Ponape ist am 20. April d. Is. durch einen 
schweren Taifun heimgesucht worden, der in wenigen 
Stunden die gartengleiche, einer überreichen Vege- 
tation sich erfreuende Insel in ein ödes Trümmer- 
feld verwandelt hat. Der Vorgang hat sich derart 
schnell vollzogen, die Zerstörung ist eine so gren- 
zenlose, der Übergang vom blühenden Sein zum 
starren Nichtsein ein dermaßen schroffer, daß das 
Empfinden sich noch immer dagegen sträuben will, 
die traurige Tatsache für mehr als das Trugbild 
eines bösen Traumes anzusehen. 
Von der Wucht des Orkans zeugt am ein- 
dringlichsten der Stumpf einer Kokospalme, welche 
in einer 50 cm Durchmesser haltenden welligen 
Fläche von einer der vielfach Hunderte von Metern 
weit fortgeschleuderten Wellblechplatten durchschnitten 
ist. Einer Eingeborenen hat eine solche den halben 
Kopf abgerissen. Im ganzen sind im Taifun 
zwölf Menschen, sämtlich Farbige, umgekommen. 
Daß von Weißen niemand getötet wurde, ist ein 
wunderbar glücklicher Ausgang, wenn man die große 
Zahl der umhergewirbelten Gegenstände wie Well- 
blech, Haus= und Baumteile, Möbel, Mauersteine 
in Betracht zieht. Die See überflutete die Werft; 
ein an der letzteren liegendes Kanu wurde über die 
Veranda eines Hauses hinweg auf das Land geworfen. 
Die Inseln Na, Naningi, Mal und andere sind 
glelchfalls überflutet, die Insel Napall dabeil an 
zwei Stellen durchbrochen. Wie aus der Werft 
Steine herausgerissen und auf sie hinaufgetrieben 
wurden, so hat der Sturm auch auf vielen Stellen 
der Riffe Korallenstücke aufgetürmt. Die Zahl der 
verletzten Farbigen, deren mehrere in die See 
gestürzt wurden, hat noch nicht genauer ermittelt werden 
können; immerhin wird sie Zweihundert übersteigen. 
Die aus den Gebäuden der Regierung, der Ka- 
puziner-Mission, zweier kaufmännischen Firmen und 
einiger Farbigen bestehende Kolonie ist bis auf 
wenige ragende Reste und die starke, ebenfalls be- 
schädigte Umfassungsmauer nahezu dem Erdboden 
gleich gemacht worden. Das gleiche trübe Bild in 
Langar, wo die Jaluit-Gesellschaft ihre erst kürzlich 
ganz ausgebaute, umfangreiche Handelsnlederlassung 
besitzt, — das gleiche in Oa, wo sich das ansehn- 
liche Anwesen der amerikanischen Mission befindet, — 
das gleiche endlich auf der ganzen übrigen Insel. 
Ziemlich verschont geblieben ist nur die Kirche der 
Kapuziner-Mission in Jokoj und, wie man erzählt, 
ein Eingeborenenhaus in Metalamin. 
Die beiden Schiffe, welche im Hafen liegen, der 
lang erwartete, erst zwei Tage vorher aus San 
Francisco eingetroffene Regierungs-Motorschuner 
„Ponape“ und der der Jaluit-Gesellschaft gehörige 
Motorschuner „Diana“ liegen gestrandet auf den 
*) S. M. S. „Seeadler“ ist auf vie Nachricht von dem 
Taifun hin von Tsingtau nach Ponape entsandt.
	        
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