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bemüht ist, erhellt auch aus der Tatsache, daß seine
Züchter im Laufe der vier Jahre 1897 bis 1901
von England 3628 Rinder und 22 668 Schafe,
ohne die Pferde zu zählen, kauften.
Eine weitere größere Informatlonsreise unter-
nahmen wir nach Fray-Bentos in Uruguay, wo uns
von den Herren Direktoren Dütting und Mener der
Liebig-Fleisch-Extract-Co., auf das bereitwilligste
das aus den verschiedenen nördlichen Landesteilen
Argentinlens zu Schlachtzwecken aufgekaufte Vieh ge-
zeigt wurde. Wir fanden auch bei diesem zusammen-
gewürfelten Lot den größeren Tell aus Kreuzungen
hervorgegangen. .
Während wir die Hinreise nach Fray Bentos zu
Dampfer auf dem Uruguaystrome unternahmen, be-
nutzten wir auf dem Rückwege nach Buenos Aires
die Eisenbahn, um dadurch ein Stück der Republik
Oriental del Uruguay kennen zu lernen. Wir mußten
erst noch eine Strecke stromaufwärts — bis Pasy-
sandu — mit dem Dampfer fahren und hatten dann
von hier aus Bahnverbindung über Rio Negro nach
Montevideo, eine Länge von 479 km. Von Monte-
video kehrten wir nach Buenos Atres über den
La Platastrom per Dampfer zurück. Die durch-
fahrenen Teile Uruguays haben im Gegensatz zu
Argentinien welliges bis hügeliges Terrain mit
steinigem Untergrund. Auch hier ist wenig natür-
licher Baumbestand vorhanden, nur die Flußläufe
sind mit niederem, dornigem Buschwerk, welches dem
unseren ähnelt, bestanden; auch der Graswuchs
gleicht mehr dem unsrigen, aber das entlang der
Bahnstrecke angetroffene Vieh war im schlechten
Futterzustande, eine Folge der Dürre der voran-
gegangenen sechs Monate. Der uruguaische Vieh-
bestand ist in den letzten Jahren infolge der öfteren
und langandauernden Revolution sehr zurückgegangen.
Für Exportzwecke ist deshalb hier Zuchtvieh schwer
erhältlich, Herefordkreuzungen sind vorherrschend.
In Mexiko trafen wir am 18. April ein. Unfre
Reise hierher hatte uns von Buenos Aires aus erst
duer durch den südamerikanischen Kontinent nach
Valparaiso geführt, eine Entfernung von 1439 km,
die — mit Einrechnung der Übersteigung der Cor-
dilleren — in 40 Stunden zurückgelegt wurde.
Am 10. März schisften wir uns in Valparalso
auf S. S. „Tucapel“ von der Compaßtia sud-
americana de vapores für Panama ein, wo wir am
29. März landeten; während der Relse liefen wir
viele Hafenplätze Chiles und Perus an. In Panama
hielten wir uns wegen Quarantänegefahr nicht auf,
sondern fuhren sofort mit der Bahn über den Isthmus
nach Colon, nach 1¾ stündiger Ellfahrt hier ankom-
mend. In Colon hatten wir bis zum 6. April un-
freiwilligen Aufenthalt, da wegen des gelben Fiebers
eine scharfe Kontrolle herrschte und Dampfer nur
Passaglere beförderten, wenn sie ärzlliche und konsu-
larische Atteste beibringen konnten. Unsre Absicht
war, mit der Leyland & Harrisonlinie via Jamalca
nach Veracruz zu fahren, die direkteste Verbindung
dorthin. Wir durften Colon nicht verlassen und
mußten uns täglich beim mexikanischen Konsul melden.
Als der Abfahrtstag für Vera Cruz kom, erklärte
die Linle aber, daß sie keine Passaglere befördern
könne, well Jamaica wegen eines in Colon offiziell
gemeldelen gelben Fieberfalles die Sperre verhängt
habe. Da gerade ein Dampfer für New-Orleans
zur Abfahrt bereitlag, entschlossen wir uns, um
weiterzukommen und allen anderen Eventualitäten
vorzubeugen, diese Gelegenheit zu benutzen. Ein
Gesundheitsattest des Arztes der amerikanischen
Panama-Kanalkommission half uns vorwärts, und so
konnten wir uns am 6. April auf den Dampfer
„Preston“ von der United Fruit Co. für New-
Orleans einschiffen, wo wir am 14. April eintrafen.
Am 16. April mittags traten wir die Uberlandreise
nach Mexiko an, wo wir nach Zurücklegung einer
Gesamtstrecke von rund 2500 km am 18. April
abends ankamen. Eine hochinteressante Tour. Wir
hatten die kürzeste Strecke gewählt: New-Orleans—
Houston—San Antonio—Laredo—Monterey, San
Luis, Potosi— Queretaro—Mexlko. Aus denreich geseg-
neten Niederungen des Mississippl ging es über in die
trocknen Steppen Texas und die reinen Sandwüsten
der Grenzgebiete zwischen den Vereinigten Staaten
und Mexiko, welch letztere mit dem Wüstenstrich
unfrer südwestafrikanischen Küste wetteifern und
dann hinein in das merxikanische Hochland.
Mexiko ist ein Hochgebirgsland wie kaum ein zweites
in der Welt. Unfre Tour führte uns durch ein
sehr zerrissenes, von den glühenden Sonnenstrahlen
dieser regenarmen Zone ausgebranntes Terrain.
Mexlko ähnelt nicht nur in seiner Landformation
den südafrikanischen Gebieten, auch in bezug auf
meteorologische Verhältnisse herrscht elne große Über-
einstimmung. Wie unser Südwestafrika in der süd-
lichen, so liegt Mexiko in der nördlichen regenarmen
Zone. Wir sahen Mexiko in seiner Trockenperiode
kurz vor Einsetzen der Regenzeit, welche in die
Monate Mai bis Oktober fällt, und ich möchte fast
behaupten, daß unfre Kolonie nicht so dürr ist wie
das Hochland Mexikos, dessen Vegetationsgebiete im
Durchschnitt nicht besser sind als unfre schlechteren.
Wir fanden in Mexiko Wirbelwinde, wie sie bei uns
vor Beginn der Regenzeit auftreten, serner Dorn-
büsche und Dornbäume als den natürlichen Holz-
bestand, auch jede wilde Pflanze wie bel uns mit
Stacheln und Dornen versehen, und in manchen
Gegenden war das Land von nichts anderem bestanden
als Feigenkaktus, Agaven und Euphorbien, die da
in einer Fülle wuchern, wie wir es nicht kennen.
Mexiko ist, wie man sieht, ein recht armes Land
nach unseren Begriffen. Und doch herrscht hler ge-
rade in bezug auf Agrikultur und Viehzucht ein großes
Vorwärtsstreben und Emporblühen, und seit 1876,
seit welcher Zeit das Land von verwüstenden Revo-
lutionen verschont geblieben ist, zeigen die Statistiken
elnen ungeheuren Aufschwung in allen Gebieten des
Kulturlebens. Was ist die Ursache? Ich behaupte: