Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

gewaschenen Sago in ein darunter gestelltes, wannen- 
artiges Gefäß aus den Blättern des Pandanus, 
während die groben Rückstände im Trog zurück- 
blieben. In der Wanne setzte sich der Sago an 
dem Boden nieder. Das Wasser floß in elne zweite 
Wanne und von da in die Lagune. Die Ein- 
geborenen klagten über Belästigung durch die Berg- 
bewohner beim Fällen der Sagopalmen. Da ihnen 
das Vorhandensein eines Gouvernements und eines 
Bezirksamtes völlig unbekannt war, trat ich mit 
ihnen wegen Abgabe einiger Leute in Unterhand- 
lung, um sie mit den genannten Einrichtungen be- 
kannt zu machen. Es erklärten sich auch 4 Leute 
bereit, mitzukommen, als sie die im Verhältnis zu 
den Handelswaren der hlesigen Administration vor- 
züglichen Axte, Messer usw. an Bord des „See- 
stern“ sahen. Eine große Rolle spielte außerdem 
die von dem Kapitän gespendete rote Farbe 
(Menmig). Wie an den anderen Plätzen machte sich 
auch hier anfangs eine große Furcht bemerkbar, das 
Schiff zu betreten. Sie fürchteten offenbar, ohne 
ihr Einverständnis einfach mitgenommen zu werden. 
Es müssen wohl in dlesem Punkt schlechte Er- 
fahrungen gemacht sein. Den Gegensatz dazu bildete 
ein stattlicher junger Mann, der von seinen An- 
gehörigen gewaltsam am Mitgehen gehindert wurde 
und deshalb in bittere Tränen ausbrach. Gegen 
3 Uhr verließ der „Seestern“ Leltere und ging um 
5½ Uhr vor dem Dorfe Wanimo im Angriffshafen 
vor Anker. 
Die Eingeborenen kamen alsbald in vielen 
Kanus, noch geschmückt vom Sing-Sing tags vor- 
her, an den „Seestern“ heran und boten allerlei 
Wassen zum Tausche an. Am 15. Juni d. Js. 
wurde das sehr stark bevölkerte Dorf besucht. Nach 
einem längeren Aufenthalt unter dem Tabaranhause 
wurde der Rückweg zum Strande angetreten. Die 
Häuser erreichen eine beträchtliche Höhe und sind 
in Kegelform gebaut. Die Spitze ziert bei den 
meisten eine Orchidee, von denen mehrere in voller 
Blüte standen. Auch Ringe von gekeimten Kokos- 
nüssen finden sich um manche Dächer. Zum Schutze 
gegen die reichlich vorhandenen Schweine sind die 
Häuser mit Bretterzäunen umgeben. Die große 
Anzahl der Weiber und Kinder fiel allgemein auf. 
Ebenso die Größe und Menge der Schildkrötenschalen, 
unter denen sich jedoch fast keine mit echtem Schild- 
patt befand. Es waren fast nur sogenannte grüne 
Schalen. Den begehrtesten Handelsartlkel bildeten 
Angelhaken. Bon der Anwesenheit von Malayen 
war nichts in Erfahrung zu bringen. Eine Abgabe 
von Leuten wurde mit der Begründung abgelehnt, 
zunächst müßten die bereits angeworbenen erst zurück 
sein. Nachdem sie noch an Bord die großen 
Spiegel, das Grammophon des Kapitäns und vor 
allem einige ihnen gezeigte Stücke Eis gebührend 
bewundert, letztere auch zum Einreiben des ganzen 
Körpers benugzt hatten, verließ der „Seestern“ gegen 
11 Uhr den Angriffshafen und ankerte nachmittags 
582 
  
um 7 Uhr wieder vor Damara. Unterwegs, kurz 
nach dem Verlassen des Hafens, wurde noch auf 
zwei weit außen auf See befindliche Kanus zu- 
gehalten, um nachzusehen, ob sich etwa Malayen 
darin befänden. In jedem saß jedoch nur ein 
Wanimo-Mann in seiner so überaus einfachen Kleidung. 
Sie tragen bekanntlich nur eine gelbe ausgehöhlte 
Frucht über dem Penis. In großer Angst nahmen 
sie das Segel herunter und suchten dem vorbei- 
fahrenden „Seestern“ durch krampfhaftes Rudern 
zu entkommen. Erwähnenswert ist noch, daß eine 
ganz außerordentlich große Herde von Delphinen 
am Schiffe vorbeizog. 
Am 16. Juni 1905, morgens um 6 Uhr, wurde 
zunächst das Tamara gegenüberliegende Festland 
aufgesucht und zu diesem Zwecke vor der Mündung 
des Raju Anker geworfen. Die Einfahrt in den 
Fluß erfolgte mit Kanus. Nach Besichtigung der 
von der katholischen Mission über den Fluß an- 
gelegten Brücke fand eine Vorstellung der auf der 
Station Tadji seitens der Neu-Gulnea-Kompagnie 
beschäftigten Arbeiter statt. Nach Tamara zurück- 
gekehrt, fand sich Pater Erdweg an Bord zu einer 
Besprechung. Sodann wurde noch ein zwischen 
den Bewohnern der Inseln All und Seleo über 
Fischereigerechtigkeiten ausgebrochener Streit ent- 
schieden. Die Leute von Seleo beklagten sich dar- 
über, daß die All-Leute auf den Seleo umgebenden 
Rifsfen Steine aufgerichtet und erklärt hätten, ihr 
Fischgebiet reiche bis zu diesen Grenzmarken und 
die Seleo-Leute hätten keine Berechtigung, dort zu 
fischen. Bei der bekannten geringen Wahrheitsliebe 
der Eingeborenen und ihrer außerordentlichen Ge- 
schicklichkeit, ihnen günstige Momente auszunutzen, 
hätte sich auch bei langwierigen Verhandlungen der 
eigentliche Rechtszustand nicht feststellen lassen. Ich 
habe deshalb angeordnet, daß die Ali-Leute auf den 
ihre Insel umgebenden, die Seleo-Leute auf den 
Seleo umschließenden Riffen fischen sollten. Mission, 
Stationsvorsteher und Eingeborene sind hiervon ver- 
ständigt. Nach einer Revision des Dynamitlager- 
buches der Station Seleo wurde die Rückfahrt nach 
Walis angetreten. Die Ankunft dort erfolgte gegen 
3½ Uhr. Hier wurden 2 beurlaubte Polizei- 
soldaten wieber an Bord genommen, denen 2 andere 
neu angeworbene folgten. 
Abends 6 Uhr wurde die Fahrt nach Potsdam- 
hafen angetreten. Die Ankunft erfolgte am 17. Juni 
1905, vormittags 9 Uhr. Nach zweiftündigem 
Aufenthalt ging der „Seestern“ wieder in See und 
traf abends 7 Uhr in Friedrich-Wilhelmshafen ein. 
Am 19. Juni 1905, vormittags 6 Uhr, wurde 
die Reise nach dem östlichen Teile des Bezirks an- 
getreten. Bisher war es noch nicht möglich, die 
Bili-Bili-Leute für ihre Teilnahme an der Erhebung 
im Juli 1904 gebührend zu bestrafen. Es wurde 
zunächst Constantinhafen angelaufen. Während der 
„Seestern“ dort vor Anker lag, suchte ich die 
Missionsstation Bongu auf und besprach die Bili-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.