Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

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Die verschiedenen Leistungen können folgende sein: 
Lieferung von Erdnüssen; Lieferung von Lebens- 
mitteln: Negerbrot, Fisch, Jagdprodukte, Haustiere; 
die verschiedenen Arbeitslelstungen: Holzschlagen, 
Arbeit auf dem Posten, Ruder= und Trägerdienste; 
Sammeln der Kronlandsprodukte, Kopale und 
Kautschuk. Die Kommission empfiehlt, die Leistungen 
in Erdnüssen, die dem Staat keinen Nutzen bringen, 
durch andere zu ersetzen, um den Eingeborenen da- 
durch einen bedeutenden Handelsartikel zu überlossen. 
Die Lieserung von Maniokbrot an die Stationen 
erscheint als eine drückende Last für die Eingeborenen, 
da dasselbe sich nur kurze Zeit hält und eine regel- 
mäßige ununterbrochene Arbeit verlangt, dazu kommt 
der zum Teil sehr weite Weg für den Transport 
über die Stationen, so daß die Eingeborenen meist 
über die gesetzlichen Grenzen hinaus in Anspruch 
genommen werden. Durch die vollständige Ab- 
hängigkeit der Stationen von der Lieferung der 
Nahrungsmittel durch die steuerpflichtigen Ein- 
geborenen treten häufig Verpflegungsschwierigkeiten 
ein. Zur Abhilfe dieser Übelstände empfiehlt die 
Kommission Anlage von Kulturen in der Nähe der 
größeren Posten und Heranziehen der Soldatenfrauen 
zur Arbeit. 
Bei der Prüfung der Arbeitsleistungen im Holz- 
schlagen, der Arbeit auf den Posten, Ruder= und 
Trägerdiensten, hat die Kommission in vielen Fällen 
eine übermäßige Inanspruchnahme der Eingeborenen 
festgestellt und hält es für wünschenswert, daß solche 
Leistungen unter eine möglichst große Anzahl von 
Steuerpflichtigen verteilt werden, um zu vermeiden, 
daß die Last stets dieselben Dörfer und Personen 
treffe. Zu diesem Zweck hält sie es für notwendig, 
daß die Postenführer persönlich die Rekrutierung der 
Arbeiter überwachen und dieselbe nicht ihren Häupt- 
lingen überlassen. Besonders zahlreich zeigten sich 
Mißstände und Uberschreitung der 40 Stunden- 
Arbeitszeit bei dem Eintreiben des Kautschuks als 
Steuern, da in manchen Gegenden die Kautschuk- 
Lianen durch Raubban stark reduziert sind, und die 
Eingeborenen häufig zur Auffindung des Kautschuks 
weite Märsche zurückzulegen haben. Anstatt der 
Einzelleistungen der Steuerpflichtigen empfiehlt die 
Kommission hier Kollektloleistungen von Eingeborenen- 
gruppen, deren Maß auch die Zeit des für die Ge- 
winnung des Kautschuks notwendigen Ortswechsels 
berücksichtigt. 
Zur Erzwingung der Arbeitsleistungen sind von 
den Beamten häufig ungesetzmäßige Mittel angewandt 
worden, wie z. B. Festsetzen der Häuptlinge und 
Frauen, serner Verhängung der Prügelstrafe gegen- 
über den säumigen Steuerpflichtigen. Hierin sind 
besonders in den Distrikten der Privatgesellschaften 
schwere Übergriffe vorgekommen. Häufig sind Dör- 
fern beträchtliche Strafsummen für Nichtzahlung der 
Abgaben auferlegt worden. Zur Beaussichtigung der 
Arbeiten sind schwarze Aufseher bestimmt, die teil- 
weise Angehörige des Postens und in den meisten 
  
Fällen nicht Eingeborene des Distrikts sind (sentili), 
teilweise aus Einwohnern des betreffenden Ortes 
selbst genommen werden (capita), die gegenüber den 
eingeborenen Häuptlingen in den Augen der Schwarzen 
den Staat oder dle Gesellschaft repräsentieren. Diese 
Wachen haben sich die schwersten Ubergriffe zu- 
schulden kommen lassen, und die Abschaffung dieser 
Einrichtung wird von der Kommission dringend be- 
fürwortet. An ihrer Stelle soll dem angestammten 
Häuptling die ausschließliche Vermittlung zwischen 
Weißen und Eingeborenen übertragen werden; seine 
Autorität soll vom Staate nach Möglichkeit ünter- 
stützt werden. Zur Durchführung dieses Vorschlages 
hält die Kommission die Rücknahme der von dem 
Staat den Capitas ertellten Erlaubnisscheine zur 
Führung von Feuerwaffen und die Rückgabe sämt- 
licher Schußwaffen seitens der Gesellschaften, mit 
Ausnahme der nicht gezogenen Steinschloßgewehre 
sowie der für die Verteldigung der Faktoreien und 
den persönlichen Gebrauch der Welßen bestimmten 
Albinigewehre für notwendig. Der Vorschlag der 
Kommission geht dahin, daß jährlich nach der 
schsgungsweich Elnwohnerzahl die Menge der Steuer- 
leistungen nach Dörfern bestimmt werde: die Häupt- 
linge sollen unter Aussicht der Behörden für die 
Verteilung und Lieferung der Steuerleistung Sorge 
tragen. Als Entgelt sollen diese von jeder perfön- 
lichen Arbeit entbunden werden und die Unterstützung 
und den Schutz des Staates genießen. Im Falle 
hartnäckiger und wiederholter Weigerung, die Leistungen 
zu entrichten, soll der Weiße auf Grund der An- 
goben des Häuptlings Zwang anwenden dürfen. 
Das Gesetz müsse indessen jedem Eingeborenen ge- 
statten, sich von der Arbeitsleistung durch jährliche 
oder halbjährliche Zahlung einer Summe Geldes 
oder einer bestimmten Produktenmenge zu entledigen, 
wobei der Wert der Arbeit zugrunde zu legen 
ist, welche der Eingeborene alstz Steuerleistung zu 
verrichten hat. Dem Eingeborenen müßte gestattet 
werden, sich in die Liste derjenigen Ortschaft ein- 
tragen zu lassen, wo er seinen Wohnsitz aufzuschlagen 
beliebt. 
Sämtliche Beamten müßten überzeugt sein, daß 
ihre erste Pflicht das Wohlergehen der ihrer Ver- 
waltung anvertrauten Bevölkerung ist, und daß die 
Anwendung von Gewalt zur Erreichung eines un- 
mittelbaren Erfolges hiermit nicht im Elnklang steht. 
Den Handelsgesellschaften müsse die Möglichkeit, Ge- 
walt anzuwenden, genommen werden. .. 
In dem Abschnitt, welcher von den 
militärischen Expeditionen 
handelt, wird besonders auf die Gefahr hingewiesen, 
welche dadurch entsteht, daß ein bewaffneter Schwarzer 
zu selbständigem Vorgehen sich selbst überlassen wird. 
Bei der Anordnung von Strafexpeditionen ist meistens 
der Auftrag zu allgemein gehalten worden, wodurch 
oft die betreffenden Führer weit über die Grenzen 
.#ihrer Aufgabe hinausgegangen sind. Solche Straf- 
expeditionen sind auch häufig trotz des Verbotes von
	        
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