Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Auf diesem Hintergrund betrachtet, kann die im 
übrigen etwas magere Ausbeute der Ausstellung mehr 
gewürdigt werden, besonders wenn man die elegante 
Form und die geschmackvolle Weise, in welcher dieses 
Wenige geboten wurde, mitelnschäzt. 
Zunächst ersetzte der Katalog das, was ihm an 
Inhalt fehlt, durch künstlerische Ausstattung. Reich 
an Abbildungen und Beschreibungen, verfehlte er nicht, 
nebenbei für das offizielle Kolonialblatt 1 Agriculture 
pratique des Pays chauds kräftige Reklame zu 
machen und gab einen (nicht allzutlef gefaßten) 
Einblick in die landwirtschaftliche Tätigkeit in den 
Kolonien. 
Das ausgestellte Material war nach folgenden 
Klassen geordnet: 
I. Klasse: Bodenprodukte, 1. natürliche oder von 
Pflanzungen: Kautschuk, Gummi, Harz. Guttapercha, 
Kork, Spartgras. 
2. Kulturen: Kaffee, Kakao, Tee, Tabak u. ff. — 
Getreide, Würzstoffe, Spezerelen und eigentliche Ol- 
pflanzen, Textilprodukte. 
3. Pharmazeutische Produkte, Medizinpflonzen, 
Heilmittel der Eingeborenen. 
Diese Klasse war von 67 Ausstellern beschickt, 
von welchen 42 in den Kolonten wohnen und 25 in 
Frankreich (meist in Paris) ansässig sind. Das Aus- 
gestellte war nach Mannigfaltigkeit und Menge 
wechselnd, von schönen großen Kollektionen bis zu 
kleinsten Quantitäten; am besten war beschickt die 
Kaffee= und die Kautschuk-Ausstellung. 
II. Klasse A: Tiere und tierische Produkte: 
1. Lebende Tiere: Pferde, Esel, Maulesel, Zebras. 
Proben der Kolonialrassen: Rinder, Zebus, Büffel, 
Schafe, Ziegen, Dromedare, Schweine, Elefanten, 
Kleinvieh. 
2. Tierische Produkte: Häute und Leder, Felle 
und Wollen, Horn, Elfenbein, Schildpatt, Rauch- 
waren, Federn und Vogelbälge, Fleischpulver, Extrakte, 
Konserven. 
In dieser Klasse waren 11 Aussteller vertreten, 
von welchen nur 2 in den Kolonien ansässig sind: 
Das ostafrikanische Gouvernement mit kleinen Trupps 
von Rindern, Schafen und Geflügel, und die Ver- 
suchsstation von Nanisana mit einem Paar Gänsen 
(Oies royales) und einer Hühnerfamilie aus Mada- 
gaskar, serner zwei Halbaffen (L#muriens) sowie 
Schädeln, Häuten und Hörnern von Rundern und 
Schafen. Von in Frankreich wohnenden Ausstellern 
war namentlich aus den Kolonien stammendes Ge- 
flügel herbeigebracht, außerdem aber noch ein kleiner 
Trupp Somalischafe sowie Ziegen verschiedener Her- 
kunft. Diese Haustiere sollen zu Kreuzungen mit 
französischen Schlägen verwendet werden, von deren 
Produkten man eine leichtere Anpassung an das 
kolontale Klima erhofft, als sie bisher mit den reinen 
französischen Rassen erreicht wurde. Die fremden 
Tiere scheinen das französische Klima gut zu ver- 
tragen, und es sollen sich einige hiesige Züchter zu 
Kreuzungsversuchen bereit erklärt haben. 
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II. Klasse B: Wirbellose Tiere: Seidenraupen, 
Bienen u. f. 
In dieser Abteilung trat besonders die Selden- 
raupenzucht Madagaskars mit einer sehr bemerkens- 
werten Ausstellung der Versuchsstation und der 
Seidenzuchtschule in Nanisana hervor, der sich fran- 
zösische Flrmen mit ihren in Frankreich hergestellten 
Apparaten anschlossen. Ferner waren vertreten 
Versuchs-Bienenhäuser (im Inlande hergestellt) und 
an tierischen Kolonialprodukten besonders Cochenille 
und Perlmutter. 
III. Klasse: Erzeugnisse des Waldes: 1. Hölzer 
für Tischlerei, Wagenbau, Schiffahrts= und Bau- 
zwecke, 2. Wohlriechende Hölzer, 3. Korkeichen, 
Kautschukpflanzen, 4. Hölzer für Pflasterung, Bahn- 
schwellen, Brennhölzer u. ff. 
Die Klasse war vertreten durch 10 Aussteller 
(wovon 5 kolontale), namentlich mit Möbelholzvroben. 
Die tunesische Forstverwaltung mit. Bahnschwellen 
und Kork, die Pariser Wegebauinspektion mit Holz- 
pflaster. - 
IV. Klasse: Landeskultur. 
Programm: 1. Geräte und Maschinen für 
Bodenbearbeitung, Saat und Ernte, 
2. desgleichen für die Verarbeltung der Ernte, 
3. Göpel, verschiedene Motoren und Windmühlen, 
4. Hydraulische Apparate, , 
ö-Transportgetätefürkleine,mittlereundgroße 
Entfernungen, auf dem Rücken von Menschen und 
Tieren. 
6. Koloniales Bauwesen: Materialien für Bauten 
und Erdarbeiten, transportable Bauten, Zelte, Appa- 
rate für Licht= und Wärmeerzeugung, Einfriedigungen, 
Material für Lagerräume, Emballage und Spedition. 
7. Andere Materiallen und Gerätschaften (sowelt 
im vorigen nicht inbegriffen). 
Diese Klasse, deren Grenzen etwas weit gehalten 
waren, beschickten 65 Aussteller, fast ausschließlich in 
Frankreich selbst ansässig. Aus den Kolonien selbst 
hatten nur die landwirtschaftliche Verwaltung von 
Madagaskar (Versuchsstatlonen von Ivolvina und 
von Marovoag) Eingeborenenhütten mit ihren Ein- 
richtungen und Reisspeichern und neuerfundene Pump- 
werke zur Ausstellung gebracht. Von einer deutschen 
Firma (Böcken -Rhenau) war eine Entsaserungs- 
maschine vorgeführt, welche viel Beachtung fand. 
Von den französischen Ausstellungsobjekten waren 
einige für die Kolonien berechnete Pavillons, 
Speicher mit Asbestwänden, Zelte mit ihren Aus- 
rüstungen, ferner Trieurs für Reis und Kafsee, 
Schälmaschinen und Trockenapparate das Sehens- 
werteste. 
V. Klasse: Erzeugnisse der kolonialen Industrie. 
Beschickt von 69 Ausstellern, worunter 37 kolo- 
niale. Von letzteren waren besonders Algier 
(Medea und Loverdo) vertreten, welches fast aus- 
schließlich Wein (1904er Ernte) ausstellte. Eine 
hübsche Kollektlon von Eingeborenen-Industrie (Stroh- 
flechterei und Spitzenweberei) hatte die landwirt-
	        
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