Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Bellage zum Deutschen Kolonialblatt Nr. 24 vom 15. Dezember 1905. 
  
Denkschrift 
über 
die Regelung der Landfrage im Konzessionsgebiete der Gesellschaft Süd-Kamerun. 
Im Jahre 1897/98 hatte der Chef der damals am weitesten nach dem Innern Kameruns vor- 
geschobenen Regierungsstation Jaunde, Oberleutnant v. Karnap-Quernheimb, eine Forschungsreise nach 
dem südöstlichen Teile des Schutzgeblets unternommen. Bei dleser Gelegenheit hatte er den großen Reich- 
tum dieser Geblete an Gummi und Elfenbein festgestellt, anderseits aber auch eine Reihe von Nieder- 
lassungen belgischer und holländischer Firmen in der äußersten Südostecke an den Flüssen Sanga und Ngoko 
auf deutschem Gebiete vorgefunden, die einen umfangreichen Ein= und Ausfuhrhandel auf dem Wege über 
den Kongo trieben. — Diese Entdeckung stellte die Verwaltung vo# “ Frage, wie sie dieses abgelegene 
Gebiet dem deutschen Handel erschließen und für das Schutzgebte. Ccchaftlich nutzbar machen könne. 
Angesichts der großen Entfernung von der Kamerunküste bis zu der Sanga-Ngoko-Gegend, der überwiegend 
feindlichen Haltung der Bevölkerung und der Unwegsamkeit des Landes östlich des 12. Längengrades konnte 
von vornherein eine Erschließung über Land ernstlich nicht in Betracht kommen. Mußte mithin als Zu- 
gangsstraße der allein benutzbare Weg über den Kongo durch belgisches und französisches Gebiet gewählt 
werden, so erschien wiederum für ein deutsches kaufmännisches Unternehmen eine erfolgreiche Arbeit nur 
mit, nicht aber gegen die ausländischen Flrmen möglich. Denn den im Kongostaat ansässigen Firmen 
standen langjährige Erfahrungen, geübtes Personal und die erforderlichen Transportmittel zur Verfügung, 
so daß sie in der Lage waren, neu auftretenden Handelskonkurrenten unüberwindliche Schwierigkeiten zu 
bereiten. Auch würde der Versuch, die Kongofirmen aus ihrem Besitzstande im Sanga-Ngoko-Gebiet zu 
verdrängen, bei der Kongoregierung naturgemäß keine günstige Aufnahme erfahren haben, und diese hätte 
trotz der bestehenden internationalen Verträge, welche die Freiheit der Durchfuhr gewährleisten, einem 
deutschen Unternehmen, das auf sie angewiesen war, tatsächlich nach allen Richtungen hin Hemmnisse in den 
Weg legen können. Ein Zusammengehen mit den Firmen des Kongostaates erschien daher im deutschen 
Interesse rätlich. 
Es kam hinzu, daß das deutsche Großkapital damals noch der Investierung größerer Summen 
in den eigenen Kolonien im allgemeinen ablehnend gegenüberstand und keinesfalls für ein Unternehmen zu 
haben war, das bei den erwähnten großen Anfangsschwierigkeiten und den bis dahin vorliegenden dürftigen. 
Nachrichten über das zu erschließende Gebiet und seine Bewohner als ein äußerst gewagtes gelten mußte. 
Die Vorbesprechung mit den für ein solches Unternehmen in Betracht kommenden deutschen Persönlichkeiten, 
in erster Linie mit dem Rechtsanwalt Dr. Scharlach in Hamburg, führten denn auch zu dem Ergebnisse, 
daß eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Finanzierung und Durchführung des Unternehmens die 
Betelligung der im Kongostaate interessierten belgischen Flnanzgruppen bilden würde. 
Eine fernere Bedingung für das Zustandekommen des Projektes war nach Ansicht des Dr. Scharlach 
die Verleihung einer größeren Landkonzession an die zu bildende Gesellschaft als Aqutvalent für das von 
ihr zu unternehmende bedeutende Risiko. Eine Fühlungnahme mit belgischen Finanzleuten ergab in der 
Tat die Unmöglichkeit, das erforderliche Kapital ohne eine Konzession nach dem im Kongostaat allgemein 
üblichen System zu beschaffen. Die Regierung konnte sich, da sie die Berechtigung der Forderung eines 
genügenden Aquivalentes anerkennen mußte, dem Verlangen nach einer Konzession umsoweniger ver- 
schließen, als damals die vorwiegende Ansicht in kolonialen Kreisen dahin ging, daß Kolonien nur durch 
Verleihung von Konzessionen aller Art an große kapitalkräfstige Gesellschaften schnell und erfolgreich zu 
erschließen seien. Diese Ansicht, die nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen großen Kolontal- 
staaten damals die herrschende war, fand eine starke Stütze in der überaus raschen Ausschließung der aus- 
gedehnten Gebiete des Kongostaates, der zahlreiche Konzessionen vergeben hatte, und in den glänzenden 
 
	        
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