Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

und 2000 Fuß Wassermassen hervorquellen lassen, 
die, mit artesischem Druck springend, als förmliche 
rauschende Bäche davonfließen und nicht nur Weide- 
wirtschaft, sondern selbst Körnerbau und Obstzucht 
in großem Stil auf Territorien ermöglichen, die vor 
kurzem noch Wüste und Stachelbuschsteppe waren. 
Von einer derartigen Ausdehnung und Aus- 
nutzung des Bohrsystems wird in Südafrika für ab- 
sehbare Zeit noch nicht die Rede sein können. Welche 
Möglichkeiten eine fernere Zukunft bringt, mag dahin- 
gestellt sein; einstweilen denkt kein verständiger 
Mensch weder im englischen noch im deutschen 
Südafrika daran, den Wasserbohrungen einen anderen 
Zweck zu geben als den, die Viehzucht des Landes 
auf eine gesichertere Grundlage zu stellen, als sie 
ohnedies existieren könnte, und nebenbei dem einzelnen 
Farmer in besonders günstigen Fällen die Möglich- 
keit zu guten Gartenanlagen und hin und her etwas 
Körnerbau für den eigenen Bedarf und den Absatz 
in die nächste Umgebung zu geben. 
scheidende Bedeutung werden Betriebe dieser letzteren 
Art in Südafrika nie gewinnen, wenn auch ihre 
lokale Bedeutung darum in keiner Weise zu unter- 
schätzen ist. Wohl aber wird die künstliche Wasser- 
erschließung größeren Stils wirtschaftlich — welt- 
wirtschaftlich — bedeutsam dadurch, daß sie sichere 
Tränkstellen und vor allen Dingen die Möglichkeit 
der Gewinnung sicherer Futterreserven für Jahre 
der Dürre schafft. Auch das muß man sich nicht 
allzu leicht vorstellen. Der Anbau von Luzerne ist 
in Südafrika auch unter leidlich günstigen Verhält- 
nissen keine so einfache Sache, daß es mit Säen 
und Schneiden schon getan wäre, aber es ist mög- 
lich, und wenn die Anfangsschwierigkelten über- 
wunden sind, kann der Farmer, wenn er sicheres 
Wasser hat, auf dauernde Durchschnittserträge 
rechnen. Man hat auch im Kaplande lange ge- 
glaubt, mit den natürlichen Weldevorräten aus- 
zukommen, bis die Folgen des verheerenden mehr- 
jährigen Krieges und die gleichzeitig eintretende 
große Dürreperiode zusammen mit dem Steigen der 
Bevölkerung und der notwendig werdenden fort- 
gesetzten Teilung und Verkleinerung der Farmen 
dazu gezwungen haben, in steigendem Maße zum 
Luzernenanbau zu greifen. Auch wir in Südwestafrika 
müssen von vornherein mit Energle auf dasselbe Ziel 
losarbeiten, wie es jetzt die kapländische Farmwirtschaft 
tut. Dazu kommt, daß unser Grundwasservorrat 
zwar nicht geringer ist, wohl aber die Zahl der von 
Natur offenen Wasserstellen verhältnismäßig kleiner 
als im Kaplande. Nur der kleinste Teil unseres 
Landes kann ohne künstliche Wasserschaffung in Be- 
wirtschaftung genommen werden, und nur wenige 
rmen gibt es, die von vornherein die für jede 
rationelle Viehwirtschaft notwendige Mehrzahl der 
Wasserstellen aufweisen. Gerade das ist es ja, was 
die Verdeutlichung unserer besonderen südwestafrika- 
mischen Verhältnisse und den überzeugenden Erfolg 
auch der ausführlichsten Darlegungen über sie so 
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Elne ent- 
  
schwierig macht: daß der unkundige Blick nur so 
wenig von den Möglichkeiten und Aussichten wahr- 
nimmt, welche die Natur, sobald nur merschliche 
Aufschließungsarbeit ihr zu Hilfe kommt, hier ver- 
spricht und darbietet. Und doch muß die Uber- 
zeugung dem Entschluß vorangehen, die Mittel zu 
gewähren und zu verausgaben, ohne deren Ge- 
währung die Besiedlung von Deutsch-Südafrika als 
Ganzes ein unerfreulicher Kümmerversuch bleiben 
wird und bleiben muß. 
Im Kaplande, im früheren Freistaat und in 
Transvaal gibt es kaum eine Farm ohne Dämme 
— worunter man nach ofrikanischem Sprachgebrauch 
nicht nur die Erd= oder Steinschüttung, sondern 
auch den aufgestauten Wasserinhalt und das Becken 
hinter dem Damm selbst mit versteht. Der Damm 
in diesem Sinne ist, wie schon erwähnt, mit zwei 
Mängeln behaftet: er ist erstens, sobald es sich um 
etwas größere Dimensionen handelt, eine kostspiellge 
Anlage, und zweitens versagt er gerade dann mit 
Naturnotwendigleit, wenn der Farmer ihn am 
nötigsten braucht, nämlich in Zeiten anhaltender 
Dürre. Nach beiden Seiten hin ist ein gelungenes 
Bohrloch vorzuziehen, denn bei gleichem Anlage- 
kapital gewährleistet es eine sichere und gewöhnlich 
auch nicht einmal kleinere Wasserergiebigkeit als der 
Damm. Trotzdem wird jeder Farmer bei uns so 
gut wie im Kaplande und seinen Nachbargebleten 
darauf aus sein, auf seiner Farm eine Anzahl 
lleinerer und nicht zu kostspieliger Dümme zu haben. 
Sind diese billig angelegt, womöglich ganz oder 
zum größten Teil mit den eigenen Arbeltskräften 
des Farmers, so sind sie in normalen Zeiten ein 
sehr wertvolles und nicht zu unterschätzendes Hilfs- 
mittel, um eine rationelle Beweldung des ganzen 
Farmgebietes durchzuführen und überweidung einzelner 
Stücke zu vermeiden. Namentlich kann mit ihrer 
Hilfe die Ansammlung ausreichender Futterreserven 
für schlechte Zeiten erleichtert und beschleunigt 
werden. Nur sollte, von besonders gearteten Aus- 
nahmefällen abgesehen, die wasserwirtschaftliche Exi- 
stenz einer Farm nach Möglichkelt nicht auf einen 
Damm gegründet werden. 
Mit besonderer Vorsicht veranlassen die Er- 
fahrungen im englischen Südafrika, an die Errichtung 
besonders großer Stauwerke und Dammanlagen 
heranzutreten. Für den einzelnen Farmer kann sich 
ein kostspieliger Damm überhaupt nur unter der 
Voraussetzung eines sehr großen Farmareals oder 
besonders günstiger Absatzverhältnisse rentieren. Von 
staatlichen Anlagen ist ein bekanntes Beispiel der 
große Damm von van Wyks Vley im Distrikt 
Carnarvon. Als ich von Wyks Vley sah, im Mai 
dieses Jahres, bot die aufgestaute, mächtige und 
weitverzweigte Wasserfläche einen wahrhaft impo- 
santen Anblick dar, und den flüchtigeren Beobachter 
hätte wohl auch die Auskunft, hier im Damm sei 
Wasser für 1000 Hektar Weizenland, und die 
1000 Hektar würden weiter unterhalb auch wirklich
	        
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