jährigen Bericht erinnere, wonach wir in Deutsch-
Südafrika, abgesehen von allem Kleinviehland, ein
reichliches Weidefeld für mehr als eine Million
Rinder besitzen, so geschieht es namentlich auch des-
halb, um im Anschluß an die eben skizzierten Ver-
hältnisse im westlichen Freistaat nochmals die schon
vor einem Jahre hervorgehobene Tatsache zu unter-
streichen, daß nur ein geringer Teil unseres Landes
auf Grund seiner natürlich vorhandenen offenen
Wasserstellen zur Zeit ausnugbar ist.
ch wende mich nun zu der Ertragsberechnung
für die Kleinviehzucht, die ich im vorigen Jahre mangels
eigener Anschauung der englisch-südafrikanischen Ver-
hältnisse nur mehr beiläufig streifen konnte.
Nach dem Zensus von 1904 besaß die Kap-
kolonie rund 11,8 Minionen Schafe und 7 Mil-
lionen Zlegen; hiervon waren etwa 8½ Millionen
Stück Wollschafe und 2¾ Millionen Angorziegen.
Sowohl Wollschafe als auch Angoras haben gegen
die vorhergehende Zählung von 1891 eine nicht
unwesentkliche Verminderung zugunsten der gewöhn-
lichen für die bloße Fleischproduktion gezüchteten
Schaf= und Ziegenrassen erfahren. Womit diese
Verschiebung nach rückwärts für die kapländische
Schafzucht zusammenhängt, habe ich bereits weiter
oben angedeutet; für das Verhältnis von Angoras
und gewöhnlichen Ziegen gelten im wesentlichen die-
selben Gesichtspunkte. Auch wir werden nach Be-
endigung des jetzigen Kriegszustandes vor allen
Dingen noch längere Zeit mit hohen Fleischpreisen
zu rechnen haben, und darin wird auch für unsere
Farmwirtschaft eine starke Versuchung liegen, die
einfachere Zucht der bloßen Fleischschafe und Fleisch--
ziegen vor der auf die Dauer lohnenderen, aber
zunächst schwierigeren der Merinos und Angoras zu
bevorzugen: .
Ich habe, bevor ich die Kapkolonie sah, es selbst
für einen zu weitgetriebenen Optimismus gehalten,
wenn gelegentlich Kenner Südafrikas behaupteten,
daß unsere Kolonie ebensoviel Kleinvieh ernähren,
ebensoviel Wolle und Mohair produzieren könne
wie das Kapland. Jetzt, nachdem ich selbst die
englischen Besitzungen gesehen und die Menge des
kapländischen Kleinviehs in einigen als besonders
dürr geltenden Karroodistrikten aus eigenem Augen-
scheln zu der dortigen Weldequantität und Qualität
im Vergleich setzen kann, trage ich länger keine Be-
denken, der Meinung beizupflichten, daß wir uns
für Südwestafrika in der Kleinviehproduktion die
heutige Leistungsfähigkelt der Kapkolonie unbedenk-
lich als Ziel setzen können. Wenn hiergegen, was
die Woll= und Mohairerzeugung betrifft, bisweilen
eingewendet wird, daß unsere Dornbüsche in vielen
Landesteilen dem hinderlich selen, so ist darauf zu
erwidern, daß die Region des eigentlichen Vor-
waltens der Dornbüsche, das Hereroland, haupt-
sächlich ein Rindergebiet ist, und daß für Wolle
und Mohair von vornherein auf andere Bezirke der
Kolonie zu rechnen ist, die entweder nur wenig oder
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überhaupt nicht mit Dornen bewachsen sind. Auch
im Kaplande entfällt ja ein großer Teil des Klein-
viehes auf gewöhnliche Fleischschafe und Ziegen, und
solche können, gehörige Auswahl und Akklimatisation
vorausgesetzt, bei uns im ganzen Lande gezogen
werden. Dasselbe gilt von der Straußenzucht, die
im Kaplaende jetzt, nachdem eine Reihe kritischer
Jahre wegen mangelnder Nachfrage nach Straußen-
federn auf dem Weltmarkte überstanden ist, nach
zeitweiliger Flauheit wegen Uberproduktion in neuem
Aufschwung begriffen ist. Als Straußenfarmland
ist Südwestafrika der Kapkolonte im ganzen min-
destens ebensogut gewachsen wie als Kleinviehzucht-
gebiet.
Im Jahre 1874, als im Kapland die Produk-
tion an Mineralien noch eine im Vergleich zur
Farmwirtschaft unbedeutende Rolle spielte, betrug
der Wert der Ausfuhr an Produkten der Kleinvieh-
zucht (einschließlich Strauße), d. h. ganz überwlegend
Wolle und Mohair, gegen 43 Millionen Mark.
30 Jahre später finden wir ihn, trotz der mittler-
weile eingetretenen starken Absorption der wirtschaft-
lichen Gesamttätigkeit durch die Minen, auf etwa
80 Millionen Mark gestlegen, also nahezu ver-
doppelt. .
Mit diesem Wertbetrage für die Ausfuhr von
Wolle, Mohair und Federn darf auch das deutsche
Südafrika als mit einer durchaus zu erreichenden
Norm rechnen, sobald das Mutterland nur helfend
eingreifft, damit wir hier unsere unter dem Boden
vorhandenen Wasservorräte ans Licht ziehen. Ich
erinnere daran, daß allein unser Süden nach der
weiter oben angestellten Berechnung, selbst unter der
entschieden zu ungünstigen Voraussetzung, daß er als
Kleinviehweideland den kapländischen Karroodistrikten
auch nur ebenbürtig ist, nach seinem Futterrelchtum
8 Millionen Stück Schafe und Ziegen ernähren
kann. In Wirklichkeit kann man seine Tragkraft un-
bedenklich auf 10 Millionen Stück Kleinvieh und
mehr veranschlagen. Eing größere Zahl Merinos
und Angoras, alles zusammengenommen etwas über
11 Millionen Stück, gibt es, wie wir sahen, zur
Zelt in der ganzen Kapkolonie auch nicht, selbst ein-
schlleßlich ihrer vor der Karroo weit bevorzugten
Weidedistrikte im Osten und Südosten! Jene
Kleinviehzisfer reicht hin, um die ebengenannten
Ausfuhrwerte zu erzeugen, und so gut wie die Kap-
kolonie außer den Merinos und Angoras auch noch
7 bis 8 Millionen gewöhnliche Fleischschafe und
Ziegen aufwelst, so gut können auch wir darauf hin-
weisen, daß die mittleren und nördlichen Landes-
teile unserer Kolonie ebenfalls bedeutende Strecken
guter Kleinviehwelde betreiben. Ein erheblicher Tell
des Bezirks Outio und der westliche Tell des
Nordens sind erstklassige Kleinviehwelde, und es ist
bekannt, daß selbst ein so ausgesprochen Rinder
züchtendes Volk, wie die Hereros waren, nicht un-
erhebliche Mengen von Kleinvieh besaß. Selbst-
verständlich — das muß immer von neuem wieder-