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„Criminal Code of the Protectorate“. Dieser Code
dürfte als das neueste koloniale Strafgesetzbuch, in
welchem die in anderen englischen Kolonien in Afrika
gemachten Erfahrungen verwertet find (sowohl der
High Commissioner wie der Oberrichter des Pro-
tektorats waren früher lange Jahre in anderen afri-
kanischen Kolonien tätig), besonderes Interesse bieten.
Zur Ergänzung dieses Criminal Code dient eine
Strafbestimmungen betr. Sklavenhandel usw. ent-
haltende „Slavery Proclamation, 1904“ und die
*: „Native Courts Proclamation, 1900“, welche über
die Anwendung des Gewohnheitsrechts der Ein-
geborenen, soweit sie der Criminal Code noch zuläßt,
Bestimmungen trifft. Der Rechtszustand ist nach
diesen Verordnungen in Nord-Nigeria folgender:
Die Gerichte des Protektorats, mit Ausnahme
der Eingeborenengerichte, d. h. der aus Eingeborenen
neu für Eingeborene gebildeten Gerichte, können
Strafen gegen Europäer wie Eingeborene nur auf
Grund der Bestimmungen des Criminal Code oder
der sonstigen im Protektorat gültigen Gesetze (Pro-
klamationen des High Commissioner, Königlicher
Verordnungen, Parlamentsakte) verhängen.
Die Eingeborenengerichte hahen Gerichtsbarkeit
über die Eingeborenen außer in Fällen, in denen
die Krone Partei ist, über die im Gouvernements=
dienst stehenden Eingeborenen jedoch nur dann, wenn
der Resident zustimmt. Die Eingeborenengerichte
haben, soweit nicht eine Proklamation des Protektorats
anders bestimmt, das in dem Jurisdiktionsbezirk
vorherrschende Eingeborenenrecht und Gewohnheit
anzuwenden mit der Maßgabe jedoch, daß keine
Strafe verhängt werden darf, welche mit Verstümme-
lung, Folter öder schwerer Köperverletzung oder Ge-
sundheltsbeschädigung verbunden ist oder der natür-
lichen Gerechtigkeit und Humanität widerstreitet.
In der Goldküsten-Kolonie ist im Jahre
1892 ein Criminal Code erlassen worden. Dieser
Code weist mit dem Strafgesetzbuch von Nord-
Nigeria in vielen Punkten Abnlichkelt auf und dürfte
bei der Abfassung des letzteren wohl mit als Vor-
bild gedient haben. Eine Besonderheit des Gold=
küsten-Codes ist, daß er nach jeder Gesetzesbestimmung
konkrete Beispiele für die Anwendung des Gesetzes
gibt. über die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit
durch die Eingeborenenhäuptlinge trifft die „Native
Jurisdiction Ordinance, 1883“ Bestimmung. Da-
nach sollen die von den Häuptlingen erlassenen Vor-
schriften gültig sein, soweit sie der natürlichen Ge-
rechtigkeit, Billigkeit oder dem guten Gewissen nicht
wiberstreiten und mit kolontalen Verordnungen nicht
im Widerspruch stehen. Die Eingeborenenhäuptlinge
und andere Eingeborenenstrafen verhängen, soweit
solche nicht der natürlichen Gerechtigkeit oder den
Prinzipien des englischen Rechts widerstreiten. Die
Strasen sollen nicht übermäßig hoch sein und immer
im Verhältnis zu der Natur und den Umständen
der strafbaren Handlung stehen. Die zulässige Höhe
der Geld= und Freiheitsstrafe soll von Zeit zu Zeit
durch Verfügung (Rules) des Gouverneurs festgesetzt
werden. Größere Vergehen sollen die Eingeborenen-
häuptlinge nicht aburteilen, sondern dem europälschen
Beamten (Commissioner) überweisen. Bestimmungen
über die Eingeborenen enthält ferner die „Native
Customs Ordinance, 1892“, welche Eingeborenenfeste,
Fetischverehrung, Versammlungen von Eingeborenen
u. dgl. betrifft und Zuwiderhandlungen gegen ihre
Vorschriften mit Strafe bedroht.
Ostafrika.
In den ostafrikanischen Protektoraten gelten die
indischen Strafgesetze, insbesondere der „Penal Code“,
für Weiße wie für Eingeborene, soweit nicht für
letztere im einzelnen besondere Vorschriften erlassen
sind. Es folge ein Überblick über den Zustand des
Eingeborenenstrafrechts in Britisch-Ostafrika:
Für die Eingeborenen gelten nach der „The
Application to Natives of Indian Acts Ordinance,
1903“ die Vorschriften der indischen Gesetze, welche
bereits im Protektorat angewandt wurden (darunter
der „Penal Code“, Akt 44 von 1860, mit späteren
Abndeungsgesete sowie einiger welterer in dieser
Verordnung ausgeführter indischer Gesetze strafrecht-
lichen Inhalts (Prevention of Cruelty to animals
act 1890, Explosive act 1861), die ersteren jedoch
nur insoweit, als sie sich auf folgende Materien be-
zlehen: Schutz von Leben und Eigentum, Aufrecht-
erhaltung von Ordnung, Einsammeln und Zahlen
von öffentlichen Abgaben und Gebühren, Post, Tele-
graphen, Eisenbahnen. Die Gerichtshöfe für die
Eingeborenen — z. T. europätscher Besetzung bzw.
mit eingeborenen Beisitzern mit beratender Stimme,
z. T. nur aus Eingeborenen gebildet — sollen soweit
als tunlich (as far as practicable) burch die indischen
Penal und Criminal Proeedure Code geleitet werden,
aber in der mohammedanischen Küstenzone und Mo-
hammedanern gegenüber sollen sie auch durch die
allgemelnen Grundsätze des mohammedanischen Rechts
(the general principles of the Law of Islam) ge-
leltet werden und auf dieselben Rücksicht nehmen,
desgleichen innerhalb des Protektorats durch Ein-
geborenenrecht und Gewohnheit, soweit dieselben nicht
mit der natürlichen Moral und Humanität im Wider-
spruch stehen (not opposed to natural morality and.
humanity)). Die reinen Eingeborenengerichte sollen
mit den erwähnten Maßgaben nur nach Eingeborenen-
recht urteilen.
Was die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit durch
die eingeborenen Stammeshäupter anbetrifft, so sollen
die europäischen Beamten eine vernünftige Aufsicht
darüber ausüben, aber sich nur dann einmischen,
wenn die Strafen wesentlich inhuman oder ungerecht
sind, wie z. B. wenn Eingeborene durch Zauberkraft
oder Folter überführt werden, oder wenn barbarische
Strafen, wie Verstümmelung, grausame körperliche
Bestrafung, Versetzung des Verurteilten oder seiner