Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

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Vorschriften für die Beförderung von Leichen auf dem Scewege. 
Beschlossen in der Sitzung des Bundesrats vom 18. Januar 1906. 
§ 1. 1. Für die Beförderung einer Lelche zwischen den Seehäfen des Deutschen Reichs und 
seiner Schutzgebiete und zwischen einem dieser Häfen und einem ausländischen Hafen ist ein nach anliegendem 
Muster ausgefertigter Leichenpaß beizubringen, welchen der Schiffskapitän für die Dauer der Fahrt in 
Verwahrung nimmt. 
2. Die Ausstellung der Leichenpässe liegt im Deutschen Reiche den von den Landesbehörden, in 
den Schutzgebieten den vom Reilchskanzler zu bezeichnenden Stellen, im Auslande den dazu ermöchtigten 
Gesandten und Konsuln des Reichs ob. Für Leichen von Personen, welche an Cholera, Fleckfieber, Pest 
oder Pocken verstorben sind, dürfen solche Pässe erst dann ausgestellt werden, wenn mindestens ein Jahr 
nach dem % verflossen ist. 
bel 3. Dem Gesuch um Erteilung elnes Leichenpasses sind in Urschrift oder beglaubigter Abschrift 
zufügen 
- eine vorschriftsmäßig ausgefertigte Sterbeurkunde, welche Namen, Stand, Alter und Todestag 
des Verstorbenen enthält 
b) eine tunlichst auf Grund seiner Außerung des Arztes, welcher den Verstorbenen behandelt hat, 
ausgestellte Bescheinigung über die Todesursache. Kommt die Leiche aus einem Orte, an dem 
Cholera, Fleckfieber, Pest oder Pocken herrschen, so ist gleichzeitig zu bescheinigen, daß der 
Beförderung der Leiche gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen; 
D) eine Bescheinigung des bei der Einsargung zugegen gewesenen Sachverständigen (§ 2, Abs. 1) 
drüter daß die Einsargung vorschriftsmäßig erfolgt ist. 
i Leichen von Angehörigen der Armee oder der Marine genügen die von der zuständigen 
— — Dienststelle ausgefertigten Nachweise zu Abs. 3, a bis c. Im Auslande kann auf die 
zu b vorgesehene Bescheinigung verzichtet werden, wenn dem zur Ausstellung des Leichenpasses zuständigen 
Gesandten oder Konsul des Reichs die zu bescheinigenden Tatsachen belannt sind. 
Bei Leichen aus solchen ausländischen Staaten, mit welchen eine Vereinbarung wegen wechsel- 
seitiger Mierkeriune der Leichenpässe abgeschlossen ist, genügt die Belbringung eines der Vereinbarung 
entsprechenden Leichenpasses. 
« 6. Bei der Beförderung von Leichen in das Ausland hat der Kapitän auch darauf zu sehen, 
daß die nach den Bestimmungen des Auslandes erforderlichen Nachweise beigebracht sind. Werden aus- 
ländische Häfen angelaufen, so hat der Kapitän auch die dort geltenden Bestimmungen zu beachten. 
2. 1. Die Einsargung der Leiche hat in Gegenwart einer von der zuständigen Behörde des 
Sterbeorts oder des seltherigen Bestattungsorts hierzu zu bestimmenden sachverständigen Person zu erfolgen. 
Diese Person wird bei Leichen von Angehörigen der Armee oder der Martne von der zuständigen Militär- 
behörde oder Dienststelle, im Ausland in Ermangelung einer für den Ort zuständigen Landesbehörde von 
dem Gesandten oder Konsul des Relchs bestimmt. 
2. Die Leiche muß in einem hinlänglich widerstandsfähigen, luftdicht zu verlötenden Metallsarge 
eingeschlossen und dleser von einem fesigefugten Holzsarge dergestalt umgeben sein, daß jede Verschiebung 
des Metallsarges in der Umhüllung verhindert wird. Der Holzsarg ist in einer Kiste derart zu verpacken, 
daß auch Peer jede Verschicung. des Inhalts ausgeschlossen ist. 
3. Falls die Leiche nicht vollständig elnbalsamiert wird, und es sich nicht um eine Besörderung 
von kürzerer Dauer handelt, ist die Leiche durch Einspritzung einer konservierenden Flüssigkeit z. B. von 
etwa 5 1 einer weingeistigen Lösung von Formaldehyd (10 prozentig) oder Rohkresol (5prozentige) 
oder Sublimat (2prozentig) oder Chlorzink (10 prozentig), in eine oder mehrere leicht zugängliche 
Arterien usw. gegen Verwesung möglichst zu schützen; auch ist der Boden des inneren (Metall.) Sarges 
mit einer geichichen Schicht Sägemehl, Torfmull oder mit anderen aufsaugenden Stoffen zu bedecken. 
4. Diese Bestlmmungen finden sinngemäße Anwendung bei Leichen (Leichenresten), welche für die 
überseeische Eesörderung wieder ausgegraben worden sind. 
1. Sollen Leichen von Personen, welche während der Reise an Bord gestorben sind, aus- 
nahmsweise 14 zum Bestlmmangshafen mitgeführt werden, so ist tunlichst nach § 2 Abs. 2 und 8 zu 
verfahren. Dauert die Reise von der Todesstunde bis zur Ankunft am Begräbnisorte weniger als drel 
Tage, so borf von der Einsargung abgesehen werden. 
Leichen von Personen, welche während der Relse an Cholera, Feeckieber, Pest oder Pocken 
— sind, dürsen an Bord nicht weiter befördert werden. 
4. Leichen sind an Bord von Schiffen tunlichst getrennt von Nahrungs- und Genußmitteln 
und derart aufzubewahren, daß eine Belästigung der Reisenden und der Besatzung vermieden wird. 
8 5. Die vorstehenden Bestimmungen treten am 1. Juli 1906 in Kraft. 
 
	        
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