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und der Flaggenstock, der früher die deutsche Fahne
trug, ist abgeknickt vom Sturm und hat mir zur
Feuerung gedient, .
-VotJahren,alsdieEinqebornenindequssawas
bucht noch ihre regelmößigen Reisen nach dem Westen
(Nakanal) zur Gewinnung des Muschelgeldes machten
und die Sklavenexpeditionen noch in Blüte waren,
wurden die Taleleinseln häufig aufgesucht. Sie
pflegten dort von ihren Strapazen auszuruhen oder
auf den Riffen dem Fischfang obzuliegen. Jetzt,
wo der Einfluß der Mission und Regierung in diesen
Revieren fühlbar geworden ist, erinnern nur noch
alte, zerfallene Hütten und wenige Kokosbäume an
die alten Zelten. Die kleineren Inselchen der Talele-
gruppe, meist nur mit spärlichem Baumwuchs bedeckt,
sind des Abends das Stelldicheln von zahllosen See-
vögeln. Sobald die Sonne zur Rüste geht, sammeln
sich hier von allen Himmelsgegenden die großflüge-
ligen Fregattenvögel. Bevor sie ihr Standaquartler,
die „lolo na daula“ (d. i. Fregattenvogelinsel), einen
länglichen, mit niedrigen Bäumen bestandenen Ko-
rallenfelsen, beziehen, kreisen sie hoch in den Lüften
und „tanzen“, wie die Eingebornen sich ausdrücken
„dia malangene“. Mojeslätisch schweben sie droben,
umkreisen einander, senken sich herab und heben sich
wieder. Nur in langen Zwischenpausen erfolgt ein
Flügelschlag und dazu ihr klagendes Krächzen, das
ganz harmonisch in das Stlmmungsbild der ein-
schlummernden See ringsum paßt. Man wird nicht
müde, dem Spiel der heimkehrenden Luftsegler zuzu-
schauen. Jeden Augenblick glaubt man, sie würden
in ihrem tollen Hin= und Herkreisen aufeinander-
stoßen. Aber nein, sie welchen sich hundertmal
ebenso geschickt aus. Wenn dann endlich die Sonne
erst langsam und feierlich, dann rascher und rascher
wie eln feuriger Ball in die Fluten taucht, zum
lehtenmal die Meereinöde überstrahlt und den west-
lichen Himmel vergoldet, dann lassen sie sich alle
auf dem Felsenelland nieder. Es entsteht dabel ein
Drängen und Schreien, das noch bis spät in die
Nacht hinein nicht aufhören will. Wenn das Meer
ruhig ist, begeben sich zuwellen die Massawaleute
dahin, um die Vögel mit der Hand zu erhaschen
oder mit Stöcken zu erschlagen. Das Fleisch der-
selben verspelsen sie und hängen die Flügel als
Trophäen an die Bäume. Möwen und Seeschwalben
übernachten ebenfalls auf den klelnen Felseninseln,
Tauben und fliegende Hunde dagegen nur auf den
drei größeren Inseln. Schon vor Tagesanbruch er-
wachen die Vögel und zerstreuen sich lärmend auf
der offenen See, Tauben und fliegende Hunde eilen
dem Festland zu.
Die Möwen (Sterna anaestheta) nisten auf
den zahlreichen Sandbänken in der Nähe am Kap
Tongilus. Die Seeschwalben (Anous stolidus,
sterna bergü, sterna longipennis) bauen ihre
Nester auf den fast kahlen Felseneilanden der Talele-
gruppe. Möwen und Seeschwalben leben häufig
zusammen. Das Treiben der silberwelßen Möwen
und Seeschwalben belebt die einsame See. Trotzdem
dle Fregattenvögel käglich zu Tausenden auf Talele
übernachten, habe ich dort kein Nest von ihnen ent-
decken können; auch den Eingebornen sind ihre Brut-
plätze unbekannt.
Die Ostküste Bainings, die etwa am Rügenhafen
beginnt und im Hintergrunde der weiten Bucht
endigt, ist mehr flach, weniger sumpfig und nur mit
einem schmalen Gürtel von Korallen besäumt. Die
Berge treten hier, außer am Kop Bogengang, nicht
dicht ans Meer heran, wodurch das Landschaftsbild
an Reiz verliert. Da diese ganze Küstenstrecke un-
bewohnt ist, so ist bis jetzt die Erforschung derselben,
obwohl in nächster Nähe des Zentralverkehrpunktes
im ganzen Bismarck-Archipel, noch nicht in Angriff
genommen. Elne der relzvollsten Szenerien der Ost-
küste ist unstreitig der Rügenhafen. Man muß schon
ganz nahe der Küste entlang fahren, um den schmalen
Einschnitt ins Land zu bemerken. Niemand würde
bei der Einfahrt anfangs ahnen, daß am Ende des
unscheinbaren Kanals ein geräumiges, von der Natur
gebildetes Wasserbecken versteckt ist. Doch rücken wir
langsam vorwärts in der kaum 50 m breiten Wasser-
aße. Die sleilen felsigen Ufer sind mit üppigem,
dunkelglänzendem Pflanzenwuchs überhangen, der sich
im ruhlgen Wasser klar widerspiegelt, und schwert-
blättrige Pandanus ragen aus demselben empor.
Plötzlich erweltert sich der Wasserarm nach allen
Seiten. Rechts taucht ein niedliches Eiland hervor;
links heben sich die Kronen einiger Kokospalmen
vom Waldesgrün deutlich ab. Frühere Besucher
haben sie wohl dort angepflanzt. Prächtiger Wald
erfreut das Auge ringsum. Lelder verunzlert ein
Streifen Mangrovenwald mit seinem morastigen,
übel dünstenden Untergrunde das einzige Bild und
drängt uns schnell wieder aus der idyllischen Ein-
samkeit in die hochgehende See.
Kus dem Pereiche der Mistonen und
der Antisklaverei-Bewrgung.
Visitationsbericht aus Deutsch-Ostafrika.
Ende April ist Bischof Hennig, einer der
Missionsdirektoren der Brüdergemeinde, von seiner
ostafrikanischen Visitationsreise nach Berthelsdorf bei
Herrnhut zurückgekehrt. Er hat nach einem flüch-
tigen Besuch in Uganda die westlichen Gebiele
Deutsch-Ostafrikas vom Viktorla= bis zum Nhassasee
durchzogen und dabei längeren Ausenthalt in der
von der Brüdergemeine ins Werk gesetzten Unyam-
wesi= und Nyassamission genommen. Aus seinem im
Missionsblatt der Brüdergemeine veröffentlichten
Reisebericht entnehmen wir die folgenden interessanten
Momentbilder.
Muansa, 19. Mai 1905. Wir sind in der
Bucht von Muanso, einem weit ins Land sich er-
streckenden Arm des Sces mit felsigen aber frisch-