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in das Innere der Kolonie und in deren Nachbarschaft
entsandt. Nach einem kürzlich eingegangenen Berichte
ist es dlesen Anwerbern gelungen, etwa 2000 Arbeiier
zu beschaffen, von denen inzwischen 500 bereits auf
den Arbeitsplätzen angelangt, während die übrigen
1500 unterwegs sind. Sollten diese, was aller-
dings zweifelhaft ist, der elngegangenen Verpflichtung
alle treu bleiben, so würde die Zahl der Arbeiter,
welche gegen Ende März d. Is. etwa 4200 bis
4500 betrug, auf ungefähr 6500 anwachsen. Neuer-
dings hat uns das Gouvernement auch die Be-
schäftigung vordem Aufständischer aus dem Süden
der Kolonie gestattet; jedoch find bisher noch keine
Arbeiter von dort gekommen. Endlich ist für den
Fall, daß durch die geschilderten Maßnahmen der
Bedarf an Arbeitern noch nicht genügend gedeckt
seln sollte, die Einführung asiatischer Arbeiter vor-
gesehen.
Tellweise gehemmt wurden die Arbeiten auch
durch Hochwasser, die in der letzten Regenperiode
außergewöhnlich zahlreich und mächtig auftraten und
stellenweise die Verlegung der Linie oder die Er-
neuerung bereits fertiggestellter Strecken notwendig
machten.
Dagegen sind, dank der großen Aufmerksamkeit,
welche die Bauleitung der Gesundheitspflege der
Beamten und Arbeiter angedeihen läßt, Störungen
infolge Massenerkrankungen, wie dies beim Bau
anderer afrikanischer Bahnen wiederholt der Fall
gewesen ist, bei unserem Bahnbau nicht vorgekommen.
Im allgemeinen war der Gesundheitszustand zu-
friedenstellend. Der Gesundheitsdienst untersteht zwei
ausschließlich für unser Unternehmen gewonnenen
ürzten, die mit der Behandlung von Tropenkrank-
heiten besonders vertraut sind, und von denen einer
in Daressalam, der andere am Kingant stationiert
sind. Daneben wurde seit August v. Is. zweimal
wöchentlich ein Arztgehilfe nach den Arbeitsplätzen
hinausgesandt, um in den ziemlich zahlreichen Fällen
kleinerer Verletzungen Verbände anzulegen. Ferner
wurde die Verwaltung der Krankenbaracken, auch die
vollständige Versorgung und Verpflegung der Kranken
und des Hilfspersonals vom Baubureau auf den
Gesundheitsdienst übertragen und für diesen ein
besonderes Haus gemietet, da zu befürchten war, daß
bei dem großen Zuwachs an Europäern, wie er in
letzter Zelt in Daressalam stattgefunden hat und
noch immer stattfindet, die Räume des Gouvernements-
krankenhauses in Zukunft nicht ausreichen würden,
um auch die Kranken des Arbeitspersonals aufzu-
nehmen. In diesem Hause befinden sich neben dem
Bureau des Gesundheitsdienstes eine Station zur
Behandlung und Verpflegung hospitalbedürftiger
Kranker, eine Niederlage von guten, preiswerten
Lebensmitteln sowie eine Einrichtung zur Herstellung
keimfreien Wassers mit oder ohne Kohlensäure.
Was den Fortgang des Baues im einzelnen
anlangt, so sind die Vorarbeiten unter der Leitung
von fünf Ingenieuren, die das von uns übernommene
Material der Vorstudlenexpedition benutzten, so gut
wie beendet. Die Pläne bis Kilometer 190 haben
bereits unsere und die landespolizeiliche Genehmigung
des Gouverneurs erhalten.
Bei der endgültigen Feststellung der Linien-
führung war insbesondere die Bestimmung des
Ausgangspunktes der Bahn in Daressalam Gegen-
stand eingehender Erwägungen.
In dem Bestreben, die Bahnhofsanlagen in
Daressalam möglichst zweckmäßig zu gestalten, wurden
verschiedene Entwürfe aufgestellt, bei denen auf
die künftige Entwicklung des Güterverkehrs und tun-
lichstes Erleichtern des Überschlagsverkehrs vom See-
schif auf den Eisenbahnwagen durch vermehrte
Gleisanlagen in nächster Nähe des Hafens Rücksicht
genommen werden sollte. Schließlich wurde der
von uns erwogene Plan, einstwellen die gesamten
Bahnhofsanlagen am Hafen herzustellen, hauptsäch-
lich aus gesundheitlichen Bedenken fallen gelassen;
die Hauptstation wird nunmehr auf dem 10 m über
dem Hafen liegenden Gelände des früheren Exerzier=
platzes zwischen der Kaiser= und Araberstraße an-
gelegt. Eine Verbindungsbahn führt vom Haupt-
bahnhofe zu dem am Hafen im Bau befindlichen
neuen Zollschuppen und Lagerhause.
Vom Bahnhofe aus wendet sich die Bahnlinie
alsbald nordwestlich, kreuzt die Pugustraße sowie die
im Bau befindliche Bagamoyostraße und hält sich
dann parallel der Pugustraße. Von Kilometer 17 ab
wird die von der Studienkommission festgestellte
Linienführung im Tale des Simbasi innegehalten,
bei welcher die Wasserschelde des Mpiil in der Höhe
von 157 m überwunden wird, während die von den
früheren Expeditionen aufgestellten Entwürfe die
Überschreltung der Wasserscheide in der Höhe von
250 m vorgesehen hatten. Nach üÜberschreitung zahl-
reicher von den Pugubergen kommender Flüsse und
Bäche wird bel Kilometer 39 das etwa 3 km breite
Uberschwemmungsgeblet des Kingani erreicht. Von
hier ab wird die Bahn in ziemlich genau westlicher
Richtung bis zum Agerengereflusse verlaufen, diesen
bei Kilometer 157 überschreiten und sich schließlich am
Fuße des Uluguru-Gebirges im Tale des reißenden
Kwasi-Lukonde-Flusses nach Morogoro hinziehen.
Der für die Bahnstrecke erforderliche Grund-
erwerb ist in der Hauptsache abgeschlossen. Er
ging überall glatt vonstatten; für die Grundstücke
im Stadtbezirk Daressalam wurden die Preise mit den
Besitzern vereinbart, für das Land im Innern wurden
von den Behörden Einheitspreise festgesetzt, welche
von den Eingeborenen ohne weiteres anerkannt wurden.
Die Eigentumsgrenzen wurden hier unter Zuzlehung
der Jumben (Gemeindevorsteher) festgesetzt und die
durchweg sehr bescheidenen Kaufgelder an die Ein-
geborenen ausgezahlt.
Die Erdarbeiten sind bis Kilometer 190 ver-
geben und im vollen Gange. Ab und zu mußte der
Boden mit der Hadcee gelöst, an anderen Stellen durch
Sprengung des Kalksandstelnes vorbereitet werden.