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Deutsch-Südwestafrika.
An Stelle des in den Ruhestand getretenen Generalmajors Leutwein wurde der Kaiserllche
eneralkonsul in Kapstadt v. Lindequist an die Spitze der Schutzgebietsverwaltung berufen. Er traf
am 21. November v. J. in Swakopmund ein, nachdem er kurz vorher in Lüberitzbucht von dem mit
der Vertretung des Gouverneurs betrauten Generalleutnant v. Trotha die Geschäfte übernommen hatte.
Die von ihm angetroffene Kriegslage gestattete es ihm, an die Pazifizierung des Hererolandes auf
feieblichen Wege heranzutreten, indem er mit Hilfe der Missionare die Sammlung der im Felde
zerstreuten Herero in die Wege leitete und biszher mit gutem Erfolge durchführte. Kriegerische Unter-
nehmungen haben seither im Hererolande nicht mehr stattgefunden, was dem Wiederbeginn der Farm-
arbeiten an manchen Orten zugute kam. Es war dies jedoch nur in beschränktem Umfange möglich,
da es den durch den Aufstand schwer geschädigten Farmern an den erforderlichen Geldmitteln gebricht.
Die Hoffnung, dieser wirtschaftlichen Depression durch Gewährung weiterer Hilfeleistungen seitens des
Reichs zu begegnen und den Wiederaufbau der Wirtschaftsbetriebe in ein beschleunigteres Tempo zu
bringen, verwirklichte sich infolge der ablehnenden Haltung der Majorität des Reichstags nicht. Die
Kolonialverwaltung ist jedoch von der Notwendigkeit des staatlichen Vorgehens nach der erwähnten
Richtung überzeugt und wird nicht unterlassen, mit einer diesbezüglichen Forderung erneut an die
hesetzgebenden Körperschaften heranzutreten.
Als eine Folge der durch die Aufstandsbewegung geschaffenen Lage erging unter dem
26. Dezember 1905 die Kaiserliche Verordnung, betreffend die Einziehung von Vermögen Eingeborener
in südwestafrikanischen Schutgebiete. ) Diese Verordnung ermächtigt den Gouverneur, das Stammes-
vermögen solcher Eingeborener, welche gegen die Regierung, gegen Nichteingeborene oder gegen andere
Eingeborene kriegerisch-feindselige Handlungen begangen oder bei diesen Handlungen mittelbaren oder
unmittelbaren Beistand geleistet haben, ganz oder teilweise einzuziehen. Durch Verfügung vom
23. März d. J. machte der Gouverneur von der in der Verordnung ihm gegebenen Ermächtigung
Gebrauch, indem er vorerst die Einziehung des gesamten beweglichen und unbeweglichen Stammes-
vermögens aller Herero nördlich des Wenderreifes des Steinbocks, sowie der Zwartbooi-Hottentotten
von Franzfontein und der Topnaar-Hottentotten von Zeßfontein in die Wege leitete. Bezüglich der
Einziehung des Stammesvermögens der aufständischen Namastämme hat sich der Gouverneur weitere
Entschließung vorbehalten. -
Jur Steuerung des Spirituosen-, Waffen= und Munitionsschmuggels, wie der Tierfeuchen-
einschleppung wurde durch Gouvernementsverordnung vom 25. Januar d. J.“) die Einfuhr von
Feuerwaffen, Munition, Pferden und Spirituosen in das Ovamboland verboten und die Ausübung
des Handels wie auch die Anwerbung von Eingeborenen im genannten Gebiete von der Genehmigung
bes Gouvernements abhängig gemacht. Daneben ist bis auf weiteres der Lutritt in diesen Teil des
Schutzgebiets unter Zulassung der erforderlichen Ausnahmen überhaupt untersagt worden. Beti dieser
Sachlage wird auch einer unerwünschten Beunruhigung des als Arbeiterreserve wertvollen Gebiets
vorgebeugt, was insbesondere der Entwicklung der Minenbetriebe bienlich sein wird.
Die durch die Kriegslage geschaffenen Verhältnisse riefen eine lebhafte Zuwanderung zweifel-
eriter Elemente hervor. Diese Elemente singen an für die ösineliche Sicherheit des Schutgehiets
ns ernste Gefahr zu bedeuten. Dem Beispiele in fremden Kolonialgebieten, insbesondere der Kap-
kolonie, folgend, erlies der Gouverneur daher zur Behebung des Mißstandes unter dem 15. Dezember v. J.
eine die Einwanderung regelnde Verordnung, nach der durch die zuständigen Behbrden ungeeigneten
Personen der Jutritt versagt werden kann..)
) Vogl. Amtliches Kolontalblatt 1906, S. 1.
)sVel. Amtliches Kolonlalblatt 1906, S. 222 f.
*) Val Amtliches Kolonialblatt 1906.