IX. Die Zeit des Ringens nach Einheit. und Freiheit. 97
Kirche wurden neu geordnet, damit beide Konfessionen in Frieden, eine
jede nach ihrer Art, bei einander leben konnten. Adel und Geistlichkeit
wurden in ihren Vorrechten beschränkt, dagegen erhielt der Bauernstand
durch die Aufhebung der Leibeigenschaft größere Freiheit. Eine segens-
reiche Thätigkeit entfaltete der „Landwirtschaftliche Verein für Bayern“,
der den Bauernstand durch lehrreiche Bücher, Vorträge und Gründung
von Musterwirtschaften zu besserer Bodenbebauung auregte. Das ver-
altete Zunftwesen wurde damals beseitigt und das Gewerbe erhielt eine
freiere Gestaltung. Durch Förderung der Waldkultur, des Bergbaues
und des Salinenwesens mehrten sich die Einkünfte des Staates.
2. Für die Rechtspflege ward ein neues Strafgesetzbuch eingeführt.
Jedes Gericht erhielt einen Gerichtcarzt. Auch die Schutzpockenimpfung
ist damals für jedermann vorgeschrieben worden. Die Schulpflicht
wurde auf sechs Jahre und das Schulgeld wochentlich auf 2 Kreuzer
festgesezt. Auch die Sonn= und Feiertagsschulc kam zur Einführung.
Die Gelehrtenschulen hielten eine neue Studienordnung. Die kleineren
Universitäten, wie Altdorf und Dillingen, wurden aufgehoben und
dafür die drei Landesuniversitäten Landshut, Erlangen und Würzburg
reichlich unterstützt.
3. Die größte That des Königs Maximilian bestand jedoch darin,
daß er im Jahre l#sl#s seinem Lande eine Verfassung gab, durch
welche Rechte und Pflichten sowohl des Königs als auch des Volkes
sestgesett und auch dem Volke ein Anteil an der Regierung des
Landes zugestanden wurde. «
97. Die allgemeine Wehrpflicht.
18 14.
Preußen hatte mit seiner neuen Heereseinrichtung glückliche Er-
folge gehabt. Es entstand daher der Wunsch, diese Einrichtung als
Grundlage der Heeresverfassung für künftige Zeiten festzulegen. Das
geschah in Preußen durch das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht vom
3. September 1814. Dieses Gesetz bestimmte: Jeder Eingeborene ist
zur Verteidigung des Vaterlandes verpflichtet, sobald er das zwanzigste
Jahr vollendet hat. Drei Jahre befindet sich die Mannschaft bei den
Fahnen und wird dann in ihre Heimat entlafsen, um im Falle eines
Krieges zum Ersatze des stehenden Heeres zu dienen. Junge Leute
aus den gebildeten Ständen, die sich selbst kleiden und bewaffnen
können, sollen die Erlaubnis bekommen, sich in die Jäger= und Schützen-
korps aufnehmen zu lassen. Nach einjähriger Dienstzeit werden sie
beurlaubt und sollen später die ersten Ansprüche auf Offizierstellen in
der Landwehr haben. Die Landwehr dient nur im Kriege zur Unter-
stützung des stehenden Heeres und zur Verstärkung der Garnisonen-
Der Landsturm tritt nur bei einem feindlichen Einfall in die Pro-
binzen zusammen. Wer im stehenden Heere länger dienen will, als