Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

sorischerweise ein Gefängnis errichtet werden. Exer- 
zierplatz, Kaserne und Gefängnis werden definitiv an 
den östlichen Fuß des die Station tragenden Hügel- 
rückens, also auf die der Landungsstelle abgewendeke 
Seite, zu liegen kommen. Mit der Planierung des 
Geländes ist dort bereits begonnen. Das für die 
Wohnhäuser und das Gefängnis gelieferte Bau- 
material ist so reichlich bemessen, daß Döllinger mit 
demselben noch einen festen Lagerschuppen für Vor- 
räte wird anlegen können; als Platz hierfür ist die 
Stelle des jetzigen provisorischen Kasernengebäudes 
in Aussicht genommen. Der Gesundheitszustand auf der 
Station war mit Ausnahme desjenigen des Stations- 
chefs ein guter. Döllinger leidet an häufigen Fieber- 
anfällen und Magenbeschwerden. Von den 51 Po- 
lizeisoldaten waren zwei krank, davon der eine an 
Schwindsucht, offenbar schon selt der Zeit vor seinem 
Eintreffen in Kieta. Da auf der Station ein Heil- 
gehilfe und Raum für Unterbringung von Kranken 
nicht vorhanden ist, habe ich die beiden Kranken mit 
bierher gebracht. 
Die Straße an der Küste entlang ist nördlich 
der Statlon in eliner Ausdehnung von etwa 7 km, 
südlich davon in etwa 12 km Länge in den schwie- 
rigsten Teilen ausgebaut. Diese anerkennungswerte 
Leistung in der Zeit, in welcher der Ausbau der 
Station selbst noch nicht sehr weit fortgeschritten ist, 
konnte nur dadurch erreicht werden, daß sich die 
Eingeborenen der näheren und weileren Umgebung 
der Station ohne Zwanganwendung zu Frondiensten 
beim Wegebau bereitfanden. Zu denselben stellten 
sich in letzter Zeit auch Leute aus Dorsschaften, 
welche dem Stationschef noch nicht dem Namen nach 
bekannt waren, und ohne daß eine besondere Auf- 
forderung zur Stellung von Fronarbeitern ergangen 
ist. Zur Zeit waren beim Wegebau etwa 40 Ein- 
geborene beschäftigt. Soweit die Straße von mir 
begangen wurde, ist sie zweckmäßig unter Benutzung 
des vorhandenen Materlals und Geländes angelegt. 
Zur Befahrung mit Fuhrwerk wird sie sich in der 
jetigen Trassierung nicht eignen, weil trotz eingelegter 
Serpentinen noch zu steile Steigungen vorkommen. 
Zur Anlage kleiner Durchlässe find leere, eiserne 
Zementtrommeln vertvendet. Vielleicht könnte von 
diesem Materlal noch eine größere Menge zur Ver- 
fügung gestellt werden. Einige nicht unerhebliche 
Felssprengungen müssen vorgenommen und noch zwei 
Brücken erbaut werden, die eine über einen ruhigen 
Flußlauf nördlich der Station, die andere über die 
schmale Ausmündung der Lagune, welche die Missions- 
station Kieta von Norden und Westen unmschließt. 
Im Bereich der Station dauert die Bewegung der 
Bergbevölkerung gegen die Küste zu und die Grün- 
dung neuer Eingeborenenniederlossungen fort. 
Der Eingeborene Dwas, zu dessen Verhaftung 
wegen Mordversuchs am 14. und 16. März von 
der Station aus Expeditionen ins Hinterland von 
Toboroi unternommen worden waren, hatte durch 
eine am Tage vor Einlaufen des „Seestern“ an die 
nächtlichen 
  
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Station gelangle Botschaft selne Unterwerfung an- 
geboten. Zu weiteren Unternehmungen gegen ihn 
war deshalb vorerst kein Anlaß. , 
Am Nachmittag des 1. Mal erschienen die Patres 
Flaus und Seoller von der Maristenmission in Kieta, 
ferner Pater Forestier von Poporang, Vorstand der 
Maristenmission in den Salomons-Inseln, an Bord. 
Dieselben brachten mir zur Kenntnis, daß am 
18. März d. Is. in dem Dorfe Kiwili, eine Stunde 
von der Missionsstation Buin entsernt, bei einem 
Ülberfall drel Männer, ein Weib und 
zwel Kinder erschlagen und die sämtlichen Häuser 
niedergebrannt worden seien. Ich vernahm Pater 
Forestier hierüber und über seine Anschauung bezüg- 
lich des weiteren Vorgehens gegen die Kankanwal- 
Leute, die Anstlfter zur Ermordung Mac Convilles, 
zu Protokoll. Die Protokolle sind den bezüglichen 
Strafakten beigefügt. Bezüglich Kankanwai hielt Pater 
Forestier welteres Vorgehen für weder erforderlich 
noch wünschenswert. Seit der letzten Strafexpedition 
im September v. Is. haben sich die Leute ruhig 
verhalten. Einer der beiden Mörder sitzt auf Alu 
in den britischen Schortlands-Inseln. Von elner 
Bestrafung der neuen Mordtaten in Kiwili fürchtete 
Pater Forestier keine nachteiligen Rückwirkungen auf 
die Sicherheit der Missionsstation in Buin. 
Am Morgen des 2. Mai wurden Pater Forestler, 
Stationschef Döllinger und 20 Polizeifoldaten an 
Bord genommen. Um 2 Uhr nachmittags ankerte 
der „Seestern“ vor der Missionsstation Buin. 
Die Missionsstation ist noch mit den Vätern 
Alotte und Gißwart besetzt. Die zu unterrichtenden 
Missionszöglinge scheinen vorerst noch nach Poporang 
verbracht zu werden. 
ber die Vorgänge in Kiwili konnte ich in 
Buin durch Vernehmung der Missionarxe und Ein- 
geborenen folgendes feststellen: 
Anm 24. September v. Is. war Kiwili bei einem 
Strafzuge wegen zweler Mordtaten niedergebrannt 
worden. Als einer der Hauptschuldigen wurde da- 
mals der Häuptling Kaesi genannt. Kiwili war. 
bald wieder ausfgebaut worden. Ein Tell der Be- 
wohner von Kiwili stammte aus Lawelei, gehörte 
also der Küstenbevölkerung an, der andere Teil 
stammte aus Taqueroi, einem Dorf mehrere Stunden 
landeinwärts in der dem Kronprinzengebirge südlich 
vorgelagerten Ebene. In der Nacht zum 18. März. 
d. Is. waren Leute von Taqueroi nach Kiwili ge- 
kommen und hatten bei Tagesanbruch im Verein 
mit ihren Stammesgenossen in Kiwili die aus 
Lawelei stammenden Leute niedergemacht. Die 
Leichen und sämtliche Hütten in Kiwili wurden 
verbrannt. Die Kiwili-Leute unter Kaesi, der per- 
sönlich eines der Opfer getötet hatte, zogen mit den 
Taquerol-Leuten ab und ließen sich unter letzteren 
nieder, wohl in der Annahme, dort vor Bestrafung 
sicher zu sein. 
Im Interesse der Sicherung des Landfriedens 
schien mir ein Einschreiten erforderlich.
	        
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