Unter-Guinea mit Dahomey. Überall erhob sich
zunächst die Frage, welche Baumwollsorte als die
geeignetste betrachtet werden müsse, ob amerikanische
oder ägyptische einzuführen oder eine der vorhan-
denen einheimischen zu veredeln sei. Weiter war
Gegenstand eingehender Erwägung, wie die Kultur
am besten bewerkstelligt werden könne, ob sie selb-
ständig den Eingeborenen zu überlassen und nur
unter Aufsicht und Anleitung besonderer Agenten
zu stellen oder ob die Anlage von Plantagen vor-
zuziehen sei. Man entschied sich in beiden Fragen
dahin, möglichst alles zu erproben.
Die Anpflanzung guter amerikanischer Sorten
stellte sich überall als unbedingt notwendig heraus.
Die Veredelung der einheimischen würde zu um-
ständlich und schwierig gewesen sein. Ebenso ergab
sich zumeist die Notwendigkeit, die besseren amerlka-
nischen Sorten nur von Europäern in Kultur
nehmen zu lassen, da, wie sich herausstellte, die
Eingeborenen zumeift aus Mangel an dem nötigen
Handwerkszeug, Bewässerungselnrichtungen u. dol.
nicht in der Lage waren, den Boden genügend
intensiv zu bearbeiten.
Im einzelnen mußte für jedes Versuchsgebiet
besonders der geeignetste Samen, die beste und
zweckmäßigste Anlage der Felder, die richtige Zeit
für Aussaat und Ernte unter Berücksichtigung der
besonderen klimatischen Verhältnisse, die Art, Dauer
und Häufigkeit der Bewässerung usw., kurz alles,
was eng mit der eigentlichen Kultur der Baum-
wolle zusammenhängt, ausprobiert werden. Über
diese Einzelheiten der Versuche finden sich in der
Abhandlung ganz genaue Angaben. Man gewinnt
aus ihnen den Eindruck, daß bei den Versuchen ein
erstaunliches Maß zielbewußter, nach vorher genau
erwogenen Plänen verfahrender Arbeit geleistet ist,
die einheitlich von einer Zentrale aus geleitet wurde.
Ülber die Ergebnisse ist im einzelnen folgendes
zu bemerken.
Im Senegalbecken wurden auf zwel Versuchs-
seldern von 34,462 Acres in zwei Ernten etwa
9500 ks Baumwolle geerntet. Die hierbei ge-
sammelten Erfahrungen gestatten den Schluß, daß
neben der Kultur durch Europäer auch eine solche
der Eingeborenen möglich sein wird. Der Schwarze
des Senegaltales ist an sich ein guter Landwirt,
wie seine Pflanzungen von Tabak, Mais usw. be-
weisen, und die von ihm durchschnittlich ausgewandte
Sorgfalt genügt, eine Baumwolle von der Güte
einer mittleren amerikanlschen Art zu erzeugen.
Dneen muß eine möglichst intensive Europäer=
4. tur betrieben werden mit dem Leitsatz: pro-
uetion intensive du type cultural de cotonnier
fourniesant par hectare le plus fort rendement
en argent. Und zwar sind hierbel zwei Kultur-
arten zu unterscheiden; die Kultur in der Regenzeit
und die Kultur in der trockenen Jahreszeit.
Namentlich bei letzterer, zum Teil aber auch schon
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bei ersterer Art hüngt alles von der Bewässerung
ab. Auf sie ist also das Hauptaugenmerk zu richten.
Im Nigerbecken wurden die Versuche zugleich
mit denen der Verwaltungsbehörden vorgenommen.
Deshalb erstreckten sich die Versuche der Association
besonders darauf, den Eingeborenen zur Produktion
amerikanischer Baumwolle zu bringen. Die von
den Eingeborenen berelts hervorgebrachte Baumwolle
genügt zwar nach dem Gutachten der Sachverstän-
digen für einen Teil der französischen Bedürfnisse,
aber es war erwünscht, ein möglichst vollkommenes
Material zu schaffen. Nach den Versuchen der Re-
gierung kann es auch nur als eine Frage der Zeit
angesehen werden, daß es in den am meisten be-
günstigten Landesteilen gelingen wird, durch Ein-
geborenenkulturen Baumwolle zu produzieren, die
der amerikanischen gleichwertig ist. Als besonders
bemerkenswert bei diesen Versuchen ist noch hervor-
zuheben, daß 67 ha — im ganzen wurden etwa
100 ha bepflanzt — einem Eingeborenenhäuptling,
der sich dafür besonders zu eignen schien, unterstellt
wurden unter der Oberaufsicht des Chefs des ger-
vice de P’agriculture du Haut-Senegal et Niger.
Leider war das Gesamtergebnis der Versuche
infolge der ausnahmsweise ungünstigen klimatischen
Verhältnisse des Jahres 1904 sehr gering. Dabei
litten die Kuliuren der Eingeborenen mit einhel-
mischer Baumwolle im allgemeinen mehr unter der
Trockenhelt, da die einheimische Baumwolle eine
längere Zeit zum Wachstum nötig hat als die
amerikanische. Vom kolonialwirtschaftlichen Stand-
punkt aus war man überemstimmend der Über-
zeugung, daß die Grundlage der Baumwollkultur
eine ausgedehnte Eingeborenenkultur sein müsse; und
zwar müsse der Schwarze des Nigerbeckens zunächst
dazu gebracht werden, die besseren amerikanischen
Sorten, deren Samen zu verteilen seien, anzu-
bflanzen, und dann, wenn dies geschehen, müssen
ihm bessere, intensivere Wirtschaftsmethoden beige-
bracht werden. Schon jetzt war die Nachfrage
unter den Schwarzen nach amerikanischer Baum-
wolle sehr groß, da sie gemerkt hatten, daß diese
unter der Trockenhelt infolge ihres schnellen Wachs-
tums weniger gelitten hatte als ihre Sorten. Als
Gesamtergebnis kommt der Verfasser zu dem Schluß,
daß die Baumwollkultur in Senegambien und im
Nigerbecken lebensfählg ist und sich auch in guter
Entwicklung befindet, namentlich nachdem sich auf
Grund der bisherigen Versuche einige der größten
Handelshäuser zur tätigen Beihilfe haben bestimmen
lassen.
Zu dem entgegengesetzten Ergebnis haben die
Versuche in Guinea geführt. Nach ihnen hat es
den Anschein, als ob in Guinea eine wirklich nutz-
bringende Kultur nicht möglich sei, und zwar vor
allem deshalb, weil die Eingeborenen so gut wie
völlig versagt haben. Abgesehen davon, daß es
ihnen an den nötigen Werkzeugen fehlt, um in dem
richtigen Umfange die nötige intensive Wirtschaft