Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

bilden in jetziger Zeit in ihrem Mittel- und Unter- 
lauf ohne Fährmittel absolute Hindernisse. Die 
zahlreichen anderen auf der Karte oft gar nicht ver- 
zeichneten Wasserläufe und die oben verzeichneten 
Flüsse in ihrem Oberlauf machen zu ihrer Über- 
windung einen Brückenschlag notwendig, der günstigsten. 
falls in einem halben Tage erledigt ist. Den 
Landeseinwohnern macht die Überschreitung der Fluß- 
läufe nicht annähernd die Schwierigkeiten wie der 
Truppe. Entweder sie durchschwimmen sie, oder sie 
benutzen nur ihnen bekannte, abseits gelegene Brücken- 
stege, deren Auffindung in den seltensten Fällen 
gelingt, und die auch dann für die durch Reittiere, 
Vieh und Lasten behinderte Truppe nicht ohne welteres 
passierbar sind. Die 8. Feldkompagnie hat beispiels- 
weise Anfang Januar d. J. am Rutukira bei 
Mkekenuri 8 Tage festgelegen, bis ihre Träger einen 
Einbaum gezimmert hatten und aus selbst gedrehten 
Basttauen eine Hängebrücke für Fußgänger von etwa 
40 m Spannung gebaut war. Bei den Übergangs- 
versuchen ertranken 3 Askaris. 
In bezug auf Geländekenntnis, Nachrichtendienst 
und Regelung der Verpflegungsfrage sind die auf- 
ständischen Eingeborenen der Truppe entschieden über- 
legen. Vor allen Dingen die genane Kenntnis ihrer 
Heimat — auf die sich ihr kriegerisches Vorgehen 
in allgemeinen ja beschränkt — und die Geschwindig- 
kelt, mit der Nachrichten auf weite Entfernungen 
übermittelt werden, sind Umstände, die ein schnell 
ersolgreiches Vorgehen der Truppe sehr erschweren. 
Sie ermöglichen es den Rebellen, ihre Taktik durch- 
zuführen, nämlich starken Abteilungen auszuweichen 
und über schwache herzufallen. Die bei der Truppe 
einlaufenden Nachrichten über den Feind sind bei 
dem Mangel an Kavallerie oder irgendwelchen dieser 
entsprechenden ähnlichen Formationen bei dem hier 
herrschenden ausgesprochenen Volkskrieg gegen einen 
Gegner, der der eigenen Truppe an Schnelligkeit 
bedeutend überlegen ist, immer beträchtlich von den 
Ereignissen überholt. Die Leitung ist daher ge- 
zwungen, die Absendung kleinerer Abteilungen zu 
vermeiden und sich darauf zu beschränken, nur stärkere 
vorgehen zu lassen. Ich möchte beinahe sagen, daß 
unter Berücksichtigung der hiesigen Verhältnisse die 
vorübergehende Untätigkeit einer schwachen Abtellung 
weniger schlimm sein kann, als wenn sie sich einer 
Niederlage, die hierzulande meist mit einer Ver- 
nichtung gleichbedeutend sein wird, aussetzt. Einer- 
seits schöpfen die Aufständischen durch jeden Erfolg, 
der, ins Ungemessene vergrößert, weit verbreitet wird, 
neuen Mut und erhalten Zufluß an Streitern, ander- 
seits kommen sie durch die Niedermetzlung von 
Patrouillen in den Besitz von Hinterladern. — Die 
Mindeststärke von Abteilungen in Gegenden, in denen 
Widerstand zu erwarten ist, möchte ich für das 
hiesige Aufstandsgebiet auf 25 mit Hinterladern be- 
waffnete und gut ausgebildete Leute angeben. 
Um die Truppe für ihre Bewegungen frei und 
beweglich zu machen, muß sie Punkte haben, auf die 
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sie sich basieren kann, d. h., auf denen sie ihre Lasten 
niederlegen, Verwundete und Kranke zurücklassen und 
Verpflegung und Munttion bereitstellen kann. Zu 
diesem Zweck habe ich die Kompagnien in den Ge- 
bieten, in denen sie operieren, feste Lager oder Posten 
anlegen lassen. Es sind dies die Posten Pembalioto, 
Likuyu, Kitanda, Gumbiro und Mbeyera. Hiervon 
sind zur Zeit die beiden erstgenannten wieder auf- 
gegeben. Die anderen Posten — Nyamtumbo, 
Ruanda, Liganga, Mkekenuri, Lukumburu — sind 
oder waren teilweise nur errichtet, um die Haupt- 
straßen offen zu halten. 
Sämtliche Posten haben, wie schon im Anfang 
ausgeführt, den großen Vorteil, dem Neger vor 
Augen zu führen, daß es den Europäern mit ihrem 
Vorgehen ernst ist, sie sich für längere Zeit einrichten 
und nicht eher nachlassen, als bis die Unterwerfung 
durchgeführt ist. 
Die Posten haben dagegen den einen großen 
Nachteil, daß sie einen beträchtlichen Teil der Truppe 
als Besatzung von den im freien Felde operierenden 
Abteilungen absorbieren. Die vorgenannten Vorteile 
überwiegen diesen Nachteil aber derartig, daß ich 
nicht auf sie verzichten konnte. 
Soweit die Lage sich heute übersehen läßt, ist 
an das Zurückziehen der 8. und 13. Feldkompagnie 
aus dem Ssongeabezirk und seinen Grenzgebieten 
vor Jahresfrist wahrscheinlich nicht zu denken. Elne 
derartige Maßnahme würde auf die jetzt Unter- 
worfenen den denkbar schlechtesten Eindruck machen 
und die noch Aufständischen zu neuem Widerstand 
ermutigen. 
Zum Schluß möchte ich das hervorragende Ver- 
halten der Truppe würdigen. Die Askaris haben 
sich, obgleich zu beinahe 50 v. H. aus Rekruten 
bestehend, bis auf eine Ausnahme als tapfer und 
vollkommen zuverlässig gezeigt. Geduldig und freudig 
haben sie alle Unbilden der Witterung und alle 
Strapazen des Feldzuges ertragen und sind mit der 
oft nicht ausreichenden Verpflegung, die ihnen das 
verwüstete Land bot, zufrieden gewesen. 
Sum Sabnbau in Ostafrika. 
Die Wiederherstellungsorbeiten des Oberbaues an 
den Stellen der Strecke der ostafrikanischen Zentral- 
bahn, die durch die letzten Hochwasser Schäden erlitten 
hatten, sind beendet. Der Betrieb auf der Bahn 
wird voraussichtlich am 1. Oktober d. Is. eröffnet 
werden. Es wird beabsichtigt, Daressalam — Pugu 
(Kilometer 21) dem öffentlichen Verkehr zu über- 
geben. Die Arbeiten auf den weiteren Strecken 
werden so gefördert werden, daß bald weitere 
Strecken dem Verkehr übergeben werden können.
	        
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