kamen unmittelbar aus dem Kampf als aktive Mis-
sionare; das gab der Konferenz ihr besonderes Ge-
präge. Man hat es den Leuten angespürt und aus
ihren Worten heraus gehört, daß sie es mit einem
gewaltigen Gegner zu tun haben; am stärksten war
dieser Eindruck bei den Brüdern aus der Türkei.
Der Leiter der Verhandlungen war Dr. Zwemer,
ein Amerikaner von holländischer Abkunft, der in
erster Linie die Konferenz ins Leben gerufen hatte.
Der Nestor unter den Teilnehmern war der ameri-
kanische Presbyterlaner D. Jessup aus Beirut, ein
Mann von 50 Dienstjahren, aber immer noch mit
Feuer in den tiefliegenden Augen. Ihm gab an
reifer Erfahrung wenig nach D. Herrick aus Kon-
stantinopel, der seit 1859, also auch seit 47 Jahren,
an den Türken arbeitet und ihnen die Bibel in ihrer
Muttersprache gegeben hat.
Das Programm der Konferenz war in der Weise
geordnet, daß die ersten 1½ Tage einen Überblick
über die religiös-sittlichen Zustände in allen Ländern
der mohammedanischen Welt verschaffen sollten, die
übrige Zeit ober auf die Erörterung der Methoden
und Schwierigkeiten der Mohammedaner-Mission
verwandt wurde. Jedes der großen Gebiete von
Nordafrika bis China war mit einem oder mehreren
Referaten vertreten. Man bekam einen Eindruck
von den Massen, mit denen es die Mohammedaner=
Mission zu tun hat. Indien allein hat bekanntlich
62 Millionen Mohammedaner. Arabisch redende
Mohammedaner gibt es 45 Millionen. Selbst im
westlichen China findet sich eine große mohammeda-
nische Bevölkerung, deren Schätzung zwischen 10 und
30 Millionen schwankt. Im ganzen mag man die
Anhänger des Islam auf 210 Millionen schätzen.
Die Mehrzahl wird von der christlichen Mission
entweder noch gar nicht oder nur ungenügend erreicht.
Doch wohnen zwei Drittel dieser 210 Millionen in
Ländern, die jetzt unter christlichen Mächten stehen.
Das bedeutet nicht, daß hier auf die mohammedanische
Bevölkerung irgend ein Druck zugunsten des Christen-
tums ausgeübt würde; die Mission begehrt das auch
nicht. Aber es bedeutet wenigstens ein gewisses
Maß von Religionsfreiheit, während in den Ländern
unter mohammedanischer Herrschaft der Ubertritt zum
Christentum ein todeswürdiges Verbrechen ist. Man
hat freilich auch bei den Ländern unter christlichen
Mächten nur zu oft die Bemerkung gehört, daß die
Regierung zwar angeblich neutral sel, in Wirklichkeit
aber den Islam begünstige.
Unter den Missionsmitteln handelte man beson-
ders eingehend über die literarische Arbeit, die ärzt-
liche Mission und die Arbeit an dem weiblichen
Geschlechte. Die Presse ist in der Mohammedaner=
Mission von großer Bedeutung; sie wird sowohl in
der Türkei wie in Indien eifrig gepflegt. In Beirut
haben die amerikanischen Presbyterianer eine große
Druckerei. Jedes Buch muß natürlich die Genehmi-
gung des Sultans tragen; aber die Missionare haben
allmählich herausgefunden, was von der Zensur ge-
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duldet wird und was nicht, und so können sie sich
bei einiger Vorsicht ziemlich frei bewegen. Es ist
freilich merkwürdig, was alles die Türken beanstanden;
das Wort „Freiheit“ z. B. darf nicht vorkommen.
Die Bbbel ist von dieser Zensur offenbar ausgenommen,
und ihre Verbreitung ist um so wichtiger, da sie ja
auch bei den Moslem einigermaßen als Heil. Schrift
respektiert wird. Am beliebtesten sind das erste Buch
Mose, die Psalmen, die Sprüche und das Evangelium
Johannis. In Indien gibt es daneben eine ganze
Reihe von Zeitschriften in Englisch, Urdu und Arabisch.
Eine dauernde Kommission mit Dr. Weitbrecht
an der Spitze und mit Vertretern in den verschie-
denen Ländern erhielt die Aufgabe, die Herstellung
guter Missionsliteratur für die Mohammedaner weiter
zu fördern. Sie soll besonders dafür sorgen, daß
von dem, was in einer Sprache erscheint, auch die
Missionare anderer Sprachgebiete Kenntnis erhalten,
damit nicht doppelte oder dreilfache Arbeit getan und
so die Kräfte vergeudet werden. Zu diesem Zwecke
will man von Zeit zu Zeit eine Liste der neu-
erschienenen Schriften ausgeben.
Selbstverständlich wurde auch das Lob der ärzt-
lichen Mission gesungen. Sie ist ja auf allen Ge-
bieten, wo noch vorwiegend Pionierarbeit nötig ist,
elnes der wichtigsten Missionsmittel; ein Missionsarzt
aus Indien sagte sogar: Sie ist das Missionsmittel,
wenn sie richtig getrieben wird. Es war eine schöne
Anzahl von Arzten gegenwärtig; so war die Be-
sprechung recht belebt. Der Vorsitzende Dr. Zwemer
sprach lebhaft für baldige Eröffnung einer rein ärzt-
lichen Station in Dschldda, dem Hasen von Mekka,
nur 12 Stunden von Mekka entfernt. In Dschidda
verkehren jährlich 92 000 bis 95 000 Pllger, und
die Gesundheitsverhältnisse müssen schauderhaft sein,
wie auch in Mekka selbst. Für christliche Predigt
wäre hier noch kein Raum, aber ein Missionsarzt
fände ein unendliches Feld der Tätigkelt, und die
türkische Approbation, die er für das türkische Reich
ohnedles erwerben muß, gäbe ihm die nötige Rechts-
grundlage. Es wäre schön, wenn so die Kairoer
Konferenz eine direkte Frucht trüge, im Mittelpunkt
der islamischen Welt.
Aus fremden Kolonien und
Produktionsgebieten.
Sollnachlaß für Seife zur Wollwäscherei in Natal.
Laut einer in der Natal Government Gazette“
vom 29. Juni d. Is. veröffentlichten Proklamation
(Nr. 89/1906) wird gemäß den Bestimmungen des
Zollvereinigungsvertrages zwischen den brttischen
Kolonten usw. in Südafrika (Artikel XVIII) für
Seife und andere Stoffe, die für Zwecke der Woll-
wäscherei eingeführt und ausschließlich in Verbindung
mit dieser Industrie verwendet werden, ein Nachlaß
des ganzen Zolles gewährt.
· (The Board of Trade Journal.)