Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

kamen unmittelbar aus dem Kampf als aktive Mis- 
sionare; das gab der Konferenz ihr besonderes Ge- 
präge. Man hat es den Leuten angespürt und aus 
ihren Worten heraus gehört, daß sie es mit einem 
gewaltigen Gegner zu tun haben; am stärksten war 
dieser Eindruck bei den Brüdern aus der Türkei. 
Der Leiter der Verhandlungen war Dr. Zwemer, 
ein Amerikaner von holländischer Abkunft, der in 
erster Linie die Konferenz ins Leben gerufen hatte. 
Der Nestor unter den Teilnehmern war der ameri- 
kanische Presbyterlaner D. Jessup aus Beirut, ein 
Mann von 50 Dienstjahren, aber immer noch mit 
Feuer in den tiefliegenden Augen. Ihm gab an 
reifer Erfahrung wenig nach D. Herrick aus Kon- 
stantinopel, der seit 1859, also auch seit 47 Jahren, 
an den Türken arbeitet und ihnen die Bibel in ihrer 
Muttersprache gegeben hat. 
Das Programm der Konferenz war in der Weise 
geordnet, daß die ersten 1½ Tage einen Überblick 
über die religiös-sittlichen Zustände in allen Ländern 
der mohammedanischen Welt verschaffen sollten, die 
übrige Zeit ober auf die Erörterung der Methoden 
und Schwierigkeiten der Mohammedaner-Mission 
verwandt wurde. Jedes der großen Gebiete von 
Nordafrika bis China war mit einem oder mehreren 
Referaten vertreten. Man bekam einen Eindruck 
von den Massen, mit denen es die Mohammedaner= 
Mission zu tun hat. Indien allein hat bekanntlich 
62 Millionen Mohammedaner. Arabisch redende 
Mohammedaner gibt es 45 Millionen. Selbst im 
westlichen China findet sich eine große mohammeda- 
nische Bevölkerung, deren Schätzung zwischen 10 und 
30 Millionen schwankt. Im ganzen mag man die 
Anhänger des Islam auf 210 Millionen schätzen. 
Die Mehrzahl wird von der christlichen Mission 
entweder noch gar nicht oder nur ungenügend erreicht. 
Doch wohnen zwei Drittel dieser 210 Millionen in 
Ländern, die jetzt unter christlichen Mächten stehen. 
Das bedeutet nicht, daß hier auf die mohammedanische 
Bevölkerung irgend ein Druck zugunsten des Christen- 
tums ausgeübt würde; die Mission begehrt das auch 
nicht. Aber es bedeutet wenigstens ein gewisses 
Maß von Religionsfreiheit, während in den Ländern 
unter mohammedanischer Herrschaft der Ubertritt zum 
Christentum ein todeswürdiges Verbrechen ist. Man 
hat freilich auch bei den Ländern unter christlichen 
Mächten nur zu oft die Bemerkung gehört, daß die 
Regierung zwar angeblich neutral sel, in Wirklichkeit 
aber den Islam begünstige. 
Unter den Missionsmitteln handelte man beson- 
ders eingehend über die literarische Arbeit, die ärzt- 
liche Mission und die Arbeit an dem weiblichen 
Geschlechte. Die Presse ist in der Mohammedaner= 
Mission von großer Bedeutung; sie wird sowohl in 
der Türkei wie in Indien eifrig gepflegt. In Beirut 
haben die amerikanischen Presbyterianer eine große 
Druckerei. Jedes Buch muß natürlich die Genehmi- 
gung des Sultans tragen; aber die Missionare haben 
allmählich herausgefunden, was von der Zensur ge- 
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duldet wird und was nicht, und so können sie sich 
bei einiger Vorsicht ziemlich frei bewegen. Es ist 
freilich merkwürdig, was alles die Türken beanstanden; 
das Wort „Freiheit“ z. B. darf nicht vorkommen. 
Die Bbbel ist von dieser Zensur offenbar ausgenommen, 
und ihre Verbreitung ist um so wichtiger, da sie ja 
auch bei den Moslem einigermaßen als Heil. Schrift 
respektiert wird. Am beliebtesten sind das erste Buch 
Mose, die Psalmen, die Sprüche und das Evangelium 
Johannis. In Indien gibt es daneben eine ganze 
Reihe von Zeitschriften in Englisch, Urdu und Arabisch. 
Eine dauernde Kommission mit Dr. Weitbrecht 
an der Spitze und mit Vertretern in den verschie- 
denen Ländern erhielt die Aufgabe, die Herstellung 
guter Missionsliteratur für die Mohammedaner weiter 
zu fördern. Sie soll besonders dafür sorgen, daß 
von dem, was in einer Sprache erscheint, auch die 
Missionare anderer Sprachgebiete Kenntnis erhalten, 
damit nicht doppelte oder dreilfache Arbeit getan und 
so die Kräfte vergeudet werden. Zu diesem Zwecke 
will man von Zeit zu Zeit eine Liste der neu- 
erschienenen Schriften ausgeben. 
Selbstverständlich wurde auch das Lob der ärzt- 
lichen Mission gesungen. Sie ist ja auf allen Ge- 
bieten, wo noch vorwiegend Pionierarbeit nötig ist, 
elnes der wichtigsten Missionsmittel; ein Missionsarzt 
aus Indien sagte sogar: Sie ist das Missionsmittel, 
wenn sie richtig getrieben wird. Es war eine schöne 
Anzahl von Arzten gegenwärtig; so war die Be- 
sprechung recht belebt. Der Vorsitzende Dr. Zwemer 
sprach lebhaft für baldige Eröffnung einer rein ärzt- 
lichen Station in Dschldda, dem Hasen von Mekka, 
nur 12 Stunden von Mekka entfernt. In Dschidda 
verkehren jährlich 92 000 bis 95 000 Pllger, und 
die Gesundheitsverhältnisse müssen schauderhaft sein, 
wie auch in Mekka selbst. Für christliche Predigt 
wäre hier noch kein Raum, aber ein Missionsarzt 
fände ein unendliches Feld der Tätigkelt, und die 
türkische Approbation, die er für das türkische Reich 
ohnedles erwerben muß, gäbe ihm die nötige Rechts- 
grundlage. Es wäre schön, wenn so die Kairoer 
Konferenz eine direkte Frucht trüge, im Mittelpunkt 
der islamischen Welt. 
Aus fremden Kolonien und 
Produktionsgebieten. 
Sollnachlaß für Seife zur Wollwäscherei in Natal. 
Laut einer in der Natal Government Gazette“ 
vom 29. Juni d. Is. veröffentlichten Proklamation 
(Nr. 89/1906) wird gemäß den Bestimmungen des 
Zollvereinigungsvertrages zwischen den brttischen 
Kolonten usw. in Südafrika (Artikel XVIII) für 
Seife und andere Stoffe, die für Zwecke der Woll- 
wäscherei eingeführt und ausschließlich in Verbindung 
mit dieser Industrie verwendet werden, ein Nachlaß 
des ganzen Zolles gewährt. 
· (The Board of Trade Journal.)
	        
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