Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

— 644 
Farmbetrieb in dem vollen früheren Umfange wieder 
aufgenommen werden könne. Auch im Bezirk Outjo 
konnte ich feststellen, daß die Farmer sich in größerem 
Umfange als früher auf den Anbau von Mais, 
Karkoffeln und Gemüsen mit Erfolg gelegt haben. 
Auf dem Platze Outjio hatte sich außer den Farmern 
auch eine Deputation der Zwartbool-Hottentotten 
aus Franzfontein eingefunden, um mich zu begrüßen. 
Als ich dieselben unter Führung ihres Missionars 
empfing, fand ich, daß dieselben über die bevor- 
stehende Einziehung des Landes völlig orientiert 
waren und nichts dagegen einzuwenden hatten, wie 
sowohl die Eingeborenen als auch der Missionar bei 
privater Rücksprache versicherten. Sie empfinden 
dieselbe als eine gerechte Strafe für ihren Abfall. 
Ihre Bitte ging nun dahin, daß ihnen nicht alles 
Vieh genommen und ihnen auch künftig erlaubt 
würde, wenigstens zum Teil auf Regierungsland bei 
Franzfonteln zu wohnen. Nachdem ich festgestellt 
hatte, daß das Groß= und Kleinvieh, welches in 
ihrem Besitz ist, nicht Stammesvermögen, sondern 
Einzelvermögen der betreffenden Inhaber ist, erklärte 
ich ihnen, daß von ihrem Vieh nichts zur Einziehung 
gelangen würde, daß ihnen künftighin erlaubt werden 
würde, 500 Stück Kleinvieh auf Regierungsland zu 
halten und einen Teil des Gartenlandes in Franz- 
sontein zu bebauen. Insoweit sie zur Zeit mehr als 
die vorbezeichnete Zahl Vieh besäßen, würde dasselbe 
durch eine Kommission, in der sie selbst vertreten 
wären, abgeschätzt und von der Regierung zum Ab- 
schätzungspreise übernommen werden. Uber diese 
Regelung zeigten sie sich in hohem Maße erfreut 
und befriedigt und gaben dieser Stimmung noch vor 
meiner Abreise zu meiner Uberraschung durch ein 
Schrelben Ausdruck, welches von der Deputation 
unterzeichnet war und in welchem mir der Dank für 
die milde Bestrafung außgesprochen war. 
In Otavifontein, welches von der eltwa 5 km 
westlich liegenden Bahntrace nicht berührt wird, und 
welches ebenso wie das zwischen Otavi und Groot- 
sontein liegende Rietfontein eine sehr starke Quelle 
hat, die ihr Wasser bachartig mehrere Kilometer weit 
in die Ebene entsendet, hat die Otavigesellschaft 10 
Hektar mit Weizen besät und war damit beschäftigt, 
weitere 10 Hektar urbar zu macher. Zu meiner 
Freude beabsichtigt sie mit Unterstützung des Kolonial- 
Wirtschaftlichen Komitees Versuche in Baumwollbau 
anzustellen. Ich halte es für sehr wohl möglich, 
daß dieser Versuch nicht nur in Otavi und Riet- 
sontein, sondern auch noch an verschiedenen anderen 
Stellen des Schutzgebietes, ganz abgesehen vom 
Ovamboland und dem Okavangogebiet, gelingen wird. 
Es wäre in hohem Grade erwünscht, wenn die Ge- 
sellschaft, falls sie Otavi und Rietfontein in eigener 
Wirtschaft behalten will, sich dem Baumwollbau 
oder einem anderen Exportanbau zuwendet und nicht, 
wie vielfach befürchtet wird, durch Selbstanbau von 
Getreide, Mais, Tabak oder Gemüse den Farmern 
und Kleinsiedlern die Absatzmöglichkeit ihrer Pro- 
  
dukte an die Tsumebkupfermine, worauf dieselben auf 
das bestimmteste gerechnet haben, nimmt. Sehr 
zweckmäßig würde es mir erscheinen, wenn die Ge- 
sellschaft für ihre Betriebe in Otavi und Rietfontein 
einen oder mehrere Dampfpflüge anschaffte, die nach 
den mir von Farmern des Bezirks Grootfontein ge- 
machten Mitteilungen von diesen auch gern gemietet 
werden würden, insoweit sie nicht von der Gesell- 
schaft selbst voll ausgenutzt werden. Ich habe die- 
selben in Rhodesia mit gutem Erfolge arbeiten sehen 
und bin überzeugt, daß sie in gleicher Weise im 
Norden des Schutzgebiets Verwendung finden können. 
Die von einem früheren Angehörigen der Schutz- 
truppe für die South-West-African-Company ver- 
waltete und zur Zeit hauptsächlich mit Weizen be- 
pflanzte Farm Rietfontein kann als eine Art Muster- 
betrieb bezeichnet werden. 
Die Zukunft dieses schönen Landstriches ist durch 
den Bau der Otavibahn natürlich noch ungleich aus- 
sichtsreicher geworden. Es wird dadurch die Be- 
siedlung desselben in großem Maßstabe sehr erleich- 
tert. Der Bau dieser Bahn wird sehr bald 
handgreiflich beweisen, ein wie großer Segen Eisen- 
bahnen für die schnelle wirtschaftliche Entwicklung 
des Schutzgebletes sind. Ich zwelfle nicht, daß nach 
Regelung der Besitzverhältnisse ohne Schwierigkeit 
erreicht werden wird, daß die Bewohner des Bezirks 
Grootfontein einschließlich der in demselben statio- 
nierten Truppen und der im Dienste der Regierung 
und Privaten stehenden Eingeborenen aus demselben 
ohne Zufuhr von der Küste verpflegt werden. 
Trotzdem das verflossene Jahr für die Mais- 
ernte besonders ungünstig war, sind erhebliche 
Quantitäten geerntet und auch von der Regierung 
zu Verpflegungszwecken angekauft worden. Beson= 
deren Erfolg verspricht nach den bisherigen Erfah- 
rungen der Tabak= und Weinbau. Ein dorthin 
aus der Kapkolonie eingewanderter Bur beabsichtigt 
außerdem sich der Straußenzucht in größerem Maß- 
stabe zuzuwenden. Er hatte bereits mit Erlaubnis 
des Bezirksomts junge Strauße von Buschleuten 
einfangen lassen und auch die für Straußenzucht 
unentbehrliche Luzerne angepflanzt. Hätte ihn nicht 
die Unklarheit der Besitzverhältnisse des der Gesell- 
schaft gehörigen Platzes gehindert, erheblichere Ka- 
pitalien in den Bau eines massiven Hauses und in 
die Errichtung eines Drahtzaunes um den für die 
Straußenzucht in Aussicht genommenen Teil der 
Farm hineinzustecken, so würde er zweifellos von 
Worten bereits zu Taten übergegangen sein. Ohne 
eine ziemlich hohe Kosten erfordernde Umzäunung 
ist aber Straußenzucht ausgeschlossen. Hierbei möchte 
ich bemerken, daß sich zur Straußenzucht nicht nur 
der Norden, sondern auch große Gebiele des mitt- 
leren und südlichen Teiles des Schutzgebietes eignen. 
Da die Straußenzucht den Farmer von dem inlän- 
dischen Markt unabhängig macht, so sollte der größte 
Wert darauf gelegt werden, daß diesem Produktions- 
zwelge mehr Beachtung als bisher geschenkt wird.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.