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Farmbetrieb in dem vollen früheren Umfange wieder
aufgenommen werden könne. Auch im Bezirk Outjo
konnte ich feststellen, daß die Farmer sich in größerem
Umfange als früher auf den Anbau von Mais,
Karkoffeln und Gemüsen mit Erfolg gelegt haben.
Auf dem Platze Outjio hatte sich außer den Farmern
auch eine Deputation der Zwartbool-Hottentotten
aus Franzfontein eingefunden, um mich zu begrüßen.
Als ich dieselben unter Führung ihres Missionars
empfing, fand ich, daß dieselben über die bevor-
stehende Einziehung des Landes völlig orientiert
waren und nichts dagegen einzuwenden hatten, wie
sowohl die Eingeborenen als auch der Missionar bei
privater Rücksprache versicherten. Sie empfinden
dieselbe als eine gerechte Strafe für ihren Abfall.
Ihre Bitte ging nun dahin, daß ihnen nicht alles
Vieh genommen und ihnen auch künftig erlaubt
würde, wenigstens zum Teil auf Regierungsland bei
Franzfonteln zu wohnen. Nachdem ich festgestellt
hatte, daß das Groß= und Kleinvieh, welches in
ihrem Besitz ist, nicht Stammesvermögen, sondern
Einzelvermögen der betreffenden Inhaber ist, erklärte
ich ihnen, daß von ihrem Vieh nichts zur Einziehung
gelangen würde, daß ihnen künftighin erlaubt werden
würde, 500 Stück Kleinvieh auf Regierungsland zu
halten und einen Teil des Gartenlandes in Franz-
sontein zu bebauen. Insoweit sie zur Zeit mehr als
die vorbezeichnete Zahl Vieh besäßen, würde dasselbe
durch eine Kommission, in der sie selbst vertreten
wären, abgeschätzt und von der Regierung zum Ab-
schätzungspreise übernommen werden. Uber diese
Regelung zeigten sie sich in hohem Maße erfreut
und befriedigt und gaben dieser Stimmung noch vor
meiner Abreise zu meiner Uberraschung durch ein
Schrelben Ausdruck, welches von der Deputation
unterzeichnet war und in welchem mir der Dank für
die milde Bestrafung außgesprochen war.
In Otavifontein, welches von der eltwa 5 km
westlich liegenden Bahntrace nicht berührt wird, und
welches ebenso wie das zwischen Otavi und Groot-
sontein liegende Rietfontein eine sehr starke Quelle
hat, die ihr Wasser bachartig mehrere Kilometer weit
in die Ebene entsendet, hat die Otavigesellschaft 10
Hektar mit Weizen besät und war damit beschäftigt,
weitere 10 Hektar urbar zu macher. Zu meiner
Freude beabsichtigt sie mit Unterstützung des Kolonial-
Wirtschaftlichen Komitees Versuche in Baumwollbau
anzustellen. Ich halte es für sehr wohl möglich,
daß dieser Versuch nicht nur in Otavi und Riet-
sontein, sondern auch noch an verschiedenen anderen
Stellen des Schutzgebietes, ganz abgesehen vom
Ovamboland und dem Okavangogebiet, gelingen wird.
Es wäre in hohem Grade erwünscht, wenn die Ge-
sellschaft, falls sie Otavi und Rietfontein in eigener
Wirtschaft behalten will, sich dem Baumwollbau
oder einem anderen Exportanbau zuwendet und nicht,
wie vielfach befürchtet wird, durch Selbstanbau von
Getreide, Mais, Tabak oder Gemüse den Farmern
und Kleinsiedlern die Absatzmöglichkeit ihrer Pro-
dukte an die Tsumebkupfermine, worauf dieselben auf
das bestimmteste gerechnet haben, nimmt. Sehr
zweckmäßig würde es mir erscheinen, wenn die Ge-
sellschaft für ihre Betriebe in Otavi und Rietfontein
einen oder mehrere Dampfpflüge anschaffte, die nach
den mir von Farmern des Bezirks Grootfontein ge-
machten Mitteilungen von diesen auch gern gemietet
werden würden, insoweit sie nicht von der Gesell-
schaft selbst voll ausgenutzt werden. Ich habe die-
selben in Rhodesia mit gutem Erfolge arbeiten sehen
und bin überzeugt, daß sie in gleicher Weise im
Norden des Schutzgebiets Verwendung finden können.
Die von einem früheren Angehörigen der Schutz-
truppe für die South-West-African-Company ver-
waltete und zur Zeit hauptsächlich mit Weizen be-
pflanzte Farm Rietfontein kann als eine Art Muster-
betrieb bezeichnet werden.
Die Zukunft dieses schönen Landstriches ist durch
den Bau der Otavibahn natürlich noch ungleich aus-
sichtsreicher geworden. Es wird dadurch die Be-
siedlung desselben in großem Maßstabe sehr erleich-
tert. Der Bau dieser Bahn wird sehr bald
handgreiflich beweisen, ein wie großer Segen Eisen-
bahnen für die schnelle wirtschaftliche Entwicklung
des Schutzgebletes sind. Ich zwelfle nicht, daß nach
Regelung der Besitzverhältnisse ohne Schwierigkeit
erreicht werden wird, daß die Bewohner des Bezirks
Grootfontein einschließlich der in demselben statio-
nierten Truppen und der im Dienste der Regierung
und Privaten stehenden Eingeborenen aus demselben
ohne Zufuhr von der Küste verpflegt werden.
Trotzdem das verflossene Jahr für die Mais-
ernte besonders ungünstig war, sind erhebliche
Quantitäten geerntet und auch von der Regierung
zu Verpflegungszwecken angekauft worden. Beson=
deren Erfolg verspricht nach den bisherigen Erfah-
rungen der Tabak= und Weinbau. Ein dorthin
aus der Kapkolonie eingewanderter Bur beabsichtigt
außerdem sich der Straußenzucht in größerem Maß-
stabe zuzuwenden. Er hatte bereits mit Erlaubnis
des Bezirksomts junge Strauße von Buschleuten
einfangen lassen und auch die für Straußenzucht
unentbehrliche Luzerne angepflanzt. Hätte ihn nicht
die Unklarheit der Besitzverhältnisse des der Gesell-
schaft gehörigen Platzes gehindert, erheblichere Ka-
pitalien in den Bau eines massiven Hauses und in
die Errichtung eines Drahtzaunes um den für die
Straußenzucht in Aussicht genommenen Teil der
Farm hineinzustecken, so würde er zweifellos von
Worten bereits zu Taten übergegangen sein. Ohne
eine ziemlich hohe Kosten erfordernde Umzäunung
ist aber Straußenzucht ausgeschlossen. Hierbei möchte
ich bemerken, daß sich zur Straußenzucht nicht nur
der Norden, sondern auch große Gebiele des mitt-
leren und südlichen Teiles des Schutzgebietes eignen.
Da die Straußenzucht den Farmer von dem inlän-
dischen Markt unabhängig macht, so sollte der größte
Wert darauf gelegt werden, daß diesem Produktions-
zwelge mehr Beachtung als bisher geschenkt wird.