Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Im einzelnen sind es folgende Bahnen, die jenes 
großartige System bilden*): 
1. Die Kap—Kairo-Bahn. 
Die Bahn von Kairo bis zum Kap der guten 
Hoffnung (ausgenommen der Wasserweg über die 
großen Seen und den Nil) wird voraussichtlich in 
elnigen Jahren eine vollendete Tatsache sein. Schon 
jetzt reicht die Bahn vom Kap aus bis mehrere 
hundert Kilometer über die Viktoriafälle hinaus, 
also über 3000 km weit. Von der anderen 
Seite geht die Bahn von Alexandrien nach 
Kairo in 3 Stunden 240 km. Von Kalro nach 
Assuan sind 880 km, die in 22 Stunden zurück- 
gelegt werden. Von Assuan nach Wadihalfa fährt 
man im Nilschiff in 2½ Tag (360 km). Von 
Wadihalfa nach Kartum sind weitere 930 km, die 
mit der Bahn in 26 Stunden durchfahren werden. 
Die Totalentfernung vom Kap bis Kairo beträgt etwa 
9700 km, und es sind nicht viel mehr als 1000 km 
zu bauen, während die übrigen 2940 km auf dem 
Wasserwege zurückzulegen sind. 
Die Abzweigungen Berber—Suakim, Atbara— 
Kassala und Kartum—Roseires entspringen sowohl 
kommerziellen wie strategischen Bedürfnissen. 
Regelmäßige Verbindungen auf dem Wasserwege 
werden auf dem Nil nördlich von Kartum über 
Faschoda bis Regiof unterhalten. Faschoda liegt 
6 Tagereisen von Kartum. Die Militärstraße von 
Wadihalfa nach Kartum hat nur 41 500 frs. per 
km gekostet. Die Unterhaltungskosten bilden indes 
wegen der häufigen Zerstörung durch Sandstürme 
eine beträchtliche Last. 
Zwischen Wadihalfa und Abu-Hamed gibt es 
für die Wasserversorgung nur Zugbrunnen, weil auf 
der ganzen Strecke sich Wasser nur in zwei tief- 
liegenden Lachen befindet. Die Expreßzüge gehen 
zweimal wöchentlich in beiden Richtungen. 
2. Die Eisenbahnen Rhodesias. 
Die Bahnstraßen Rhodesias durchqueren die 
kohlenhaltigen Gebiete von Wankie, die einen großen 
Reichtum des Landes darstellen. Sie bedecken ein 
Areal von 1500 km. 
Die Qualität der Kohle soll der der besten 
englischen gleich sein. 
Die erglebigsten Kohlenfelder Transvaals ziehen 
sich von Stormberg gegen die unteren Drakenberge 
in Ost-Griqualand bis zu den Grenzen Natals hin. 
Davon werden zahlreiche Lager, trotzdem sie bekannt 
sind, noch nicht ausgebentet. Die Ausdehnung der 
Lager ist nur bis Molteno bekannt, sie werden aber 
*) Die nachfolgenden Daten sind zum größten Teil aus 
Tesplorazione commerciale, fasc. XVII bis XVIII ent- 
nommen. . 
686 
  
wahrscheinlich den Colapaß erreichen, und sich sogar 
noch etwas darũber hinaus erstrecken. 
Der Hauptkohlenplatz ist Sterkstroom, 310 km 
entfernt von East-London am Eastern Railway der 
Kapkolonie, bei der Vereinigung der Bahnen Indwe- 
Natal. 
Eins der ertragreichsten Bergwerke ist das von 
Molteno, 340 km von East-London. Bei den 
Minen von Pardekraal und Penshaw hat die Kohle 
nur eine Dicke von 20 cm. Dagegen hat die Ader 
in Indwe, das 112 km von Sterkstroom und 
410 km von East-London liegt, eine Dicke von 
4 m, und in 8 Jahren Ausbeutung hat sie durch- 
schnittlich 100 000 t Kohle im Jahre geliefert. 
Die Minen von Kimberley verbrauchten bisher 
fast sämtliche Kohlen der Kapkolonie, doch ist Natal 
jetzt in Konkurrenz getreten. Der Durchschnittspreis 
ist bei allen Minen 15 sh für die Tonne. 
3. Die Kongolinien. 
Teils ausgeführt, teils geplant sind folgende 
Verbindungslinien: 
Vom Meer nach Matadi im Mündungsarm 
des Kongo; von dort mit der Elsenbahn von 
Matadi nach Leopoldville (Stanley Pool) 390 km, 
dann per Schiff von Leopoldville nach den Stanley-= 
fällen. Von hler fährt die Bahn nach dem Albert- 
see und steht von hier mit den ägyptischen Linien 
in Verbindung, während eine andere Straße vom 
Albertsee an den Viktoria Nyanza führt. Der 
Viktoria Nyanza wird im Schiff durchfahren und 
dann die Bahn von Port Florence nach Mombassa 
am Indischen Ozean benutzt. 
Die östliche und südliche Linie der Kongobahnen 
erstreckt sich von den Stanley-Fällen längs des 
Flusses, macht dann eine Strecke von 500 km im 
Boot bis Kassango. Von Kassango wird eine Ab- 
zweigung nach Albertville am Tanganjikasee gehen, 
zwischen dessen anderem Ufer und dem Indischen 
Ozean nur noch das Deutsch-Ostafrikanische Schutz- 
gebiet liegt. 
Die Tendenz des gesamten Systems ist also 
Verkehrswege nach den großen Seen hin zu bilden, 
indem man Eisenbahnstränge mit den Flüssen ver- 
bindet, die sich von den großen Seen abzweigen. 
Der segensreiche Einfluß der Eisenbahnen, der 
eine Umgestaltung des wirtschaftlichen Lebens der 
ganzen äquatorialen Region Afrikas nach sich ziehen 
wird, macht sich jetzt schon in der Leichtigkeit des 
Transportes fühlbar. Früher kostete z. B. die Fracht 
für einen Doppelzentner Waren von Stanley-Pool 
nach Matadi 100 Franken und dauerte 3 Wochen; 
heute macht man dieselbe Fahrt in 24 Stunden und 
sie kostet zehnmal weniger. Bel der Ausfuhr des 
Gummi zeigen sich besonders die Wirkungen der 
besseren Kommunlkation. 20 Jahre lang konnte die 
Ausfuhr des Gummi nur 300 Doppelzentner er- 
reichen, während 1900 die Ausfuhr schon 53.000
	        
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