Der Inhalt des ersten Topfes besteht aus
Erde und Knochenfragmenten; von diesen sind ein-
zelne größere Stücke noch gut erkennbar: einzelne
Wirbelkörper, einzelne Rippenstückchen, ein Stückchen
vom Kreuzbein, Stückchen vom Scheitelbein, untere
Enden des rechten und linken Femur, obere Enden
beider Schienbeine.
Da diese Stücke sehr morsch sind und bei etwas
unvorsichtigem Anfassen sofort in Staub zerfallen,
wurden einzelne Messungen vorgenommen. Linker
Femur: Epicond. lat. verschwunden. Linea
intercondylea gut erkennbar, direkt über dieser
Stelle gemessen, beträgt der Umfang 16 cm, 5 cm
oberhalb dieser Linie 11 /2 cm. Rechter Femur:
Epikondylen ziemlich gut erhalten. Dieselben
Maße betragen hier 17 und 11 1½ em, der Abstand
der Kondylenh 2 cm. Rechtes Schienbein:
2 cmm unter alb der Margo inkraglenoidalis
beträgt der Umfang 14 ½ cm, 12 em unterhalb
dieser Linie 10¾ cm. Linkes Schienbein ist
inzwischen so zerfallen, daß Messungen nicht mehr
möglich sind.
In dem zweiten Topf wurden verschiedene
Zahnstücke, Reste von Perlen und ein kelchförmiges
Tongefäß, das früher anscheinend einen Henkel
hatte, gefunden. Von Knochen waren nur ganz
lleine, absolut nicht mehr festzustellende Stückchen
vorhanden.
Wenn diese Töpfe mit Inhalt wirklich aus
der Riesenzeit stammen, so muß aus den Knochen
der Schluß gezogen werden, daß die damals hier
begrabenen „Riesen“ keineswegs übernatürlich große
Knochen gehabt haben, denn es ist wohl sicher,
daß die Knochen von erwachsenen Menschen her-
rühren.
* *
*
Der derzeitige Resident in Kusseri, Oberleutnant
Schipper, bemerkt hierzu: Die Sage von den
Ssau-Riesen wurzelt hier tief im Volksglauben,
der Fund eines Gräberseldes in Kusseri dürfte daher
nicht ganz uninteressant sein. Die in dem auf-
gedeckten Gräberfeld beobachtete Art der Toten-
bestattung erregte das Erstaunen der hiesigen Be-
völkerung, ist also zweifellos seit langer Zeit nicht
mehr üblich. Da die vorgefundenen Urnen starke
Ahnlichkeit mit den der Riesenzeit zugeschriebenen
Kolossaltöpfen in Ngala, Ndufu usw. haben, so
dürften beide dem gleichen Zeitalter angehört haben.
Damit wäre aber auch der ganzen Sage von
übermenschlich großen Wesen in grauer Vorzeit
der Todesstoß versetzt, denn die aufgefundenen
Knochenreste haben zweifellos zu ganz normalen
Menschen gehört. Melnes Erachtens ist die ganze
Sage dadurch entstanden, daß die jetzige Bevölkerung
in ihrer Phantasie zu den hier vieelfach sich noch
vorfindenden, unverwüstlich starken und mächiigen
Töpfen auch ebenso mächtige Menschen konstrutert
hat, die spielend ein halbes Dutzend jener schweren
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Riesentöpfe zum Wasser tragen konnten, während
diese Töpse höchstwahrscheinlich nichts weiter als
Wassersammelbecken darstellen, die zum Auffangen
des Regens dienten oder mit Hilfe kleiner Töpfe
gefüllt wurden. Nicht so einfach zu erklären sind
aber die hier vielfach vorkommenden Lehmhügel
(Mabate, Ssau b. Afade, Schug= und Kanuri-Orte
bei Kala, Belgl usw.), die anscheinend die Reste
mächtiger Bauten der Vorzelt darstellen und von
der jetzigen Bevölkerung ganz besonders als Beweis
für die Richtigkeit der Ssau-Sage gezeigt werden;
auch kupferne Beinspangen von anormal großen
Dimensionen werden ab und zu gebracht als an-
gebliche Beinschmuckgegenstände der alten „Riesen“-
damen. Während der Ursprung jener Hügel sich
wohl schwerlich noch mit Sicherheit feststellen lassen
wird, dürfte derjenige der Beinspangen wohl in
einer englischen Fabrik zu suchen, bzw. ein Produkt
der jetzigen Eingeborenenindustrie sein. Jedenfalls
sind auch sie keine untrüglichen Beweise dafür, daß
hier in früherer Zeit Wesen anormaler Größe
exlstiert haben. Sosern ich mich recht erinnere, hat
der zur Erforschung der Ssau-Sage vor etwa drei
Jahren hier in unserem Geblet tätig gewesene
französische Forscher Dr. Decorse sich ebenfalls in
diesem Sinne ausgesprochen.
Druckfehler-Berichtigung.
Die am 1. November erschienene Nr. 21 dieses
Blattes enthält auf Seite 712 einen Fehler. Unter
„Zusammen Einfuhr“ muß in der ersten Kolonne
als Wert 38087 Mk. statt 87987 Mk. angegeben sein.
Togo.
Eine westafrikanische Ausstellung.
Im Hinblick auf die bevorstehende Ausstellung
unseres Schutzgebietes Togo in Palime, über
die wir unten einige nähere Angaben bringen, geben
die Mitteilungen der Deutschen Kolonialgesellschaft
einen Rückblick auf die vor Jahresfrist veranstaltete
südnigerische Ausstellung in dem am Niger
gelegenen wichtigen Orte Onitsha. Sie umfaßte
Industrie, Landwirtschaft und Handel und hatte,
um das vorauszunehmen, einen durchschlagenden Er-
folg zu verzeichnen, und die gehegten Erwartungen
der Beteillgten wurden weit übertroffen.
Das Schwierigste war, den verschiedenen
Stämmen in diesen ausgedehnten Distrikten das
Vorteilhafte einer solchen Ausstellung klar zu machen.
Denn mit unendlicher Geduld mußten die kleinsten
Einzelheiten auseinandergesetzt werden, und zwar
Leuten, die nicht nur ihren Dialekten, sondern ihren
gesamten Gebräuchen und Vorurtellen nach außer-
ordentlich verschieden waren und im ganzen auf
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