Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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(16 Meilen) anlangte. Der Häuptling begegnete 
der Truppe bereits vor der Stadt in gänzlich 
verstörtem Zustande. Die Aufsständischen hatten 
ihm gedroht, ihn zu töten, falls er sich ihnen 
nicht mit allen seinen Leuten anschlösse, er war 
aber bereits von Issele Uku aus durch Boten von 
der Ankunft der Truppen in Kenntnis gesetzt 
worden und hatte daraufhin seine Stadt in Ver- 
teidigungszustand gesetzt. Er teilte Kapitän Rudkin 
mit, daß sämtliche Owa= und Uteh-Leute sich am 
Aufstande beteiligten, auch in großer Zahl etwa 
fünf Meilen von dort an der Agbor-Straße ständen 
und geschworen hätten, keinen Soldaten je nach 
Agbor kommen zu lassen. 
Inzwischen gelang es, von dreien in den Ort 
gekommenen Uteh- -Leuten zwei abzufangen, von 
denen namentlich: einer ein besonders gefährlicher 
Aufrührer war. 
Da es unmöglich erschien, noch an demselben 
Tage nach Agbor zu kommen (die Kolonne hatte 
43 englische Meilen in 21 Stunden unter den 
erschwerendsten Umständen zurückgelegt), so beschloß 
der Führer, erst am nächsten Morgen weiter zu 
marschieren. Während der Nacht wurde die 
Stellung des Feindes erkundet und am 11. morgens 
Umonede verlassen. Bis 6⅛ Uhr verlief der 
Marsch ohne Störung, dann aber erhielt die 
Truppe lebhaftes Feuer von links her, das der 
Vortrupp erwiderte, worauf der Feind zurückging. 
Man rückte während der folgenden Stunden 
mit allen Vorsichtsmaßregeln vor, wobeidie Kolonne 
wieder ab und zu beschossen wurde und einige 
Verluste (6 bis 7 Mann) erlitt. Als nun jedoch 
der schmale Pfad, der durch den Busch führte, 
in die breite Telegraphenstraße ausmündete, er- 
hielt die Truppe von drei Seiten her ein furcht- 
bares Feuer, das sie zum Halten zwang. 
Nach heftigen Kämpfen Mann gegen Mann ge- 
lang es endlich, den Feind über ein offenes 
Yamsfeld zurückzuwerfen und ihm beträchtliche 
Verluste beizubringen. 
Nachdem die Verwundeten verbunden und die 
Toten beerdigt worden waren, ging es langsam 
weiter, bis die Truppe nach Verlauf von etwa 
einer Stunde wieder aufgehalten wurde und in 
eine äußerst kritische Lage geriet. Zweimal 
griff der Feind die linke Flanke des Zuges an, 
wobei zwei britische Offiziere schwer verwundet 
wurden, doch gelang es, beide Angriffe zurück- 
zuschlagen und weiter vorzurücken, es mußte aber 
buchstäblich jeder Bard erkämpft werden. Zu 
diesem Zeitpunkte wurde die Kolonne glücklicher- 
weise von einem Leutnant und 15 Mann ein- 
geholt, die am Morgen vorher aus Asaba ab- 
gerückt waren. Der Feind glaubte nun, daß 
größere Verstärkungen eingetroffen seien, und begann 
sich langsam zurückzuziehen. Dies Zurückweichen 
  
artete schließlich in wilde Flucht aus, als Kapitän 
Rudkin nach Erreichung eines offenen Yamsfeldes 
zu beiden Seiten der Straße die Kolonne rechts 
und links aufmarschieren ließ und dem Feinde 
kräftig zu Leibe ging. Um 6 Uhr nachmittags 
wurde der Ehimi erreicht, nachdem die Truppe 
unter stetem Gefecht elf Stunden marschiert war. 
Die Verluste betrugen 3 Tote und 25 Ver= 
wundete, abgesehen von geringeren Verletzungen. 
Die Stärkedes Feindes wurde auf etwa 1500 Mann, 
seine Verluste auf 60 Tote und viele Verwundete 
geschätzt. 
Nachdem der Ehimi durchwatet war, wurde 
am jenseitigen Ufer ein Lager aufgeschlagen, wo- 
rauf Kapitän Rudkin sich mit einer größeren 
Patrouille in die drei Meilen entfernte Stadt 
Agbor begab. Hier fand er die Telegraphen= 
station wohl von den Beamten verlassen, im 
übrigen aber den Telegraphen unbeschädigt vor, 
so daß er sich mit dem Hauptquartier in Lagos 
in Verbindung setzen und über die Vorkommnisse 
der letzten Tage berichten konnte. Am nächsten 
Morgen rückte auch die Kolonne, mit Ausnahme 
eines am Flusse verbliebenen Postens von einem 
eingeborenen Offizier und 30 Mann, in Agbor 
ein. Die Verwundeten wurden in einem schnell 
errichteten Buschhospital untergebracht, das Lager 
der Truppen durch Verschanzungen verstärkt und 
während der Zeit, die bis zum Eintreffen von 
Berstärkungen und Munition verstrich, über die 
Absichten der Aufrührer Erkundigungen eingezogen. 
Diese ergaben, daß der Aufstand schon seit 
Monaten geplant worden war. Als dessen Seele 
galt ein Owa-Häuptling Ekuti, der sich großen 
Einflusses in der Gegend erfreute. Die Arbeiter 
beim Neubau der Station Agbor hatten aus 
Abgesandten aller Ortschaften des Landes bestanden 
und waren hier zusammengekommen, um Kriegs- 
rat zu halten. Sie hatten sich mit den Ishan- 
und Ekumeka-Leuten ins Einvernehmen gesetzt, 
die auch an dem allgemeinen Aufstande teil- 
nehmen wollten. Glücklicherweise brach dieser, 
veranlaßt durch die Ermordung des Distrikts- 
kommissars Crewe-Read, zu früh aus, wodurch 
es den Engländern gelang, vermittels schnellen 
Eingreifens jene Stämme von der Vereinigung 
mit den Aufständischen abzuhalten. 
Das nächste Ziel der Truppe bildete nunmehr 
die Besetzung der etwa 15 Meilen südlich von 
Agbor und 20 Meilen südwestlich von Umonede 
belegenen Stadt Owa. Der Weg von Agbor 
nach dort gabelt bei Aliokpo am Ehimi, und zwar 
geht der eine Straßenarm durch Owanta, wo der 
Kommissar getötet wurde, während der andere 
sich dem Dorfe Ofion zuwendet. Der Fluß ist 
an beiden Krenzungsstellen durchwatbar; beide 
Furten waren stark vom Feinde besetzt.
	        
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