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unerwähnt kann bei der Besprechung der Erfolge
der russischen Baumwollkultur die Entwicklung
der Olschlägerei in Zentralasien bleiben, die auf
der Verarbeitung von Baumwollsamen beruht.
Im Laufe der letzten Jahre sind nach dem Vor-
bild der Kaiserlichen Domänenverwaltung, die
auf der bekannten Domäne Murgab bei Merw
eine modern eingerichtete Olschlägerei in Betrieb
gesetzt hat, in der Fergana zahlreiche große und
gut eingerichtete Betriebe dieser Art ins Leben
gerufen worden, die Baumwollsamenöl für die
Seifenindustrie und für den in Rußland großen
Bedarf an Fastenöl herstellen. Neben den tur-
kestanischen und einer kankasischen Fabrik be-
schäftigen sich übrigens auch große Olmühlen in
Nischnij-Nowgorod und Saratow mit der Ver-
arbeitung zentralasiatischen Baumwollsamens. Die
Preise für Baumwollsamenöl und deshalb auch
für Baumwollsamen sind infolge der starken Nach-
frage im Steigen begriffen. Das begünstigt
einerseits den Baumwollanban, verleitet aber auch
leicht zu einer nur auf die Samengewinnung
gerichteten, die Faser vernachlässigenden Kultur.
Ein wichtiges Nebenprodukt dieser neuen In-
dustrie sind die Trester (Baumwollsamenöl-Kuchen),
die in großen Mengen nach England verschifft
werden, wo sie als Viehfutter gern verwendet
werden. In neuester Zeit macht sich nach diesem
Artikel auch Nachfrage aus Deutschland geltend.
Baumwollhandel. Die Preisbewegung in
Baumwolle auf dem Moskauer Markt hielt sich
im Jahre 1906 in engeren Grenzen als früher.
Die Berichte über die neue Erweiterung der An-
baufläche in den Vereinigten Staaten und in
Zentralasien sowie die Aussichten auf eine unge-
wöhnlich reiche Ernte in Turkestan konnten den
Markt ebensowenig danernd beeinflussen als die
Telegramme über die Herbststürme in Amerika.
Dagegen vermochte natürlich der zentralrussische
Industriebezirk den Vorteil gut auszunutzen, den
ihm die reiche zentralasiatische Ernte bot. Die
Notwendigkeit, diese Ernte auf dem russischen
Markte unterzubringen, bewirkte zusammen mit
dem Minderverbrauch in Polen, welches sonst
viel asiatische Flocke verwendet, daß die Preise
für die Baumwolle russischer Herkunft sich stark
unter dem Preis für amerikanische halten mußten.
Man konnte zeitweise Ia Sorte asiatischer Baum-
wolle aus amerikanischem Samen, die der Qua-
lität nach im Jahre 1906 etwa good middling
Orleans= Baumwolle 28 mm Stapel entsprechen
dürfte, um 1 Rbl. bis 1 Rbl. 25 Kop. unter dem
Preis der letzteren kaufen.
Baumwollindustrie. Die schwierigen poli-
tischen Verhältnisse in der ersten Hälfte des Jahres
1906 konnten auf den Geschäftsgang in Rußland
im allgemeinen nicht ohne Einfluß bleiben. Die
Streiks verhinderten eine ruhige Tätigkeit der In-
dustrie und machten jeden Voranschlag und jede
Verbrauchsschätzung unmöglich. Die Befürch-
tungen für die russische Valuta sowie die Be-
sorgnis vor neuen Stürmen führten zur Ein-
schränkung der üblichen Kredite und zur
Einschränkung der Produktion. Naturgemäß er-
gab sich jedesmal ein starker Ausschwung in der
Geschäftstätigkeit, sobald sich eine der an gewisse
Termine oder politische Ereignisse anknüpfenden
Befürchtungen als unbegründet erwies. Die
Stockung der Produktion erzeugte ein dauerndes
Überwiegen der Nachfrage über das Angebot
und trieb die Preise in die Höhe zu einer
geradezu glänzenden Konjunktur für die Fa-
brikanten von Garn, Geweben und fertigen
Manufakturwaren. Die beschränkten Kredite und
höheren Preise hinderten die Händler an der
Anlegung größerer Lager. Die Fabrikanten, ge-
stärkt durch Barverkäufe, brauchten nicht auf
Lager zu arbeiten und bekamen freie Mittel.
Demgemäß erfolgten die Zahlungen aller Voraus-
sicht entgegen leichter und besser als in den
günstigsten früheren Jahren. Einige Monate
lang sah man der Entwicklung des Geschäftes
mit Mißtrauen und Besorgnis zu, da man neue
politische Bewegungen befürchtete. Als es sich
jedoch erwies, daß die Befürchtungen unbegründet
waren, entwickelte sich das Geschäft in der zweiten
Hälfte des Jahres auf gesunder Grundlage und
zu befriedigenden Preisen in glänzender Weise.
Der Warenmangel führte zum Abschluß von
Kontrakten auf Garne und Gewebe für Lieferungen
bis April 1908 hinaus zu so günstigen Preisen,
daß für 1907 sehr gute Bilanzen der Fabrikanten
zu erwarten waren. Anderseits hatte aller-
dings die Unmöglichkeit des Einkaufes von Garnen
zu mäßigen Preisen die kleinen Weber, nament-
lich die zahlreichen Handweber, sehr beeinträchtigt,
so daß sie vielfach kein Material erhalten konnten
und ihre Webstühle stehen lassen mußten. Der
Mangel an Geweben hatte wieder zur Folge,
daß die Zitzfabriken bedentend weniger arbeiten
konnten, als sie nach Maßgabe ihrer Einrichtungen
vermocht hätten. Viele Betriebe waren nur im-
stande, das Quantum zu verarbeiten, das sie aus
selbstgewebten Stücken herstellten konnten, weil
keine Gewebe im offenen Markte käuflich waren.
Die schweren Betriebsstörungen im Lodzer
Industriebezirk kommen Moskau zugute und haben
das Ihre zur Schaffung der guten Geschäftslage
getan. Im Zusammenhang mit der Situation
in Polen und auf Grund der regelmäßigen Zu-
nahme des Verbrauchs von Baumwollwaren in
Rußland, die statistisch feststeht, dürfte im Jahre
1907 und zu Anfang 1908 eine beträchtliche
Vermehrung der Spindeln und Webstühle im