G 50 2ÖC
§5 8. (Zu § 23 der Kaiserlichen Verordnung.)
. Zum Erlasse polizeilicher Strafverfügungen sind innerhalb ihres Verwaltungsbezirks
ermechtig
a) die Bezirksamtmänner und die Residenten und bei ihrer Verhinderung ihre vom Gon-
verneur ausdrücklich als solche bestimmten Vertreter,
b) die Chefs der Militärstationen und bei ihrer Verhinderung ihre vom Gonverneur aus-
drücklich als solche bestellten Vertreter,
mit der Einschränkung, daß sie Geldstrafen bis zu 30 Rupie und Haft bis zu drei Tagen sowie
Einziehung festsetzen können. Die Haft darf das bezeichnete Strafmaß, auch wenn sie an die Stelle
einer nicht beizutreibenden Geldstrafe tritt, nicht übersteigen.
Des Erlasses einer polizeilichen Strafverfügung haben die unter a und b Genannten sich
zu enthalten, wenn sie die Anwendung eines ihre Ermächtigung überschreitenden Strafmaßes für
angezeigt erachten, wenn sie in Erfahrung bringen, daß bereits Schritte zur gerichtlichen Verfolgung
einer Ubertretung getan sind und wenn sie ein persönliches Interesse an dem Ausgang der Sache haben.
Die in § 3 Nr. 1 Abs. 1 zu d, d, e Abs. 2, 3 und Nr. 3 aufgeführten Dienststellen und
Personen sind zum Erlasse von Strafverfügungen nicht ermächtigt. Über den Unterschied zwischen
Anordnungen polizeilicher Art (Polizeiverfügungen) und polizeilichen Strafverfügungen vgl. die
Aulage 1
2. Die polizeiliche Strafverfügung ist auch gegen Beschuldigte im Alter von zwölf bis
achtzehn Jahren zulässig. Dabei sind die Bestimmungen der 58§ 56 und 57 des Reichsstrafgesetz-
buches zu beachten. In der Strafverfügung ist besonders zum Ausdruck zu bringen, daß der
Beschuldigte zur Zeit der Begehung der strafbaren Handlung die zur Erkenntnis ihrer Strafbarkeit
erforderliche Einsicht besessen hat. Ist gegen eine solche Person eine Strafverfügung erlassen worden,
so ist zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch ihr gesetzlicher Vertreter befugt. (Strafprozeß"
ordnung § 340).
3. Gegen aktive Militärpersonen dürfen polizeiliche Strafverfügungen nur wegen solcher
Ubertretungen ergehen, zu deren Aburteilung im gerichtlichen Verfahren die ordentlichen Gerichte
zuständig sind. (Vgl. § 2 der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898, Reichsgesotzblatt
S. 1189). Eine Festsetzung von Haft findet nicht statt. (Bgl. § 9 Nr. 2 dieser Bestimmungen.)
41. Die polizeiliche Strafverfügung hat außer der Festsetzung der Strafe die strafbare
Handlung, Zeit und Ort derselben, die angewendete Strafvorschrift und die Beweismittel, sowie die
Angabe zu enthalten, wohin die Geldstrafe oder die eingezogene Sache abgeliefert werden soll.
Sie hat ferner die Eröffnung zu enthalten:
a) binnen welcher Frist (5 23 Abs. 2 der Kaiserlichen Verordnung, bzw. Nr. 5 dieses
Paragraphen) der Beschuldigte auf gerichtliche Entscheidung antragen kann,
b) daß der Antrag auf gerichtliche Entscheidung entweder bei der Dienststelle, welche
die polizeiliche Strafverfügung erlassen hat oder bei dem zuständigen Bezirksrichter
anzubringen ist,
e) daß die polizeiliche Strafverfügung, falls innerhalb der Frist zu a ein Antrag aui
gerichtliche Entscheidung nicht erfolgt, vollstreckbar wird.
5. Die Frist für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegenüber polizeilichen Strafe
verfügungen der Chefs der Militärstationen und ihrer Vertreter wird auf vier Monate verlängert=
Eine Verlängerung der im § 455 der Strafprozeßordnung in Verbindung mit dem § 45 ebendt,
dem § 62 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit und dem § 3 des Schutgebietsgeseven
bestimmten zweiwöchigen Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist in del
Kaiserlichen Verordnung nicht vorgesehen.
6. Als Anhalt für die Erlassung von Strafverfügungen und Strafbescheiden können L
Vordrucke VIII und LX in Anlage J dienen.
7. Wird bei dem Bezirksrichter auf gerichtliche Entscheidung angetragen, so ist dem Antrat“
steller eine Bescheinigung darüber kostenfrei zu erteilen.
8. Die polizeilichen Strafverfügungen wegen Ubertretungen und die Strafbescheide sind -
die Strafliste (Vordruck X in Anlage 1) einzutragen.