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zielen. Die kürzlich erklärten Dividenden auf
Spinnerei-Aktien bestätigen diese Annahme. Die
Zunahme des Verbrauchs von Baumwolle ist in
den Nordstaaten immer noch größer — wenn
auch nicht viel — als in den Südstaaten. Wenn
man aber bedenkt, mit welchen Schwierigkeiten
der Süden in bezug auf mangelhafte Arbeits-
kräfte und beschränkte Transportmittel zu kämpfen
hat, so ist dieser Erfolg den Nordstaaten gegen-
über, die früher die Spinnerei-Industrie gänzlich
beherrschten, um so wichtiger. Die Baumwoll-
spinnereien des Südens müssen einmal in die
Lage kommen, dem Süden teilweise das wieder-
zugeben, was der Norden ihm vor einem halben
Jahrhundert genommen hat. Die Vermehrung
der im Betrieb befindlichen Spindeln schreitet im
Süden schneller vorwärts als im Norden, wie
aus folgenden Zahlen hervorgeht:
1906/07 1905, 06
Anzahl der Spindeln
Norden. 16 200 000 15 600 000
Süden 9924.45 9 181 207
Zusammen 26124 245 24 781 207
1904/05 1903/04
Anzahl der Spindeln
Norden 15 325 000 15 250 000
Süden 8 747 810 7 963 866
Zusammen 24 072 810 23213 866
Die Qualität der geernteten Baumwolle ist
die schlechteste seit langen Jahren gewesen. Dies
hat während des ganzen Jahres den Konsu=
menten Schwierigkeiten und den Händlern be-
deutende Reklamationen verursacht; die ersteren
waren schließlich gezwungen, für einigermaßen
gute Qualität hohe Prämien zu bezahlen. Aus
diesem Umstande sind die vielen Angriffe auf die
Geschäftspraktiken der großen Handelsfirmen zu
erklären, die aber nicht gerechtfertigt gewesen sein
dürften, da man allgemein auf einen derartig
schlechten Qualitätsausfall nicht vorbereitet war.
Trotz der schlechten Qualität war der Baum-
wollpreis niemals ein niedriger, im Gegenteil.
Die stark beschäftigte Baumwollindustrie in der
ganzen Welt stellte derartige Anforderungen an
das vorhandene Rohmaterial, daß ein Preissturz
ausgeschlossen war. Von spekulativer Seite ist
mehrfach der Versuch gemacht worden, durch
Hinweis auf die Qualität, die herrschenden Geld-
verhältnisse, den dauernd steigenden Bedarf an
Baumwolle und die zeitweise recht ungünstigen
Nachrichten über den Stand der neuen Saat
eine Treibung des Baumwollpreises hervorzurufen.
Obwohl die Tatsachen den Spekulanten in diesem
Fall in großem Maßstabe Recht gaben, hatten
die Versuche der Preistreibung doch nur teilweise
Erfolg. Die Spinnercien hatten sich, klug gemacht
durch die Ereignisse früherer Jahre und in dem
Bewußtsein, bei der herrschenden Geschäftslage
zu den Preisen des Frühjahrs verhältnismäßig
billig einkaufen zu können, größere Lager hin-
gelegt, auf die sie zurückgreifen konnten, sobald
die Preise gar zu stark anzuziehen begannen.
Der Gesamtbestand an Baumwolle für das
Jahr 1906/07 betrug bei einer Ernte von
13 550 760 Ballen und einem Überschuß aus
dem Jahre 1905/06 von 893 586 Ballen ins-
gesamt 14 444 286 Ballen. Hiervon sind von
den Konsumenten 13 088 442 Ballen verbraucht
worden, d. h. sie sind jedenfalls aus dem Markte
genommen worden, so daß auf das Jahr 1907/08
ein Uberschuß von 1 355 844 herübergenommen
wird. Ein so hoher Überschuß ist bis jetzt nur
einmal und zwar auf 1905/06 herübergenommen
worden. Nach den zugänglichen Berichten sind
ferner die Lagerbestände an Rohmaterialien bei
allen Spinnereien, sowohl in den Vereinigten
Staaten wie in England und dem Kontinent, be-
deutend größer als in früheren Jahren, so daß
die Gefahr einer Baumwollnot, selbst bei einer
geringen nächstjährigen Ernte, kaum zu fürchten ist.
ie bereits erwähnt, sind die Spinnereien
fast durchweg voll beschäftigt gewesen und konnten
ihre Waren zu guten Preisen absetzen trotz der
Vergrößerung einzelner Fabriken und der Neu-
errichtung einer Anzahl von Etablissements.
Streiks haben nicht stattgefunden, obwohl ein
solcher im Herbst vorigen Jahres im Fall River-
Distrikt unvermeidlich erschien. Die Arbeiter ver-
langten eine Erhöhung ihres Lohnes um 10 v. H.,
und es schien zuerst, als sollten sich die Arbeit-
geber auf einen ablehnenden Standpunkt stellen.
Die Aussichten auf ein günstiges Geschäftsjahr,
die Erinnerung an die schweren Verluste während
der letzten Streiks und schließlich die Sorge um
die wachsende Konkurrenz des Südens müssen die
Ansichten der Fall River-Fabrikanten gänzlich ge-
ändert haben; denn nachdem selbst ein Ver-
mittlungsvorschlag, vorläufig eine Erhöhung um
5 v. H. eintreten zu lassen, von den Arbeitern
rundweg abgelehnt worden war, bewilligten die
Arbeitgeber nicht nur die geforderten 10 v. H.,
sondern verstanden sich sogar zu dem Zugeständnis,
falls die Preise für Baumwollenwaren im Ver-
lauf der folgenden Monate weiter steigen sollten,
einer ferneren Lohnerhöhung zuzustimmen. Dieser
Fall ist denn auch im März dieses Jahres mit
einer weiteren Erhöhung von 10 v. H. eingetreten.
Die jetzt gezahlten Löhne sind die bei weitem
höchsten seit dem Jahre 1877.
Sämtliche Spinnereien haben nur günstiges
über den heimischen Markt zu berichten; die
Preise sind auf ein Niveau heraufgegangen, wie