Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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(Nachstehende Ausführungen sind mit Unterstützung 
des Herrn Scheffler, Plantagenleiters des Herrn 
Hübner in Kibwezi, zustande gekommen.) 
Die Ausbentung dieser wild wachsenden 
Sansevierabestände kann nach zwei verschiedenen 
Gesichtspunkten erfolgen: 
Entweder es wird ohne jede Rücksicht auf 
ein Nachwachsen der Pflanzen abgeerntet, oder 
es werden unter Schonung der Pflanzen nur 
die ausgewachsenen, schnittreifen Blätter gewonnen, 
so daß eine wiederholte Ernte möglich ist. 
Bei ersterem Verfahren werden die ganzen 
Rhizomköpfe, also sämtliche Blätter und nicht 
nur die schnittreifen, abgeschlagen. Hierbei ent- 
steht natürlich sehr viel Abfall, ein Erholen der 
Pflanzen ist sehr schwer und wird etwa andert- 
halb Jahre beanspruchen, abgesehen davon, daß 
ein erheblicher Teil der Pflanzen eingeht. 
Werden jedoch nur die schnittreifen Blätter 
geerntet, so kann man, wie die Versuche er- 
geben, bereits nach acht Monaten auf eine zweite 
Ernte rechnen. 
Die Sanseviera findet sich in der Regel, wie 
es auf den zwei Plantagen der deutsch-englischen 
Afrikakompagnie Boi und Kibwezi auch der Fall 
ist, in dichtester, ohne Ausholzen undurchdring- 
licher Buschsteppe, seltener im lichteren Busch. 
In letzterem, wo der einzelne Arbeiter leichter 
an die Pflanzen herankommt, liegt bei un- 
genügender Aufsicht die Gefahr vor, daß alles, 
ob schnittreif oder nicht, rücksichtslos abgehauen 
wird, in ersterer wiederum werden die schwarzen 
Arbeiter aus Bequemlichkeit nicht das Blatt in 
seiner ganzen Länge ausnutzen, sondern etwa 
nur zwei Drittel, so daß der stärkste und beste 
Teil verloren geht und die Fasern nicht in voller 
Länge (hier bis zu 2 m) verwendet werden. 
Es ist also dringend erwünscht, unter Schonung 
und Erhaltung der Pflanze den vollen Faser- 
gehalt zu ernten. Diese Aufgabe hat sich die 
deutsch-englische Afrikakompagnie gestellt und ist 
nach verschiedenen Versuchen zu folgendem Arbeits- 
plan gekommen: 
Die Sansevierabestände werden durch schmale 
Schneisen in möglichst regelmäßige Reviere ein- 
geteilt. Da bei dem außerordentlich dichten 
Buschbestande die Sansevieren nicht zugänglich 
sind, so werden die Reviere vor dem Blattschnitt 
erst etwas gelichtet, und zwar in der Weise, daß 
eine Anzahl Arbeiter in einer Linie durch das 
Revier hindurchgeht und den dichtesten Busch 
ausschlägt sowie das zahlreiche trockene Holz und 
die abgestorbenen Sansevierablätter entfernt. 
Hierdurch sind die Sansevierabestände besser zu 
übersehen und zu ernten. 
  
Dem Gedeihen der Sauseviera wird hierdurch 
kein Abbruch getan, denn die Versuche haben 
ergeben, daß nicht, wie vielfach behauptet wird, 
nur dichtester Busch gute Sansevierabestände ent- 
hält, sondern ein starker Halbschatten im lockeren 
Busch, der dem Anlehnungsbedürfnis der Sanse- 
viera entspricht, vorteilhafter für ihre Ent- 
wicklung ist. 
Den Arbeitern, welche das Revier lichten und 
säubern, folgen gleichfalls in einer Linie die 
Blattschneider. Diese dürfen nicht nach Gut- 
dünken in dem Revier hin= und herlaufen und 
schneiden, wo es ihnen bequem ist, sondern der 
Aufseher, der tunlichst nicht mehr wic 30 Mann 
führt, hat streng darauf zu achten, daß sic möglichst 
beim Vorgehen in einer Reihe bleiben und nur 
wirklich ausgewachsene Blätter schneiden, die lange 
Fasern liefern, alles andere aber als Nachwuchs 
stehen lassen. Beim Schneiden ist folgendes 
zu beachten: Das Messer wird unter leichtem 
Zurückbiegen des Blattes an der Innenseite au- 
gesetzt und etwas schräg nach oben durchgezogen; 
hierdurch wird verhindert, daß die jungen kurzen 
Herzblätter, welche den Hauptnachwuchs bilden, 
angeschnitten oder abgebrochen werden. Jeder 
Arbeiter legt die abgeschnittenen Blätter hinter 
sich, die von anderen Arbeitern an die Maschinen 
gebracht werden. Es empfiehlt sich nicht, die 
Blattschneider im Akkord arbeiten zu lassen, da 
sonst die Gefahr vorliegt, daß obige Gesichtspunkte 
nicht beachtet und viele Blätter in der Hast 
niedergetreten werden. 
Das Entfasern erfolgt durch Maschinen, und 
zwar ist eine zehupfündige Lokomobile, welche 
für die ersten Versuche hier bis zum Eintreffen 
der großen Maschine aufsgestellt ist, in der Lage, 
drei Doppelraspadoren zu treiben, die bei zehn- 
stündigem Arbeitstage 400 bis 500 Pfund reine 
Fasern liefert, wozu etwa 2400 Blätter erforderlich 
sind. In Anbetracht dessen, daß der Transport 
jetzt noch durch Träger erfolgt, ist dies eine recht 
erhebliche Leistung. 
An Arbeitspersonal ist hierzu erforderlich: 
1 indischer Maschinist (9;0 Rp. Lohn), 24 Maschinen- 
arbeiter (à 10 Rp. mit Verpflegung), 40 Blatt- 
schneider und Träger (à 6 Rp.). 
Die Tonne Sansevierafaser wird bezahlt zur 
Zeit mit etwa 800 Mk. Da diese Faser sich 
besonders zur Herstellung von starken Tauen eignet, 
so ist die Nachfrage eine sehr rege und eine 
Preissteigerung zu erwarten. 
Ist jedoch erst die große Maschine zur Stelle 
und die Feldbahn (2000 m Gleis) fertiggestellt, 
so läßt sich ohne wesentliche Vermehrung des
	        
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