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Mombassa. Auch das Jahr 1907 wird sicher eine
weitere wesentliche Steigerung aufweisen. Ostafrikas
Ziffern liegen noch nicht vor. Aber in Kamerun,
wo 1906 der Gesamthandel 23¼ Millionen be-
trug, ist im 1. und 2. Quartal 1907 eine Stei-
gerung von 3 431 000 Mk. eingetreten, also von
etwa 20 Proz. in einem halben Jahre.
Berglichen mit unsern Nachbarn wuchs 1906
der Gesamthandel
der französischen Kolonien um
der englischen Kolonien -
1,55 Proz.
4,03 -
des Kongostaates -12,77 —
der portugiesischen Kolonien- 0, # -
der deutschen Kolonien 24,2
und seit 1902 ist die durchschnittliche jährliche
Steigerung
bei den englischen Kolonien 1,13 Proz.
bei den französischen Kolonien *n*•n -
bei den deutschen Kolonien 19,76 —
Was den deutschen Handel mit den
Kolonien anbelangt, so sind folgende Inder-
ziffern, auf 1898 bezogen, von Interesse:
Gesamt Ein= und Ausfuhr (Spezialhandel)
für 1906 141
Gesamthandel mit Europa
für 1906 133
Gesamthandel mit Afrika
für 1906 212
mit Deutsch-Ostafrika 349
mit Kamerun u. Togo 232
Das sind keine schlechten Zahlen, wenn man
bedenkt, daß sie seit Jahren, die gleiche Richtung
zeigen und einen wohlgesicherten Besitzstand dar-
stellen.
Und hier sind wir nun an einem großen
Wendepunkt zumal in Ostafrika, denn über die
anderen Kolonien will ich mich erst äußern,
sobald ich sie selbst gesehen habe. Das soll mit
Südwest im nächsten Frühjahr geschehen.
Dieser Wendepunkt liegt darin, daß sowohl die
Verwaltung wie die Truppe genügende Stärke
und Wirksamkeit erhalten haben, daß ein weiterer
Ausbau nicht mehr nötig ist, ja daß es sogar
wirtschaftlich gerechtfertigt ist, mancherlei Er-
sparnisse vorzunehmen, daß daher die großen und
jährlich steigenden Mehreinnahmen neben der
Reduktion der Reichszuschüsse zu kulturellen Auf-
gaben zur Verfügung stehen.
Diese kulturellen Aufgaben, die Er-
schließung der großen Schätze des Landes, die
Hebung der Wirtschaft und Produktion der Ein-
geborenen, die Erzeugung der Rohstoffe für die
Heimat, sind die eigentlichen Aufgaben, die wir
zu betreiben haben. Dafür ist unser Verwaltungs-
apparat und unsere Truppe Mittel, sie sind kein
Selbstzweck. Mit diesen technisch-wirtschaftlichen
Aufgaben geht Hand in Hand und ist untrenn-
bar verbunden die soziale und ethische Hebung
der Eingeborenen, eine Aufgabe, die den
deutschen Kolonialfreunden, der ganzen Nation
mit Recht warm am Herzen liegt, ja die für
manche die ausschließliche Raison einer Kolonial-
politik bildet.
Euch ihr Götter gehört der Kaufmann, Güter
zu suchen
Geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute
sich an.
Nur ein in seiner Produktion vorwärts-
kommender und prosperierender Eingeborener ist
in der Lage, seinen Sinn höheren Anforderungen
zu öffnen, und nur mit dieser Entwicklung wird
auch die so mühsam und entbehrungsfreudige
Arbeit unserer Missionare ihren verdienten Lohn
finden. Heben wir den Eingeborenen wirt-
schaftlich, so heben wir ihn sozial, und über diese
Etappen führt der Weg zur Kultur und Huma-
nität im Sinne der Heimat.
Diese wirtschaftlichen Aufgaben der Erhöhung
der Produktion und damit des Wohlstandes der
Eingeborenen erforderten zunächst die Erschließung
des Landes mit Verkehrswegen, Eisenbahnen.
Ich kann mich an dieser Stelle über Einzel-
heiten des Programms nicht äußern, zumal
die gesetzgebenden Faktoren, die ein erstes Recht
auf Information haben, noch nicht befaßt werden
konnten. Aber so viel kann ich sagen, daß
Ost-Afrika erschlossen werden kann, soweit wirt-
schaftlich auf absehbare Zeit erforderlich, durch
ein wohlausgedachtes Netz, ohne Aufwand der
außerordentlichen Summen, die man hie und da
neunt, und ohne die Ausgabe auch nur einer
unproduktiven Mark. Diejenigen Summen, die
hierfür angefordert werden sollten, werden sich
alsbald verzinsen. Bei meinen Arbeiten auf
diesem Gebiete, habe ich mit Dank interessante
Studien benutzen können, die das kolonialwirt-
schaftliche Komitee über eine Nord= und Süd-
bahn hat anstellen lassen. Mindestens ebenso
wichtig sind aber die Maßnahmen zur Steigerung
und Hebung der Eingeborenen-Produktion.
Hier ist ein außerordentlich großes und fruchtbares
Feld. Hier ist nur die große und wichtige Frage:
was kann man von Ostafrika-Eingeborenen er-
warten? Ich kann sagen, daß auch in dieser
Richtung das ostafrikanische Schutzgebiet sehr an-
genehm enttäuscht. Abgesehen von dem aller-
dings ziemlich degenerierten Küstenneger haben
wir eine nicht unintelligente, auf die Arbeit ihres
Körpers angewiesene, wenn auch nicht dichte,
doch insgesamt zahlreichere Bevölkerung als er-
wartet. Jeder dieser Leute arbeitet, er muß es,
will er existieren. Freilich: mancherlei Arbeit
liegt ihm schlecht, er läuft lieber als Träger im
Lande herum, als daß er Bahnen baut, er baut