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Marsch, der heute noch 30 Tage in Anspruch
nimmt. Mombassa liegt unter dem 4. Grad süd-
licher Breite und der Endpunkt der englischen
Bahn am Viktoria-Nyansa genan auf dem
Agquator, Tabora liegt auf dem 5. Grad südlicher
Breite. Das ganze Schutzgebiet ist nicht nur
tropisch, sondern es liegt nahezu direkt unter dem
Aquator, und das ist bei allen Erwägungen über
die Zukunft nicht zu vergessen. Die englische
Bahn ist 584 englische Meilen gleich 940 km
lang, d. h. ungefähr die Distanz von Oldenburg
nach Wien. Sie ist auf 1 m Spur gebaut und
hat in runder Summe 110 Millionen Mk. ge-
kostet. Die Bahn ist zunächst entstanden aus
Gründen der Sicherheit, um England die Mög-
lichkeit zu geben, den Besitz des ostafrikanischen
Protektorats östlich des Nyansa, des Uganda-
Protektorats westlich des Nyansa und der oberen
Nilländer nördlich des Nyansa ohne zu großen
Aufwand zu halten. Das Land selbst, durch das
die Bahn fährt, ist zum großen Teil nahezu un-
produktiv. Wenn man den herrlichen Palmen-
bestand und den in aller tropischen Uppigkeit
glänzenden Küstengürtel überwunden hat, folgen
mindestens 400 km, aus denen die Bahn nahezu
keinerlei Frachten ziehen kann, unendliche Ebenen,
durchaus menschenleer, weil sehr wasserarm. Hier
nun hat sich die Gelegenheit gegeben, in einer
geistreichen Ausnutzung der natürlichen Umstände,
dem Reisenden Bilder zu bieten, wie sie schöner
und romantischer nicht ausgedacht werden können.
Die ganze Strecke nämlich ist zu einem Wild-
reservat erklärt worden, und auf ihr tummeln sich
in Herden von Tausenden Zebras und Guus,
große und kleine Antilopen, Gazellen und Strauße.
Hier und da kann man zunächst wie große kahle
Bäume aussehende Giraffen zu 2 und 3 zu-
sammenstehen sehen, und diese Tierwelt weiß,
daß sie absolut geschützt ist, sie kommt bis auf 10
bis 15 m an den vorbeisaunsenden Zug heran. Auch
an Raubzeug fehlt es nicht. Während des Baues ist
eine große Menge indischer und einheimischer Ar-
beiter, sind auch mehrere Weiße von Löwen zer-
rissen worden, und am Tage vor meiner Durchreise
war auf der Station dem Sultan Mamuth eine
schwarze Fran wenige hundert Meter vom Stations-
gebäude fortgeschleppt worden; ja, eine Station
trägt direkt den Namen „Löwe“ (Simba). Durch
diese wunderbare Tierwelt fährt man nun nahezu
einen ganzen Tag. Die afrikanischen Bahnen
haben keine Schnellzugsgeschwindigkeit, 46 Stunden
dauert die Fahrt, 2 Tage und 2 Nächte, und
wenn sie auch interessant ist, so ist sie
nicht sehr bequem, denn Schlafwagen gibt
es natürlich nicht. Die Mahlzeiten müssen
an bestimmten mit Speisehäusern verbundenen
Bahnhöfen eingenommen werden, wo dann
der Zug ½ oder ¾ Stunden hält. Wenn es
auch nicht rußt wie auf unseren Eisenbahnen,
weil die Feuerung mit Holz erfolgt, so dringt
doch ein feuerroter Staub ständig durch alle
Ritzen und Spalten ein, und wenn man seine
Reise absolviert hat, sieht man eher wie ein
Indianer als wie ein Bleichgesicht aus.
Die jetzige Hauptstadt Nairobi teilt die Bahn
in zwei etwa gleiche Teile; sie liegt ziemlich
hoch und ist deshalb von vielen Europäern
dauernd bewohnt. Auch sind zahlreiche euro-
päische Ansiedelungen, besonders von Engländern
und Buren, die aus Südafrika ausgewandert
sind, um Nairobi gruppiert, und es hatte eine
Zeitlang den Anschein, als ob dort eine große
weiße Stadt entstehen könne. So wurde sie
denn angelegt in prächtiger, extravaganter Weise,
mit breiten Avenuen; Baustellen stiegen auf
fabelhafte Preise, und die Stadt, die ursprünglich
nur entstanden war, um ein Banzentrum für
die Bahn zu bilden, wuchs an den verschiedensten
Stellen rapide auf. Aber es zeigte sich, daß
auch das Höhenklima nicht vor Seuchen und
Malaria schützt und ferner, daß selbst eine hohe
und dünne Luft europäische Arbeit sehr erschwert,
weil die tropische Sonne dabei täglich neun bis
zehn Stunden dem Arbeiter über dem Scheitel
steht. Und so sind denn jene weiße Ansiede-
lungen um Nairobi, insbesondere da ein Absatz
für die Produkte fehlte, wieder sehr stark im
Rückgang begriffen, und ein sehr unzufriedenes
Element hat sich dort gebildet.
Die Bauspekulation ist total zusammenge-
brochen; Bauplätze, die vor vier Jahren um
400 Mk. zu haben waren, inzwischen aber auf
4000 Mk. gestiegen waren, sind heute zum Ur-
sprungspreis kaum mehr anzubringen. So ist
denn Nairobi vorläufig noch eine Stadt aus
Wellblech, und wenn sie auch einen langsamen
Fortschritt verspricht mit der Hebung von Handel
und Wandel, so sind doch die extravaganten Er-
wartungen für eine weiße Ansiedelung bisher
unerfüllt geblieben.
Auch ein wesentlicher Plantagenbau besteht
in Britisch-Ostafrika nicht. Er scheitert an der
dünnen Besiedelung mit Schwarzen und an der
Überzeugung der Regierung, daß das Land in
der Eingeborenenkultur eine sicherere Basis finden
werde, als in der Erzengung der den
Schwankungen des Weltmarkts stark unterworfe-
nen Plantagenprodukte. Die Dünne der Be-
völkerung erklärt auch die Bestrebungen, die be-
ständig dahin gehen, aus dem viel volkreicheren
Deutsch-Ostafrika beständig Arbeiter in großen
Mengen zur Auswanderung zu bewegen, eine
Tendenz, der nur durch große Vorsicht und an-
gemessene Behandlung unserer Eingeborenen ent-