Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Und wenn es auch nur 40 000 Mk. im Jahr 
sind, so verzinst das doch immerhin 1 Million Mk. 
Nun stehen aber 400 000 Mk. im Etat für Dienst- 
reisen, Umzugskosten und Ausrüstungsgelder und 
es stehen im Etat für Transportkosten im Schutz- 
gebiet und für Frachtkosten und Frachtvergütungen 
an die Beamten und Offiziere 162 000 Mk.; daß 
daraus ein erheblicher Betrag erspart wird, ist 
ja klar. Aber darauf lege ich nicht den Haupt- 
wert. Ich lege den Hauptwert auf eine gute 
Verwaltung, auf ein sicheres Funktionieren der 
Rechtspflege und auf eine Sicherung von Leben 
und Eigentum. Wie schwer das die gegen- 
wärtigen Verkehrsverhältnisse machen, soll Ihnen 
die folgende Schilderung zeigen. 
Unsere Karawane bestand aus sechs Beamten 
und einem Arzt, vier Unterbeamten und an diese 
schlossen sich noch vier Journalisten an, die auf 
eigene Rechnung und mit eigenen kleinen Safaris, 
wie der technische Ausdruck heißt, reisten, im 
ganzen 15 Menschen, und die Karawane bestand 
aus ungefähr 600 Menschen, die ja nicht alle auf 
Staatskosten befördert werden mußten, aber doch 
die ganze Sache schwer beweglich machten. Im 
Innern gibt es wenig Rasthäuser und wo sie 
sind, tut der Europäer gut, sie nicht zu beuutzen, 
denn sie sind der Lieblingsaufenthalt eines kleinen 
Insekts, einer Zecke, durch deren Biß das Rück- 
fallfieber übertragen wird, eine Krankheit, gegen 
die es noch keine Vorbengungsmittel gibt, und 
die in ihren Folgeerscheinungen sehr gefährlich zu 
werden pflegt. Man muß deshalb in seinem 
Zelte leben und da jedes Zelt einschließlich der 
Ausrüstung mindestens fünf Lasten ausmacht und 
man mit zwei bis drei Koffern behaftet ist (denn 
im Innern ist gar nichts zu bekommen), so macht das 
schon acht Träger auf den Kopf, ohne die Ver- 
pflegung. Dazu kommt, daß Wasser, welches 
nach europäischen Begriffen trinkbar ist, im Innern 
überhaupt schwer zu haben ist. Der Neger liebt 
kalkiges, nahezu weiß aussehendes Wasser und 
meistens sind nur diese Wasserstellen erschlossen. 
Wenn man also auf Alkohol ganz verzichtet, so 
hat man doch Mineralwasser mit sich zu schleppen, 
und da man hböchstens frisches Fleisch im Innern 
bekommt und Mehl aus der Negerhirse, so ist man 
für den Rest der Verpflegung auf Büchsen ange- 
wiesen und das macht inklusive des Reserve- 
proviants und inklusive der Kochgeschirre, Teller, 
Gläser usw. weitere acht bis neun Lasten, so daß 
die Verordnung jedem Beamten 15 Träger zu- 
billigt. Das macht also allein 240 Träger und 
dazu muß man noch etwa 10 Prozent Reserve- 
träger rechnen, wenn man solch forcierte 
Märsche durchführen will, wie ich sie durchzuführen 
genötigt war, d. h. also ungefähr 270 Leute. 
Nun gehören zu jedem Weißen etwa zwei Boys, 
  
die die Sachen einpacken, beaufsichtigen, die 
Kleider in Ordnung halten, die Betten auf- 
schlagen, in der Messe bedienen, d. h. auf 
16 Weiße 32 Boys, und dazu kommen noch 
verschiedene Köche und Küchenjungen, zusammen 
etwa 40 Mann. Da kommt man schon weit 
über 300. Dann kann man bei einer solchen 
Karawane, die auch wertvolles Eigentum, eine 
größere Kasse mit sich führt, nicht ohne Deckung 
ziehen, und wenn es vielleicht nicht notwendig, so 
war es doch durch die Vorsicht geboten, daß uns 
ein Zug von Askaris, ungefähr 50 Mann, be- 
gleitete, nicht nur zur Sicherheit der Weißen 
gegen die Bewohner, sondern auch zur Ordnung 
in der Karawane, zum Aufschlagen der Zelte, zu 
Botengängen usw. Diese Askaris haben aber 
nunmehr jeder auch eine Bedienung bei sich, 
denn auch sie schlafen gern unter irgend einem 
Stück Tuch und müssen auch Kochgeschirr und 
Trinkgefäße usw. haben, und Lasten zu tragen 
sind sie nicht gewohnt. Das ist um so begreif- 
licher, als ja natürlich die Temperatur stets 
sehr hoch ist. Also haben Sie statt 50 Askaris 
100 Menschen und dazu kommen noch eine An- 
zahl von Askarifrauen, die voraus oder hinterher 
pilgerten. Nun hatten wir 16 Reittiere, jedes 
dieser Tiere hatte einen Pfleger, macht nochmals 
16 Menschen. Nun war auch in Betracht zu 
ziehen, daß wir unseren Proviant nicht nur für 
die Reise nach Tabora, sondern auch wieder 
zurück zu schleppen hatten, da man natürlich nicht 
sicher sein konnte, was man dorten bekam. So 
kamen 600 Menschen zusammen, und wenn 
auch die einzelnen nicht sehr viel bekommen, so 
können Sie sich denken, daß sich die Sache sehr 
summiert und daß dieser Ausflug die Reichskasse 
ganz gewiß 25 000 Mk. gekostet hat. Die Distanz 
hin und zurück ist zusammen so groß, wie von 
Berlin nach München, und ein Billet 1. Klasse 
hin und zurück kostet 65 Mk, 65 mal 16 macht 
1000 Mk., d. h. man reist mindestens 19 mal 
so teuer auf diese Weise als mit der Bahn. 
Die Ausdauer der Leute ist ganz enorm. 
Die Last wiegt ungefähr 55 Pfund deutsch bei 
gewöhnlichen Märschen, wir hatten etwas leichtere 
Last gewählt. Die Tagemärsche waren durch- 
schnittlich nicht unter 30 km, sie gingen bis über 
50 hinaus; die Leute haben sie immer mit gutem 
Mut und ohne Murren, meistens in einer Strecke 
zurückgelegt und dabei einen Stolz darin gesetzt, 
in guter Haltung, geschlossener Form und in 
fröhlicher Stimmung das Lager zu erreichen. 
Man zieht zunächst ungefähr 5 Tage durch 
Usukuma, dann etwa 10 Tage durch Unjamwesi. 
Ich habe Ihnen schon gesagt, daß das die 
Länder sind, aus denen die Plantagen ihre Ar- 
beiter gern beziehen möchten, und es ist dies
	        
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