Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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allgemeinen nicht viel von sich merken, denn von 
9 Uhr ab war er total betrunken und regierungs- 
unfähig. Vor seinem kunstvoll gebauten Palast 
saß er im Schatten auf einer Art rundem Thron- 
sessel, der mit kleinen Perlen bunt bestickt war, 
von früh bis spät Palmenwein trinkend und die 
lange kunstvoll mit Messing beschlagene Pfeife 
rauchend. Zu deren Bedienung saß ein Weib 
mit untergeschlagenen Knien neben ihm, die fort- 
während stopfte und rauchte, wenn er nicht selbst 
tätig war. Dieses Amt versah zur Zeit zu 
meinem größten Erstaunen die schöne Abinda, 
die lange Zeit eine der elegantesten und be- 
gehrtesten Damen in Jaunde gewesen war. Im 
Jahre 1893 war Rittmeister von Stetten, den 
der Lamido von Tibati im sanserni (Kriegs- 
lager) festhalten wollte, nach Ngambe durchge- 
brochen, wo ihm die Tikars freundlich Aufnahme 
gewährten. Mit Stettens Expedition war das 
Tikarmädchen Abinda dann Benne abwärts zur 
Küste und weiter nach Jannde gelangt. Als durch 
die Wute-Adamana-Expedition der Weg über 
Tibati nach Ngambe frei wurde, hatte sie sich in 
ihre Heimat ausgemacht und begrüßte uns nun 
als Dolmetscherin und Pfeifenwart ihres Königs. 
Sie hatte wieder ganz die Gewohnheiten ihres 
Volkes angenommen, wie ich es so oft bei ge- 
bildeteren Negern, die in ihre Heimat zurück- 
gekehrt sind, gefunden habe. Alte Europa-Diener, 
die womöglich in Deutschland gewesen sind und 
sich an der Küste schämen würden, ohne Kragen 
zu gehen, sieht man zu Hause wieder rot bemalt, 
nur mit einem Schurz bekleidet, herumlaufen. 
Gute Sitte, Religion, alles ist vergessen. 
Am 3. Dezember traf Bülow aus Joko mit 
ein paar guten Pferden für uns in Ngambe ein. 
Die Expedition war beisammen, und am 5. De- 
zember marschierten wir auf Banjo ab, das wir 
am 13. erreichten. 
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Wir waren in Adamana. Adamaua ist ein 
politischer, kein geographischer Begriff. Das Land 
ist so genannt nach Adamn, dem großen Fullah= 
Eroberer, der um 1812 Jola am oberen Benue 
gründete. Fullahritter legten Ngaumdere, Tibati 
und Banjo zuerst als Kriegslager im Heiden- 
lande an, die sich zu festen Städten entwickelten. 
Dann ließ ihr Feldhauptmann sich in Jola zum 
Lamido“) weihen. Der Herrscher dort war zum 
Emir“) bestellt und zum geistlichen und weltlichen 
Oberhaupt Adamauas gemacht worden. Sämt- 
liche Adamana-Fürsten waren dem Emir von Jola 
tributpflichtig und mußten ihm Heeresfolge leisten. 
Adamanua ist erobertes Land, die Träger der 
*) Lamido ist ein weltlicher Titel, während Emir 
die kirchliche Würde begeichnet. 
  
Herrschaft sind die mohammedanischen Fullahs, 
ein semitisches Hirtenvolk. Vom Senegal und 
Gambia bis an den Logone haben sie sich in 
hundert Jahren fast alles Land unterworfen, die 
Beherrschten oder Bekriegten sind die Urein- 
wohner des Landes, die Heiden, von den Fullahs 
in ihrer Gesamtheit arnani (Heiden) oder habe 
(Sklaven) genannt. 
Soweit das Auge reichte, marschierten wir 
durch eine eintönige, graue, mit niederem Gras 
und einzelnen Bäumen bestandene, steinige Ebene, 
in der leicht gewellt Berg und Tal wechseln; 
einige elende Strohhütten, neben denen schmutzige, 
mit kurzen Haussahhemden bekleidete Leute auf 
lange Speere gestützt standen, die uns neugierig 
musterten, wurden uns als das Grenzdorf Kascholla 
(Tal der Obersklaven) bezeichnet. In glühender 
Sonne zog die Karawane dahin. Vier Stunden 
von Banjo, in Tukurna, rastete die Expedition 
und erwartete die Erlaubnis Omarus, seine 
Hauptstadt zu betreten. Am 13. Dezember sandte 
mir der Lamido als Willkommensgruß einen 
hübschen Schimmel entgegen, und die Expedition 
machte sich zum Einmarsch zurecht. Banjo, das 
zwischen zwei Bergen im Tale liegt, betritt man, 
ohne es recht zu merken. Wall und Graben sind 
zerfallen, die Gehöfte liegen in weiter Ansdehnung 
wirr durcheinander, und nur in der Nähe des 
Königsplatzes und um den Markt herum laufen 
regelrechte Straßen, die von den Lehmmauern 
der anliegenden Gehöfte gebildet werden. 
Bei unserem Anmarsch hörten wir Pauken= 
schlag in der Stadt. Jetzt war es ganz still. 
In breiten Massen standen die Männer, alle be- 
waffnet, entlang der Straße, die wir ziehen mußten. 
Lautlos ließen sie uns passieren; der weite Königs- 
platz aber war menschenleer; rundum hinter den 
Zäunen und Hecken standen Bewaffnete, die Pfeile 
schußbereit auf der Sehne, die vollen Köcher an 
der Seite, die Schwerter gelockert. Die Lehm- 
mauern waren besetzt mit kampfbereiten Fullahs. 
Selbst auf den Dächern der Hänuser hockten sie schuß- 
bereit. Man sah ausschließlich niederes Volk in 
schmutzigen Toben. Kein Laut des Willkommens! 
Ich muß gestehen, daß ich auf dem leeren Königs- 
platz selbst nicht wußte, wie ich unsere Lage eigent- 
lich beurteilen sollte. Es hieß, den Banjolenten durch 
Ruhe und Gelassenheit Eindruck machen, dabei 
aber doch auf der Hut sein. So ließ ich die 
beiden Hornisten, die neben mir gingen, weiter- 
blasen, hielt, dem Eingang zum Palast gegenüber, 
auf dem leeren Platz an und befahl den zehn 
Soldaten der Spitze, aufzumarschieren. Mann 
hinter Mann kamen die Träger heran; sie mußten 
sich mit ihren Lasten in zwei Reihen niedersetzen, 
bis Bülow eintraf. Dieser hatte fünf Soldaten 
und das Maschinengewehr bei sich. Mit ein paar
	        
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